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Foto: Alexandra Tautz

Mehr Rechte für die Dörfer

Wir wollen mehr Rechte für die Dörfer. Warum? Mit der Gemeindegebietsreform im Jahr 2003 wurden viele Dörfer in Brandenburg zu größeren Gemeinden zusammengelegt. Was vielerorts Vorteile brachte, beispielsweise eine stärkere Verwaltung, ließ auf der anderen Seite die politischen und ehrenamtlichen Beteiligungsmöglichkeiten zurückgehen. Denn durch die Eingemeindung ging die Zahl der Ehrenamtlichen, die sich in ihrem Gemeinderat engagierten, zurück: Waren vor der Reform noch rund 13.500 Ehrenamtliche aktiv, haben sich nach der Reform nur noch etwas mehr als 6.000 Brandenburger*innen im Gemeinderat für ihre Dörfer einsetzen können.

Auch Entscheidungen über eigene Haushaltsmittel gingen verloren und manche Dörfer gerieten neben der Kernstadt ins Hintertreffen. Ergebnis: Nur ein Drittel der Brandenburger*innen vertraut der eigenen Gemeinde oder Stadtverwaltung vor Ort voll – so das Ergebnis einer Umfrage der Enquêtekommission von 2017.

Wir haben unsere Anliegen in der Kommission stark eingebracht, mit Erfolg. Die Kommission fordert in ihrem Abschlussbericht eine Reihe von Maßnahmen für starke Dörfer: mehr Geld für die Kommunen insgesamt, Ortsteilbudgets, mehr Rechte von Ortsbeiräten und Ortsvorsteher*innen, ein Veto-Recht für Ortsteile im Gemeinderat und die Schaffung eines „Parlaments der Dörfer“.

Ein Teil der Forderungen ist bereits umgesetzt, viele müssen vor Ort jetzt mit Leben erfüllt werden. Vor allem aber hat die nächste Landesregierung einen klaren Auftrag bekommen: Es lebe das Dorf!

Was ist ein "Parlament der Dörfer"?

In den 70er und 80er Jahren entstanden in Finnland und Schweden die ersten Dorfbewegungen. Weil die Bevölkerung zurückging, Arbeitsplätze im ländlichen Raum abgebaut und die Selbstbestimmung durch die Bildung von Großgemeinden verloren ging, bildeten sich Dorfaktionsgruppen, um die Geschicke des Dorfes – unterhalb der kommunalen Ebene – in die eigenen Hände zu nehmen. Mithilfe von Organisationen der Zivilgesellschaft und Universitäten vernetzten sich dörfliche Initiativgruppen – aus ihnen bildeten sich dann die Dorfbewegungen. Diese begannen damit, gemeinsame Interessen der Dörfer nach außen zu vertreten. Die schwedische Dorfbewegung ging einen Schritt weiter: Sie bildete die ersten ländlichen Parlamente. Andere Dorfbewegungen folgten ihr.

Jedes zweite Jahr treffen sich in diesen Ländern Vertreter*innen von Dörfern aus dem ganzen Land mit Lokal- und Landespolitikern, um gemeinsam Probleme zu diskutieren und Lösungswege zu finden. Als „Parlament der Dörfer“ beschließen sie Vorschläge, Empfehlungen, Forderungen an die Regierung und das staatliche Parlament und lassen sich darüber berichten, was erreicht wurde. Inzwischen gibt es schon fast 30 Dorfbewegungen in europäischen Ländern. Deren Vereinigung (ERCA) ist Mitglied eines zivilgesellschaftlichen

Beratungsgremiums der EU für den ländlichen Raum und veranstaltet zusammen mit anderen Netzwerken seit 2013 alle zwei Jahre das Europäische Ländliche Parlament.