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Bündnisgrüne Fraktion fordert Erarbeitung eines „Zukunftskonzepts Lausitzer Braunkohleregion“ zur Gestaltung des Strukturwandels ohne Braunkohleverstromung

Tagebau in der Lausitz

Antwort auf Große Anfrage zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung der Braunkohle offenbart dünne Datenbasis

Die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Landesregierung in einem Antrag aufgefordert, ein „Zukunftskonzept Lausitzer Braunkohleregion“ auf den Weg zu bringen. Erstellt werden soll das Konzept von einem breiten Bündnis aus Unternehmen, Gewerkschaften und gesellschaftlichen Akteuren. Zielsetzung soll ein sozial verträglicher Strukturwandel in der Lausitz bei einem Ausstieg aus der Braunkohleförderung bis 2030 sein. Mit dem Antrag zieht die bündnisgrüne Fraktion Schlussfolgerungen aus einer Antwort der Landesregierung auf ihre Große Anfrage zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung der Braunkohle.

Im Ergebnis muss die Landesregierung einräumen, dass ihr keine belastbaren amtlichen Daten zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung der Braunkohle vorliegen. So kann sie weder amtliche Angaben zur Bruttowertschöpfung oder zu den Steuereinnahmen machen, noch kann sie Beschäftigungseffekte durch die Braunkohle mit Zahlen des statistischen Landesamtes belegen. Stattdessen zitiert die Landesregierung aus einer Studie des Beratungsunternehmens Prognos, das auch für das Energieunternehmen Vattenfall arbeitet.

Allerdings belegt der Landkreis Spree-Neiße im aktuellen „Zukunftsatlas“ von Prognos, das die Zukunftschancen aller Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland bewertet, Platz 394 von 402 Plätzen.

Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geht – wie auch Gutachten des Bundesumweltministeriums und des brandenburgischen Umweltministeriums – von einer abnehmenden Bedeutung der Braunkohle aus und möchte erreichen, dass der dadurch zwangsläufig eintretenden Strukturwandel frühzeitig geplant und sozial verträglich gestaltet wird.

„Die rot-rote Landesregierung hat kaum Daten zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung der Braunkohle in der Lausitz“, kritisiert der Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen im Brandenburger Landtag AXEL VOGEL. „Ministerpräsident Dietmar Woidke und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers erweisen sich immer mehr als energiepolitische Geisterfahrer. Sie begründen einen neuen Tagebau, bei dem Menschen aus ihrer Heimat vertrieben werden sollen, mit einem regionalwirtschaftlichen Nutzen, den sie aber gar nicht mit harten Zahlen belegen können.“

Laut der Großen Anfrage gab es 2012 in Brandenburg 4.262 Arbeitsplätze im Bereich „Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden“. Zu den immer wieder zitierten indirekten Arbeitsplätzen werden indes keine amtlichen Angaben gemacht. Laut einer Studie soll die Zahl der direkten und indirekten Arbeitsplätze durch die Braunkohle derzeit etwa 10.000 betragen. „Die immer wieder kursierenden Fantasiezahlen von bis zu 30.000 Jobs werden nicht belegt“, sagte AXEL VOGEL. „Dahingegen geht selbst aus den dürren Antworten auf unsere Große Anfrage hervor, dass die direkten und indirekten Arbeitsplätze in der Braunkohle bis zum Jahr 2030 um 50 Prozent einbrechen werden.“

Die Braunkohle werde in der Energiestrategie der Landesregierung als 'Brückentechnologie' bezeichnet. Die Nutzung der Braunkohle als Brückentechnologie setze jedoch voraus, dass das Ende der Brücke geplant wird, bevor Planungen zur Erschließung weiterer Tagebaue begonnen werden, sagte AXEL VOGEL: „Das absehbare Ende der Betriebsdauer des Kraftwerks Jänschwalde und die Auskohlung des Tagebau Welzow spätestens 2030 sind eine gute Gelegenheiten, schrittweise und sozialverträglich aus der Braunkohle auszusteigen.“

Negative Effekte durch die Braunkohleverstromung blende die Landesregierung aus, wie der Fall des Firmenverbundes Proschim zeige: Das mittelständische Unternehmen bewirtschaftet landwirtschaftliche Flächen und investiert vor Ort in erneuerbare Energien. Der Firmenverbund ist mit 85 Arbeitsplätzen ein bedeutender Arbeitgeber in der Region. Durch den Entzug von Ackerland für den Tagebau Welzow-Süd, Teilfeld I, verlor der Firmenverbund bereits ganze Geschäftszweige und 200 Arbeitsplätze. Durch den Aufschluss des Tagebaus Welzow-Süd, Teilfeld II, droht nun erneut ein massiver Flächenentzug, der die Existenz des Firmenverbundes Proschim gefährden würde.

Dipl.-Kaufmann HAGEN RÖSCH, Co-Geschäftsführer des Firmenverbundes Proschim, sagte: „Wir leben bereits die Energiewende, haben ein großes Biogaskraftwerk und Solarkraftwerke in Proschim installiert, die jetzt für die Braunkohle wieder abgerissen werden sollen.“ Der Firmenverbund klagt bereits gegen die Fortführung des Tagebaus Welzow-Süd, Teilfeld I. Auch gegen den neuen Tagebau Welzow-Süd, Teilfeld II, sind juristische Schritte geplant.

AXEL VOGEL: „Statt Investitionen in Uralt-Technologien wie die Braunkohleverstromung zu befördern, sollte die Landesregierung den ohnehin stattfindenden Strukturwandel aktiv in positive Bahnen lenken. Erforderlich ist eine Wirtschaftspolitik für die Lausitz, die Investitionen in Zukunftsfelder und nachhaltige Arbeitsplätze lenkt.“

>> Zur Großen Anfrage und Antwort der Landesregierung