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Entschließungsantrag Beschlussfähigkeit des Landtages in außergewöhnlichen Notlagen ermöglichen

Antrag „Entschließungsantrag Beschlussfähigkeit des Landtages in außergewöhnlichen Notlagen ermöglichen“ herunterladen (PDF, 215 KB)

Parlamentarische Rechte sicherstellen - auch in Krisenzeiten

Der Landtag stellt fest, dass für den Fall einer Abwesenheit vieler Mitglieder des Landtages von einer Plenarsitzung aufgrund einer außergewöhnlichen Notlage bisher keine ausrei-chende Vorsorge getroffen ist um die Arbeitsfähigkeit des Parlaments und die Rechte der Abgeordneten sicherzustellen.

Mit dem Antrag „Beschlussfähigkeit des Landtages in Notlagen ermöglichen“ (Drucksache 7/911) wurde ein erster Schritt gegangen, um die Beschlussfähigkeit des Landtages auch in einer solchen Situation zu ermöglichen.

Der Landtag Brandenburg bekräftigt seine Überzeugung, dass gerade in Krisenzeiten die Debatte und demokratische Entscheidungsfindung im Parlament unerlässlich sind. Daher soll intensiv nach Möglichkeiten gesucht werden, Abgeordneten die Teilnahme an Debatten und die Abstimmung zu ermöglichen, ohne physisch im Plenarsaal anwesend sein zu müssen. Im Gegensatz zu einer Herabsetzung der Grenze zur Beschlussfähigkeit wäre so die Teilnahme aller gewählter Abgeordneten auch in Situationen einer Pandemie erleichtert. Gegebenenfalls sind darüber hinaus weitere Maßnahmen zur Sicherung der Arbeitsfähigkeit des Landtages notwendig.

Der Landtag Brandenburg spricht sich daher dafür aus bis zum 30.06.2020, intensiv die rechtlichen, organisatorischen und technischen Rahmenbedingungen zu prüfen und gegebenenfalls die Voraussetzungen zu schaffen, um folgende Regelungen in die Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg aufzunehmen:

1. Abgabe von Stimmen bei Abstimmungen des Landtages in fernmündlicher, schriftlicher oder elektronischer Form durch die Abgeordneten in Verbindung mit öffentlicher Dokumentation des Stimmverhaltens.

2. Durchführung von öffentlichen Sitzungen der Ausschüsse des Landtags auf digitalem Weg.

3. Die Möglichkeit, stellvertretende Mitglieder im Präsidium und ggf. weiteren Gremien vorzusehen, um deren Arbeitsfähigkeit und die Beteiligung aller Fraktionen im Falle von Ausfällen zu sichern.

Der Landtag Brandenburg strebt nach Beendigung der akuten Krisensituation eine umfangreiche Evaluierung an, um in zukünftigen Krisensituationen die Fortführung der parlamentarischen Arbeit sicherzustellen. Dabei ist zu prüfen welche dauerhaften Änderungen der Ge-schäftsordnung des Landtages sowie gegebenenfalls der Landesverfassung geboten sind. Dies soll auf Grundlage intensiver Beratungen mit gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Beteiligung erarbeitet und von einer breiten politischen Mehrheit getragen sein.

Begründung:

Zu 1.: Analog zu Geschäftsordnungsregel 82, Absatz 2 des spanischen Kongresses oder Artikel 187 und 192 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments (remote voting) sollen Möglichkeiten einer Regelung für dezentrale Stimmabgabe aufgezeigt werden. Da bei einer dezentralen Stimmabgabe die direkte Nachvollziehbarkeit der korrekten Auszählung verloren ginge, ist in jedem Fall eine Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens der einzelnen Abgeordneten vorzusehen. So kann jeglichen Zweifeln am korrekten Zustandekommen des Ergebnisses vorgebeugt werden. Gerade in besonderen Notsituationen kann durch eine dezentrale Stimmabgabe gegebenenfalls die Arbeitsfähigkeit des Parlaments und die Rechte der einzelnen Abgeordneten sichergestellt werden.

Zu 2.: Dezentral durchgeführte Ausschusssitzungen werden in der gegenwärtigen Situation bereits praktiziert. Details zur Umsetzung, möglichen Befugnissen und Verbesserungen insbesondere hinsichtlich der Herstellung der Öffentlichkeit von Sitzungen sind jedoch weiterhin zu untersuchen.

Zu 3.: Gerade dem Präsidium kommt in einer außergewöhnlichen Notlage eine elementare Rolle zu. Für dieses und andere wichtige Gremien soll daher nach Möglichkeiten für die Entsendung von Vertretungen gesucht werden, da sonst bei Ausfällen mehrerer Mitglieder die Arbeitsfähigkeit oder die Fraktionsübergreifende Akzeptanz der dort getroffenen Ent-scheidungen unter Umständen nicht mehr gegeben wären.

Da Änderungen an den Regeln zur Beschlussfassung im Landtag hoch sensibel sind, sollen alle Regelungen, die in der aktuellen Krisensituation getroffen werden nur befristet Gültigkeit haben. Für notwendige permanente Änderungen wird ein intensiver Debattenprozess und eine möglichst breite politische Unterstützung angestrebt.

In diesem Zusammenhang sind auch Möglichkeiten zu prüfen, unter bestimmten Bedingungen die Übertragung des Stimmrechts von abwesenden Abgeordneten auf im Plenarsaal anwesende Abgeordnete ihrer Wahl zu ermöglichen. Dadurch wäre im Gegensatz zu einer Verkleinerung des Parlaments mit prozentualer Repräsentation der Fraktionen das individuelle Recht jeder/ jedes Abgeordneten gewahrt, zu entscheiden, durch wen sie sich vertreten lassen möchten.