Anlass
Untersuchungen von Kleingewässern in der Uckermark auf Pestizide haben schon in den vergangenen Jahren besorgniserregende Ergebnisse zu Tage gefördert. In geschützten Biotopen wurden Konzentrationen aufgefunden, die äußerst bedenklich sind und zur Gefahr für die dort zum Teil streng geschützten Tiere und Pflanzen werden. Das Land Brandenburg führt bisher nur in sehr begrenztem Umfang eigene Untersuchungen durch. Seit 2010 werden an 29 Messstellen in Brandenburg, hierunter auch Fließgewässer, Messungen vorgenommen. Wie eine Kleine Anfrage der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen (Drucksache 5/7011) ergab, wird eine deutliche Ausweitung der Untersuchungen weder organisatorisch noch finanziell als leistbar dargestellt. Im Jahr 2012 hat das Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung auf den massiven Druck der lokalen Bevölkerung hin zehn zusätzliche Feldsölle und einen See in der Uckermark auf Pestizide hin untersuchen lassen. In zwei Fällen wurden ökotoxikologisch bedenkliche Werte festgestellt und an einem Soll in Stabeshöhe die Schaffung eines zehn Meter breiten Schutzstreifens angeordnet. Es wird vermutet, dass es sich bei den Pestizidbelastungen um ein flächendeckendes Problem handelt. Weitere Untersuchungen werden von Seiten des BUND und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen deshalb als dringend notwendig angesehen.
Untersuchung
Der BUND hatte bereits im Jahr 2012 12 Kleingewässer vorwiegend in der Uckermark auf Pestizide hin untersuchen lassen und in nahezu allen Gewässern Pestizidrückstände nachgewiesen. Die gemeinsame Untersuchung von BUND und der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in 2013 baut auf diesen Ergebnissen auf. Es wurden im August dieses Jahres dieselben 12 Kleingewässer wie im vergangenen Jahr (hiervon war eines ausgetrocknet) sowie drei neue Feldsölle beprobt. Die Gewässer befinden sich in den Landkreisen Uckermark, Barnim und Oder-Spree. Die Gewässerproben wurden anschließend vom Chemischen Labor EUROFINS/ SOFIA in Berlin auf Pestizide untersucht.
Ergebnisse und Bewertung
Die diesjährigen Analyseergebnisse der Gewässerproben zeigen, dass nur in zwei der 14 beprobten Gewässer keine Pestizide nachgewiesen werden konnten (in 2012: 3 von 12 Gewässern), ein Soll war zur Zeit der Probenahme ausgetrocknet. Enthaltene Substanzen, die sowohl 2012 als auch 2013 festgestellt werden konnten waren Glyphosat, AMPA (Aminomethylphosphonsäure), Terbuthylazin, Desethylterbutylazin, Metolachlor und Tebuconazol. Diese Pestizide und Abbauprodukte wirken toxisch auf Fische, Amphibien und weitere Wasserorganismen. Terbuthylazin und Desethylterbutylazin wirken außerdem auch toxisch auf Vögel.
Besonders bedenklich fallen die Ergebnisse an zwei Gewässern aus. In den Proben aus Rehpfuhl (10) und Krollspfuhl (12) wurden eine Vielzahl unterschiedlicher Pestizide festgestellt. Das europäische Pestizidzulassungsrecht weist im Bereich der Beurteilung der gleichzeitigen Wirkung von verschiedenen Pestiziden einen erheblichen Schwachpunkt auf. Aussagen zu Kombinationswirkungen zwischen den verschiedenen verwendeten Pestiziden fehlen oder werden nur ungenügend angegeben. Es gibt demnach keine wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse, wie die nachgewiesenen Pestizide gemeinsam wirken. Additive bzw. potentielle Wirkungsverstärkungen sind demnach nicht auszuschließen. Darüber hinaus wurden an den Gewässern Krollspfuhl und Rehpfuhl die Umweltqualitätsnormen (UQN) für flussgebietsbezogene Schadstoffe der Oberflächengewässerverordnung (OgewV) für Terbuthylazin (0,5 Mikogramm/Liter) und für Metolachlor (0,2 Mikrogramm/Liter) überschritten.
Bei allen untersuchten Gewässern, auch beim Krollsphuhl und Rehpfuhl handelt es sich nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz sowie § 18 Brandenburgisches Naturschutzausführungsgesetz um gesetzlich geschützte Biotope. Hiernach sind Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung führen können verboten. Das Brandenburgische Naturschutzausführungsgesetz ergänzt, dass hierunter Handlungen verstanden werden, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung führen können, insbesondere die Intensivierung oder Änderung der Nutzung der geschützten Biotope und der Eintrag von Stoffen, die geeignet sind, das Biotop nachteilig zu beeinflussen. § 13 des Pflanzenschutzgesetzes schreibt vor, dass Pflanzenschutzmittel nicht angewendet werden dürfen, wenn schädliche Auswirkungen auf den Naturhaushalt zu erwarten sind.
Insbesondere die Belastungen in den Gewässern Rehpfuhl und Krollspfuhl sind nicht mit dem Naturschutz- und Pflanzenschutzrecht vereinbar! Die Kleinstgewässer haben in unserer größtenteils ausgeräumten Agrarlandschaft eine große Bedeutung. Sie sind oft Rückzugsort bedrohter Tier-und Pflanzenarten, insbesondere von Ampibien.
Anhand der Untersuchungsergebnisse wurde erneut deutlich, dass unbelastete Feldsölle die Ausnahme sind. Trotz bereits durchgeführter Beprobungen in 2012 konnten auch dieses Jahr wieder bedenkliche Konzentrationen von Pestiziden nachgewiesen werden. Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass der Anbau von Mais in den meisten Fällen zu Gewässerbelastungen mit Glyphosat oder AMPA führen.
Die Nachweise der Wasserschadstoffe in den Feldsöllen sind ein klares Anzeichen dafür, dass Landwirte, die angrenzende Flächen bewirtschaften, nicht immer sach- und fachgerecht mit Agrochemikalien umgehen oder verlangte Vorkehrungen im Umgang mit Pestiziden nicht ausreichend sind. Der Eintrag von Pestiziden in unsere Gewässer ist ein wesentlich größeres Problem als lange angenommen. Das belegen auch zahlreiche aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen. Siehe auch:
• https://www.ufz.de/index.php?de=22196
• http://www.pestizidreduktion.de/pestizide_im_wasser/oberflaechengewaesser.html
• http://www.ufz.de/index.php?de=31771
• http://www.uni-koblenz-landau.de/landau/aktuelles/archiv-2013/amphibiensterben
• http://www.thesundaytimes.co.uk/sto/news/uk_news/Environment/article1329922.ece
Unsere unmittelbaren Forderungen aus den Untersuchungsergebnissen sind:
eine deutliche Ausweitung von Pestizidbeprobungen mit vollständiger Veröffentlichung der Ergebnisse durch das Land Brandenburg
umfassende Pestizid-Beratungsprogramme für Landwirte
die Einrichtung weiterer Schutzstreifen an Feldsöllen
die Förderung betrieblicher Managementsysteme, die Pflanzenschutzaspekte ebenso berücksichtigen wie Auswirkungen auf die Biodiversität oder den Gewässerschutz
Langfristig kann aber nur eine weitere Ökologisierung unserer Landwirtschaft zu einer Lösung des Problems der Pestizidbelastung führen. Hierzu müssen auf europäischer Ebene aber auch auf Landesebene die entsprechenden Weichen gestellt werden.
>> Langfassung der Untersuchungsergebnisse