Mechthild Claus aus Perleberg bekam ihren ersten Fotoapparat mit neun Jahren und hält seitdem ihre Umgebung in Fotografien fest. Mit ihrem eigenen Garten wuchs ihr Interesse an der großen Vielfalt der Insekten. Durch ihr Makroobjektiv entdeckt sie die versteckte Welt der kleinen Tiere und macht sie in ihren Fotografien auf eindrucksvolle Art für uns sichtbar.
Mechthild Claus zur Ausstellung:
"Tiere kennenlernen, die nur etwa einen Zentimeter groß sind, und die fliehen, wenn Riesen wie wir vorbei gehen. Mit langsamen Bewegungen nähere ich mich ihnen und halte meinen Blick in ihre Augen aus nächster Nähe fest.
Nur mit ruhiger Hand, ohne Stativ und aufwändige Technik, nutze ich allein das vorhandene Licht, um die Natürlichkeit der Begegnung nicht zu stören. So entstehen Bilder, wie man sie in Bestimmungsbüchern nicht findet. Gerade die geringe Schärfentiefe bringt uns die Tiere nahe, lässt sie uns als Persönlichkeiten sehen. Sie sind Mitgeschöpfe, für deren Lebensgrundlagen wir die Verantwortung tragen.
Diesen kleinen, wilden Tieren begegne ich in unserem Garten, direkt am Haus. Bei mir finden sie wilde Blumen und Sträucher, alte Blätter und Holz zum Knabbern. Viele schöne, interessante und wertvolle Wildpflanzen kann man in den Brandenburger Sand setzen. Mit jeder Pflanzenart laden wir andere Tierarten ein. Wer passende Verstecke findet, bleibt auch über den Winter, und die Nachkommen können hier aufwachsen. Sie erhalten dann den Boden und die Pflanzen fruchtbar und gesund.
Diese kleinen Nachbarn sind so wichtig für uns!"
Mechthild Claus im Interview
Wie bist du zur Fotografie gekommen? Und kannst du dich noch an dein erstes Foto erinnern?
Meinen ersten Fotoapparat habe ich mit neun Jahren bekommen. Mein erstes Lieblingsmotiv war unsere schwarz-weiße Katze: Mal zwischen den Blüten eines Apfelbaums oder im Gegenlicht hinter der Gardine. Aber damals waren Filme und Abzüge teuer. Zudem hatte ich schon als Vierjährige verkündet: “Ich will Malerin werden!“
Landschaft, Pflanzen und immer Tiere, später in surrealen Bedrohungssituationen finden sich auf Aquarellen und Zeichnungen von mir.
Die Trockenlegung einer Feuchtwiese bei unserem Dorf, um Weihnachtsbäume zu pflanzen, und Baufahrzeuge, die den einzigen Standort wilder Orchideen, den ich kannte, geplättet hatten, hinterließen so ihre Spuren.
Als Erwachsene nach der Arbeit oder mit meinen Kindern fand ich nicht mehr die Ruhe und den Freiraum zum Malen. Eine Kamera ist schnell genommen und auch schnell wieder weggeräumt, wenn mein Kind meine ganze Aufmerksamkeit braucht. Inzwischen fotografiere ich sehr viel und gern.
Was fasziniert dich an Insekten?
Erst mit dem eigenen Garten kam ich dazu, Insekten zu fotografieren. Da waren die bunten Falter und die schillernden Libellen, ja – aber die anderen, die kleinen, die nur kurz zu sehen waren, die haben mich neugierig gemacht.
Es ist erst fünf Jahre her, dass ich anfing mit Nahlinsen auf Entdeckung zu gehen. Da bin ich richtig ins Staunen gekommen: Hier leben mehrere hundert Arten, allein mindestens vierzig verschiedene Wildbienen. Und sie sind überhaupt nicht so steif, wie ich erwartet hatte. Ihr Kopf ist wendig und ihre Augen aufmerksam. Wer beispielsweise eine Habichtsfliege bei der Jagd beobachtet, fühlt sich an eine Katze erinnert, zwar ohne Schwanz und spitze Öhrchen, dafür aber mit Flügeln: Sie folgt ihrer Beute mit schnellen Blicken, duckt sich und fliegt dann los.
Wie findest du geeignete Orte für deine Fotos?
Im Frühjahr mit der Blüte der Salweide tauchen viele Tiere auf: Tagfalter, Wollschweber, drei auf Weiden spezialisierte Bienenarten, die Gehörnten Mauerbienen. Um sich aufzuwärmen, zu putzen oder zu ruhen brauchen Wildbienen trockene, warme Plätze. So kommt es, dass auf meinen Bildern so viele alte Blätter zu sehen sind. Ein paar Wochen später sind grüne Blätter in der Morgensonne sehr beliebt. Die Blüten, Plätze und Insektenarten wechseln im Laufe des Jahres einige Male. Immer achte ich auf kleine Abweichungen von der Struktur, um die oft gut getarnten Tiere zu entdecken.
Was sind deine Lieblingsfotos?
Mein Lieblingsfoto (nach Bildern von meinen Kindern und meinem Mann natürlich) zeigt dieses Zauneidechsenmännchen. Es hat einige Zeit gedauert, bis es so wenig Angst vor mir hatte, dass ich diesen traumhaft schönen Blick einfangen konnte. Bei den Insektenaufnahmen fällt mir die Wahl schwer, aber das Vierfleck-Pelzbienenmännchen ist mir besonders wichtig. Es war noch ganz frisch geschlüpft, danach habe ich es nie wieder so ruhig gesehen. Ständig flog es seine Runden, um sein Revier zu beobachten.
Auch im Winter, wenn keine Insekten mehr unterwegs sind, höre ich nicht auf mit den Nahaufnahmen. Wenn ich Eis aus dem Regenfass nehme, seine Strukturen den Hintergrund verzerren (hier einen Apfel) und Spiegelungen vergänglichen Bildern Tiefe geben, macht das einfach Spaß.
Die Ausstellung "Von Nahem" - Insektenfotografien von Mechthild Claus ist bis zum 31.08.2021 auf unserem Fraktionsflur zu sehen.