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Umsetzung des Pakts für Pflege

Antrag „Umsetzung des Pakts für Pflege“ herunterladen (PDF, 142 KB)

Der Landtag stellt fest:

In den letzten Jahrzehnten haben sich die Herausforderungen in der Pflege verändert. Einem erfreulichen Anstieg der Lebenserwartung in unserer Gesellschaft stehen die Auswirkungen sinkender Geburtenraten gegenüber. Von den derzeit etwa 132 500 Pflegebedürftigen im Land Brandenburg werden knapp 82 % in ihrem vertrauten häuslichen Umfeld von Angehörigen allein oder mit Hilfe ambulanter Pflegedienste versorgt, was im bundesweiten Vergleich einen Spitzenwert darstellt. Bis zum Jahr 2030 wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen aber weiter erhöhen. Gleichzeitig wird der Bevölkerungsanteil der erwerbsfähigen Personen zurückgehen.

Um diesen Entwicklungen auch in Zukunft weiterhin erfolgreich zu begegnen, gilt es zum einen auf zielgerichtete und bewährte Maßnahmen und Initiativen aufzubauen. Vorrangiges Ziel sind die Prävention und die Verhinderung von Pflege. Zum anderen gilt es, gleichzeitig gemeinsam mit den vielen engagierten Partnerinnen und Partnern die Pflege auszubauen und weiterzuentwickeln. Es geht um die Stärkung der Pflege vor Ort, um die Entlastung pflegender Angehöriger, um die Lebensqualität der zu Pflegenden und um gute Arbeitsbedingungen für professionell Pflegende, um so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Die konkreten Lebensbedingungen vor Ort haben einen erheblichen Anteil daran, wann und in welcher Schwere Pflegebedürftigkeit entsteht, und daran, wie eine eingetretene Pflegebedürftigkeit bewältigt wird. Pflegebedürftige und die sie Pflegenden gehören in die Mitte der örtlichen Gemeinschaft. Wichtig sind funktionierende Nachbarschaften, niedrigschwel-lige Unterstützungen im Alltag und ergänzende Beratung zur Nutzung aller Leistungen der Pflegeversicherung. Mit dem „Pakt für Pflege“ sollen daher die Brandenburger Kommunen auf beiden Ebenen - auf der Ebene der Ämter, Städte und Gemeinden und auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte - die notwendigen Ressourcen erhalten, um die sozi-alräumlichen Rahmenbedingungen für ein „Altern und Pflege im Quartier“ nachhaltig zu verbessern.

Brandenburg braucht den „Pakt für Pflege“, der Aktivitäten, Herausforderungen und Ziele der Pflege aufgreift, bündelt und zukunftsfähig ausbaut. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen der Fachkräftesicherung.

Dabei darf die Bundesebene mit ihrer Gesetzgebungskompetenz für die Pflegeversicherung nicht aus der Verantwortung gelassen werden. Es ist zu begrüßen, dass die Bundesregie-rung den Bereich Pflege zum zentralen Thema dieser Legislaturperiode gemacht hat. Neben den diesbezüglich eingeleiteten Reformvorhaben der Pflege, wie beispielsweise mehr Stel-len, einer Verbesserung in Punkten wie der Vergütung oder auch den Arbeits- und Pflege-bedingungen, braucht es weitere Anstrengungen vonseiten der Bundesebene.

Der Landtag möge daher beschließen:

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

- zur Stärkung der Pflege vor Ort ein Förderprogramm für Kommunen aufzulegen, um so insbesondere das Entstehen weiterer niedrigschwelliger, alltagsunterstützender Angebote anzukurbeln. Dies gilt auch für die Koordinierung und Vernetzung der Leistungser-bringung, um so vor Ort für einen effektiven Einsatz vorhandener Ressourcen im Punkt der Hilfen in und im Umfeld der Pflege zu sorgen;

- ein Investitionsprogramm für Kurzzeit- und Tagespflege zu initiieren, um die häusliche Pflege zu entlasten. Dabei gilt es zu beachten, dass die vor Ort bereits bestehenden Strukturen nach Möglichkeit nicht durch die neuen Investitionen benachteiligt werden.

- Pflegestützpunkte weiter auszubauen und ihre Arbeit zu evaluieren;

- die Träger von Einrichtungen und Diensten in der Pflege dabei zu unterstützen, mit wirksamen Maßnahmen die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern;

- die Attraktivität der Ausbildung zu steigern und Ausbildungsabbrüchen entgegenzuwirken;

- die Einführung einer generalistischen Assistenzausbildung zu prüfen und den Pflegestudiengang an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg entsprechend dem Pflegeberufegesetz zu stärken;

- zu prüfen, ob weitere akademische Angebote im Norden des Landes etabliert werden können;

- ausländische Berufsabschlüsse in den medizinischen Fachberufen schneller anzuerkennen;

- das Ressort zur Umsetzung des „Paktes für Pflege“ zu stärken.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen,

- eine langfristige Strategie der Fachkräftesicherung in der Pflege auf allen Ebenen zu etablieren,

- dass Personen, die einer stationären Pflege bedürfen, nur noch einen gedeckelten Eigenanteil zahlen und die medizinische Behandlungspflege in stationären Einrichtungen künftig aus der Krankenversicherung finanziert wird,

- sektorenübergreifende Gesamtversorgungsverträge für eine flexiblere Erbringung der Leistungen - insbesondere mit Blick auf ländliche Regionen - zu ermöglichen,

- dass die Schaffung von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen in der Pflege unterstützt wird,

- die bisherigen Ansprüche von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu verbessern.

Begründung:

Das Land Brandenburg leistet mit dem „Pakt für Pflege“ seinen Beitrag zur Verbesserung der Pflege.

Ziel des „Paktes für Pflege“ ist es, altersgerechte und teilhabeorientierte Strukturen zu fördern. Diese Strukturen sollen dazu beitragen, dass die Menschen auch bei Pflegebedürftigkeit solange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung gut leben können. Dem Fortschreiten von Pflegebedarf soll insgesamt entgegengewirkt werden. Insbesondere für pflegende Angehörige stellen niedrigschwellige, alltagsunterstützende Angebote eine hilfreiche Entlastung dar, welche es auszubauen gilt.

Die Anzahl der Tagespflegeplätze in Brandenburg ist von 1.154 im Jahr 2007 auf 3.718 Plätze in 2017 (MSGIV, Daten und Fakten zur Pflege, 3. Ausgabe, 2019) gestiegen. Da Pflegebedürftige die Tagespflege zusätzlich zu ambulanten Pflegesachleistungen oder zum Pflegegeld in Anspruch nehmen können, stellt sie eine gute Unterstützung der häusli-chen Versorgung dar. Kurzzeitpflege ist ein unerlässliches Angebot, um kürzere Zeiträume zu überbrücken, in denen aus pflegerischen Gründen die Versorgung nicht ambulant gewährleistet werden kann.

Im Land Brandenburg gibt es 19 Pflegestützpunkte, die über das gesamte Land verteilt sind. Sie dienen der wohnortnahen Beratung und bieten umfassende und unabhängige Auskunft im Bereich der Pflege. Die vorhandenen Pflegestützpunkte leisten gute Arbeit, was die ihnen entgegengebrachte große Wertschätzung und Nachfrage unterstreichen. Ihre etwa 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können aber den Beratungs- und Unterstützungsbedarf von über 130.000 Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen bei weitem nicht bewältigen.

Pflege darf kein Armutsrisiko sein. Derzeit werden notwendige Verbesserungen in der Pflege, wie z.B. eine tarifliche Entlohnung der Pflegekräfte, zu Lasten der Heimbewohnerinnen und -bewohnern vorgenommen. Die steigenden Eigenteile belasten zunehmend die Pflegebedürftigen, welche bei finanzieller Überforderung diese Last dann an die Sozialhilfe weitergeben. Die Beantragung dieser ist zudem für viele Betroffene ein schwerer Schritt. Steigende Kosten der Sozialhilfe stellen wiederum die Kommunen vor enorme Herausforderungen. Es braucht eine Deckelung der von den Bewohnern zu tragenden Pflegekosten. Die Brandenburgische Regierung wird sich beim Bund für eine Deckelung der Heimkosten einsetzen.

Die Ausbildung und Fachkräftegewinnung in der Pflege ist ein wichtiges Anliegen. Im Rahmen des „Paktes für Pflege“ sollen die Maßnahmen aller Akteurinnen und Akteure gebündelt werden, um die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen in der Pflege weiter zu verbessern. Es gilt die Zahl der Auszubildenden in den Pflegeberufen zu erhöhen und die Quote der Ausbildungsabbrüche zu senken. Durch den „Pakt für Pflege“ soll auch die Einführung der generalistischen Pflegeassistenzausbildung geprüft werden.

Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse ist eine Chance der Gewinnung von Fachpersonal. Dies ist vor allem auch ein Schlüssel für eine erfolgreiche Integration dieser Menschen in unsere Gesellschaft.

Die Arbeit der Pflegekräfte wird hochgeschätzt und geachtet. Zur finanziellen Untermauerung dieser Wertschätzung braucht es einen bundesweit allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die Pflegebranche, der zudem das Image und Ansehen der Pflegebranche und ihrer Ar-beit nochmals steigern würde.