Die Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag und im Berliner Abgeordnetenhaus haben heute den Wärmeteil der von ihnen beauftragten Studie zur zukünftigen Energieversorgung von Berlin und Brandenburg mit erneuerbaren Energien vorgestellt. Der Stromteil wurde bereits im März diesen Jahres veröffentlicht.
Die Studie stellt erstmals umfassend dar, wie die Umstellung der Energieversorgung auf 100 Prozent erneuerbare Energien in der Region Brandenburg-Berlin möglich ist. Der heute veröffentlichte Teil zur Wärmeversorgung macht deutlich, dass viele politische Weichenstellungen bereits jetzt erfolgen müssen, um dieses Ziel bis zur Mitte des Jahrhunderts erreichen zu können.
Höchste Priorität: schnellstmögliche energetische Gebäudesanierung
Im Wärmeteil der Studie wurde untersucht, mit welchen Maßnahmen der Umstieg auf eine CO2-neutrale Wärmeversorgung gelingen kann. Das RLI konzentriert sich in der Studie auf den Bestand an Wohngebäuden, weil dort ein Großteil der Wärme verbraucht und im Vergleich zum industriellen Wärmebedarf trotz zum Teil schlechter Datenlage abgeschätzt werden kann. Gebäudesanierung und der jeweilige Einsatz erneuerbarer Energie wurden als Einzelmaßnahmen betrachtet. Dabei wurde deutlich, dass mit Abstand die effektivste Maßnahme zur CO2-Einsparung die energetische Gebäudesanierung ist.
Die Gutachter vergleichen die Ergebnisse der derzeitigen Sanierungsrate von ca. 0,7% mit den Chancen, die aus einem Szenario mit einer erhöhten Quote von 2% und einer deutlich ambitionierteren Sanierungsrate von 3 % für den Klimaschutz entstehen könnten. Nur in einem theoretischen Extrem-Szenario mit einer Sanierungsrate von 5 %, könnte bis zum Jahr 2030 bereits eine Sanierung der gesamten Wohnfläche erreicht werden.
Umfassender Einsatz erneuerbarer Energien
Bei der Simulation der Wärmeversorgung im Jahr 2030 konnte mit einer Gebäude-Sanierungsrate von 2 % eine Reduktion der CO2-Emissionen um 3,8 Mio t/a oder 26% gezeigt werden. Zwei Millionen Tonnen mehr werden bei einer Sanierungsrate von 3 % erreicht. Ein Bündel von Maßnahmen für mehr Energieeffizienz in der Wärmeversorgung ermöglicht eine weitere Einsparung von 6 Mio t/a CO2-Emissionen und zeigt gleichzeitig, wie engagiert die Gebäudesanierung vorangetrieben werden muss, um die Einsparpotentiale zu heben:
- Annahme einer Sanierungsrate der dezentralen Heizungen von jährlich 5 %
- Eine Begrenzung auf 700.000 t/a feste Biomasse in der Berliner Fernwärme (anstelle der von Vattenfall geplanten 1,3 Mio t/a)
- Nutzung der Abwärme aus den bestehenden Biogasanlagen Brandenburgs (436 GWh/a) und den zusätzlich vergärbaren Reststoffen Berlins (48 GWh/a)
- Ersatz aller Kohle-, Nachtspeicher-, Öleinzelheizungen und Ölzentralheizungen jeweils zur Hälfte durch Wärmepumpen und Gasbrennwertkessel
- Nutzung der tiefen Geothermie für den gesamten Fernwärmebedarf in Brandenburg und mit 144 GWh jährlich in Berlin
- Nutzung der Solarthermie auf 10 % der dafür geeigneten Dachflächen
- Einsatz des nutzbaren Anteils der Abwärme der mit erneuerbarem Methan betriebenen Backup-Kraftwerke aus dem Stromszenario.
Der Anteil der Erneuerbaren Energien läge damit bei der Wärmeversorgung im Jahr 2030 bei 53 % in Brandenburg und bei 61 % in Berlin.
Hintergrund
Anlass der Studie sind die fehlenden Weichenstellungen in der Energiepolitik beider Bundesländer. Die Landesregierungen von Brandenburg und Berlin stehen vor der Herausforderung, für ausreichend Klimaschutzmaßnahmen zur Erreichung des 2-Grad-Ziels zu sorgen und gleichzeitig eine zukunftsfähige Energieinfrastruktur bereitzustellen bzw. zu entwickeln.
Die Brandenburger Landesregierung hat hierzu bereits ihre Energiestrategie fortgeschrieben. Diese setzt zwar auch auf den Ausbau der erneuerbaren Energien, hält aber weiterhin an der Verbrennung klimaschädlicher Braunkohle fest.
Der Berliner Senat strebt bis 2020 lediglich einen Anteil von Photovoltaik und Windkraft an der Stromerzeugung in Berlin von 1,5 % an. Die Potentiale zur weiteren Energieeinsparung und zum Umbau der Energieversorgung gehen jedoch weit darüber hinaus.
Das Ziel beider bündnisgrünen Fraktionen ist jedoch der schnellstmögliche Ausstieg aus der Braunkohleverstromung und ein konsequenter Umstieg auf 100 Prozent erneuerbare Energien, der von beiden Bundesländern gemeinsam umgesetzt werden muss.
Auftragnehmer
Für die Untersuchung wurde das Berliner Reiner Lemoine Institut beauftragt. Das Institut hat sich auf die Untersuchung von Prozessen zur langfristigen Umstellung der Energieversorgung auf 100% erneuerbare Energien spezialisiert.