Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin!Liebe Kolleginnen und Kolleginnen!
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Als Verkehrspolitiker setze ich mich für die Stärkung des Umweltverbunds ein. Während mir die coronabedingte Schwächung des ÖPNV doch Sorgen bereitet, erfüllt mich der aktuelle Boom des Radfahrens mit Freude.
Fahrradläden melden steigende Verkaufszahlen, und wenn man sich umschaut, sieht man Menschen jeden Alters, die auf Zweirädern unterwegs sind. Das Radfahren erfüllt viele gesellschaftliche Zwecke. Es macht Menschen unabhängig und individuell mobil. Das gilt im Besonderen für Kinder, die unabhängig vom Elterntaxi sein sollten, gerade in ländlichen Gegenden, wo dies der ÖPNV derzeit selten leisten kann - da spreche ich übrigens aus Erfahrung: Ich bin auf dem Dorf zur Schule gegangen und habe dort Fußball gespielt; ich habe viele Wege auf dem Rad zurücklegen müssen.
Diese aktive Bewegung ist auch gesundheitsfördernd. Das Radfahren verursacht keinen Lärm, keine Schadstoff- oder Treibhausgasemissionen, wie es ÖPNV oder Autos tun. Es braucht deutlich weniger Raum als Autoverkehr und verursacht weniger Tote und Verletzte bei Unfällen.
Sprach das alles seit jeher für den Radverkehr, kommt eine rasante Entwicklung der Radtechnik selbst hinzu: Die Räder sind leichter geworden, die Lampen funzeln nicht mehr nur herum, sondern leuchten im Dunkeln nahezu genauso gut aus wie die eines Autos. Der Seitendynamo wurde durch einen Nabendynamo abgelöst, die pflegeleichte Nabenschaltung bietet inzwischen eine zweistellige Anzahl an Gängen. Die Lastenrad- und Anhängetechnik ist inzwischen sehr alltagstauglich und praktikabel. Funktionskleidung macht die Witterung zu einer unbedeutenden
Randerscheinung.
Und schließlich der E-Antrieb: Er erhöht die Reichweite oder lässt auch weniger sportliche Menschen aufsteigen. Längere Strecken, Dunkelheit, Wind und Wetter, der Transport von Kindern oder des Getränkeeinkaufs - heute ist alles möglich.
Und weil die Koalition das alles verinnerlicht hat, liegt nun dieser Antrag vor. Ursprünglich sollte er schon im April-Plenum behandelt werden. Aufgrund verschiedener Rahmenbedingungen hat es etwas länger gedauert. Aber wie heißt es so schön? Was lange währt, wird endlich gut. In diesem Fall haben wir sogar noch etwas zum Haushalt hinzugefügt. Was lange währt, wird also endlich besser.
Zum Antrag selbst: Erstens: Er sieht grundsätzliche Weichenstellungen sowie kurzfristig konkrete Projekte vor und enthält auch innovative Ideen, die in die Zukunft weisen. Da ist zunächst eine große Zeitleiste - die Koalition hat ja das Ziel, dass bis 2030 60 % aller Wege in Brandenburg mit dem Umweltverbund zurückgelegt werden.
Zunächst soll geschaut werden, welchen Anteil daran der Radverkehr leisten kann. Wie schon gesagt, hat sich die Situation des ÖPNV stark verändert. Der Anteil des Radverkehrs wird also eher noch deutlich steigen müssen. Wenn das geklärt ist, soll die Radverkehrsstrategie überarbeitet, mit konkreten Maßnahmen, Prioritäten und Zeitplänen versehen werden. Damit geht sie in Richtung eines Radverkehrskonzepts, an dem sich auch die Landkreise bei der Aufstellung ihrer Radverkehrskonzepte
orientieren können. Wenn das wiederum klar ist, soll die Radwegebedarfsliste angepasst und überarbeitet werden.
Zweitens, die Änderungen des Straßengesetzes: Autos haben Autobahnen, wir wollen jetzt Radschnellwege für die Fahrräder.
Radfahrerinnen und Radfahrer benötigen Wegebeziehungen unabhängig von der bisherigen Straßenführung, am besten kreuzungsfrei. Darüber hinaus würde damit die Trägerschaft zwischen
dem Land, den Kreisen und den Gemeinden geklärt. Und schließlich hat das auch juristische Konsequenzen, damit die Radschnellwege - genau wie Straßen - im Winter geräumt werden.
Der Antrag sieht außerdem eine Stärkung der Kompetenz und des Personals im Bereich Radverkehr vor - im Ministerium, aber auch im Landesbetrieb Straßenwesen und im Landesamt für
Bauen und Verkehr.
Kommen wir nun zu dem neu eingefügten Punkt. Herr Görke sagte gestern an einer Stelle „ohne Moos nichts los“. Wir wollen - wenn der Antrag angenommen wird -, dass in Zukunft transparenter wird, wie viele Mittel im Haushalt tatsächlich für den Radverkehr zur Verfügung stehen. Es soll im Ausschuss jährlich berichtet werden, wie die Mittel verwendet wurden Viel Grundsätzliches, und manches davon braucht auch etwas Zeit. Das heißt aber nicht, dass der Antrag nichts beinhaltet, was man bis dahin tun kann, damit man nicht bis dahin die Hände in den Schoß legt.
Die Koalition hat ja dafür gesorgt, dass mehr Geld für den Radverkehr zur Verfügung steht. Das heißt, während man auf die Überarbeitung der Radverkehrswegebedarfsliste wartet, kann man die aktuelle ja schneller und beschleunigt abarbeiten.
Es soll eine Lastenradprämie aufgelegt werden, mit der die Anschaffung
eines Lastenrads für private oder gewerbliche Zwecke gefördert wird.
Und schließlich möchte ich noch das vorhin erwähnte innovative Pilotprojekt ansprechen, das im Antrag enthalten ist. Wir können uns wirklich glücklich schätzen, dass wir das VBB-Tarifsystem haben. Nicht nur, dass wir zwei ganze Länder darin integriert haben, während in vielen Ländern mehrere Verkehrsverbünde bestehen; wir haben auch viele Verkehrsträger integriert: den Fernverkehr - wir hatten ja die Mündliche Anfrage zum VBB-Tarif aus Elbe-Elster -, den Regionalverkehr, die S-Bahn, die Straßenbahn, die U-Bahn, Busse und Fähren. Wie schön wäre es doch, wenn wir auch die Leihfahrräder gleich noch mit dabei hätten.
Stellen Sie sich vor, Sie setzen sich in den Zug, fahren nach Brandenburg an der Havel und planen, in Brandenburg ein Leihfahrrad zu nutzen. Es wäre doch super praktisch, wenn Sie ein Ticket ziehen könnten, in dem die Zugfahrt und das Leihfahrrad integriert sind - im besten Falle natürlich zu einem günstigeren Preis, als wenn Sie für die Zugfahrt und das Rad einzeln zahlen. Das soll in einem Pilotprojekt getestet werden. Wenn es gut läuft, können wir das natürlich deutlich ausweiten und hier auch
deutschlandweit Vorreiter sein.
Der Antrag beinhaltet weitere sinnvolle Vorschläge wie die Förderung
von Abstellanlagen, Diensträdern in Landesbehörden
oder der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen.
Das möchte ich nicht alles im Detail ausführen, sondern bitte an
dieser Stelle um Zustimmung zum Antrag.
- Vielen Dank.