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Fazit aus bündnisgrünem Fachgespräch: Mit Krediten die Zukunftsfähigkeit stärken

In dieser Woche veranstalteten die bündnisgrünen Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus und im Brandenburger Landtag gemeinsam ein Fachgespräch zum Thema „Von der Schuldenbremse zur Investitionsoffensive in Berlin und Brandenburg: Wege zur Modernisierung der Finanzpolitik“.

Zur Auswertung sagt der finanzpolitische Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag, Thomas von Gizycki:

Schulden sind nicht grundsätzlich schlecht – jedes Unternehmen finanziert sich nur zu einem kleinen Teil aus eigenen Mitteln. Moderne Staaten müssen sich auch über Kredite finanzieren. Kredite stiften dann einen Nutzen, wenn damit Investitionen in die Zukunftsfähigkeit getätigt werden. Brandenburg hat mit dem Zukunftsinvestitionsfonds gute Erfahrungen gemacht. Investiert der Staat nicht ausreichend, zum Beispiel in Infrastruktur und Bildung, leidet die Wettbewerbsfähigkeit. Das geht vornehmlich zulasten der jungen Generation.

Auch die Verfassungsgerichtsurteile in Bund und Land geben wichtige Hinweise:

1. Wir brauchen dringend eine Reform der Schuldenbremse auf Bundesebene. Deutschland sollte sich mit seinen Fiskalregeln an den EU-Kriterien orientieren:

  • Das Defizitkriterium, d.h. ein Mitgliedstaat darf innerhalb eines Jahres nur ein Finanzierungsdefizit von maximal 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) eingehen sowie
  • das Schuldenstandskriterium, d.h. die Schulden eines Mitgliedstaates dürfen maximal 60 Prozent des BIP betragen. Liegen sie darüber, darf das Defizit nur maximal 1,5 Prozent des BIP betragen und es sind Maßnahmen zu ergreifen, den Schuldenstand zu reduzieren.

2. Die Regeln für Notfallkredite müssen so geändert werden, dass auch mehrjährige Maßnahmen finanziert werden können.

3. Solange die Schuldenbremse im Bund unverändert besteht, müssen im Land Investitionsgesellschaften stärker genutzt werden, um zum Beispiel kreditfinanziert Verwaltungsgebäude und Hochschulen sanieren zu können.

4. Die Konjunkturkomponente der Schuldenbremse in der Landesverfassung muss überarbeitet werden, indem die Vergangenheitsorientierung einer Zukunftsbetrachtung weicht.“

Hintergrund:

Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts am 15. Dezember 2023 zur Nutzung notlagenbedingter Kredite des Klima- und Transformationsfonds (KTF) werden Reformoptionen der Schuldenbremse verstärkt diskutiert. Insbesondere für die Landesebene stellen die aktuellen Regelungen erhebliche Einschränkungen für eine zukunftsfähige Haushaltspolitik dar. Öffentliche Ausgaben werden unter dem Deckmantel der „Generationengerechtigkeit“ immer weiter zurückgefahren, wodurch Investitionen unterbleiben. Im Rahmen des Fachgesprächs haben die beiden Fraktionen in interdisziplinären Runde zu den folgenden Fragen diskutiert: Wie lösen wir die Schulden-, Investitions- und Wachstumsbremse? Was kostet der Verzicht auf Investitionen zum Erhalt, zur Modernisierung und zum sozial-ökologischen Umbau des staatlichen Kapitalstocks? Welche Spielräume haben die Länder selbst und im Bundesrat? Wie könnte eine neue Schuldenregel aussehen?

Teilnehmende des Gesprächs waren neben den haushaltspolitischen Sprechern der Fraktionen und Interessierten auch die Expert*innen Prof. Achim Truger (Volkswirt), Prof. Alexander Thiele (Jurist) und Carolina Ortega Guttack (Aktivistin und Volkswirtin).