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Kein PlusBus: Wie kommen Besucher*innen in Zukunft zur Gedenkstätte Lieberose?

Das ehemalige Außenlager des Konzentrationslagers Sachsenhausen, die Gedenkstätte Lieberose/Jamlitz, ist der landesweit bedeutsamste Erinnerungsort für die Verbrechen des NS-Regimes und den Genozid an tausenden Jüdinnen und Juden. Durch Aufnahme in die Landesstiftung der Gedenkstätten 2023 und die Bewilligung von Fördermitteln des Bundes und Landes kann der Erinnerungsort nun weiter ausgebaut werden.

Die wachsende Anzahl an Besucher*innen kann jedoch kaum mit dem öffentlichen Nahverkehr anreisen, wie die beantwortete Kleine Anfrage der bündnisgrünen Landtagsabgeordneten Sahra Damus, Clemens Rostock und Isabell Hiekel beweist. Die bestehende ÖPNV-Anbindung besteht aus zwei unregelmäßig und zu Schulzeiten verkehrenden Buslinien und ist für die Bewältigung des zukünftigen Besucher*innenvolumens kaum geeignet. Mit den verkehrenden Buslinien 517 und 402 benötigen Besucher*innen selbst vom 36 km entfernten Cottbus aus fast zwei Stunden. Eine Anreise aus anderen Landesteilen ist als Tagesausflug kaum möglich. Derzeit ist laut Verkehrsministerium (MIL) keine PlusBus-Linie zur Gedenkstätte geplant.

Anscheinend unterstützt das zuständige Verkehrsministerium das Kulturministerium (MWFK) nicht strategisch. Während das MWFK den Ausbau der Gedenkstätte nach Kräften vorantreibt, fühlt sich das MIL nicht zuständig dafür, einen besseren Anschluss an ÖPNV von Landesebene zu forcieren.

Sahra Damus, Sprecherin für Erinnerungskultur und Gedenkstätten, bringt es auf den Punkt:

„Wir reden von einer landesweit wichtigen Gedenkstätte, die wir erst kürzlich neu in die Gedenkstättenstiftung aufgenommen haben. Es wird ein Veranstaltungspavillon für 100 Menschen gebaut. Die Gedenkstätte muss endlich vernünftig angebunden werden. Es kann nicht sein, dass man den wichtigsten Ort der Shoah in Berlin und Brandenburg nicht zu vertretbaren Reisezeiten mit dem ÖPNV besuchen kann. Das MIL beweist mit seinem Verweis auf die Anbindung von Lieberose wenig Ortskenntnis zu dieser wichtigen Gedenkstätte. Denn sie befindet sich nicht im Zentrum von Lieberose, sondern im Ortsteil Jamlitz. Die Gedenkstätte ist fast 5 km vom Lieberoser Marktplatz entfernt. Anscheinend hält das MIL einen Fußmarsch von über einer Stunde für zumutbar. Die knappe Beantwortung lässt erkennen: Die Erreichbarkeit der Gedenkstätte Jamlitz-Lieberose hat für das MIL keine Priorität.“

Das MIL verweist mit Blick auf den Ausbau des ÖPNV auf die Selbstverwaltungsaufgabe der Landkreise und kreisfreien Städte. Das Land unterstütze die kommunalen Aufgabenträger finanziell bei der Bewältigung ihrer Aufgaben. Bei der Planung einer Verbesserung der Busanbindung durch den Landkreis unterstütze die Landesregierung „in bewährter Weise“.

Auch der verkehrspolitische Sprecher Clemens Rostock mahnt eine aktivere Rolle des Verkehrsministeriums an:

„Wir haben die Ausweitung der PlusBusse im Koalitionsvertrag und der Minister ist bei jeder Eröffnung einer neuen PlusBus-Linie vor Ort. Dann kann das Ministerium nicht einfach jede Verantwortung auf die Landkreise schieben. Wenn das MIL weiß, dass nichts geplant ist, sollte es aktiv auf die Kreise zugehen und dortige Planungen anschieben.

Hintergrund:

Die über 10.000 Gefangenen des KZ-Außenlagers, zu 95 Prozent jüdischer Abstammung, wurden unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen für den Bau des Truppenübungsplatzes ‚Kurmark‘ der Waffen-SS eingesetzt. Fast alle von ihnen starben. Nach Ende des zweiten Weltkriegs wurde das Konzentrationslager, welche zeitweise die meisten jüdischen Gefangenen im Deutschen Reich internierte, bis 1947 als Speziallager der Sowjetunion genutzt. Die Aufnahme der seit 2018 als Gedenkort betriebenen Stätte in die Landesstiftung ist dem jahrzehntelangen Engagement der Evangelischen Kirchengemeinde Lieberose zu verdanken.