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Heiner Klemp spricht zu: Aktuelle Stunde zu den Auswirkungen der Bundes-Corona-Notbremse

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Gäste,

erstaunlich, worüber sich die AfD so Gedanken macht. Geht es ihr doch eigentlich nur darum, den Staat und unsere freiheitlich demo­kra­tische Grundordnung zu diskreditieren und zu delegitimieren.

Aber, meine Damen und Herren, das wird Ihnen nicht gelingen. Die AfD hat ja ihren Zenit längst überschritten.

Und wenn es in dieser Aktuelle Stunde um Föderalismus geht, so geht es doch für die AfD eigentlich nur darum, auf welcher Ebene des Staates Sie die Bekämpfung des Virus am besten boykottieren kann, wo Sie versuchen kann, einen Kollaps unserer Gesellschaft herbeizuführen. Und nun will sie uns hier weis­machen, bei der Einführung der Bundes-Notbremse durch den Bundestag handele es sich quasi um eine Art Staatsstreich.

Das stimmt natürlich nicht, wie so manches, was die AfD behauptet. Schließlich fallen „Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren“ nach Artikel 74(1) Nr. 19 GG in den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung. Und Artikel 72 (1) GG bestimmt dazu: „Im Bereich der konkurrie­renden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetz­gebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungs­zuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.“

Genau dieses hat der Bund jetzt getan. Kein Grund sich aufzuregen.

Interessant an dieser Stelle ist ja immer auch mal über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Sie, meine werten Kolleginnen und Kollegen, haben mich ja in den Kongress der Gemeinden und Regionen Europas entsandt. Der Kongress hat sich in seiner letzten Plenarsitzung ausführlich mit der Frage beschäftigt, welche Auswirkungen die Coronakrise europaweit auf die Verteilung von Kompetenzen zwischen den staatlichen Ebenen in einzelnen Ländern hatte.

Man sieht hier, dass die Länder sehr unterschiedlich vorgehen, dennoch gibt es einen Trend - von Ungarn bis Norwegen – den Trend, in der Krise zentralstaatliche Regelungen zu erlassen, die dann auf regionaler und lokaler Ebene ergänzt bzw. verschärft werden können. Das ist der Weg, den jetzt auch Deutschland beschreitet.

Mit den Empfehlungen Nummer 453 haben wir in der Sitzung des Kongresses im März zum Ausdruck gebracht, dass die schwere Krise durchaus auch die Einführung einheitlicher Regelungen inner­halb des gesamten Landes erfordern kann. Der Kongress besteht aber darauf, dass das ausschließlich innerhalb der verfassungsgemäßen Gewaltenteilung erfolgt und die wertvolle Rolle der lokalen Behörden bewahrt. Die Zentralisierung, so der Kongress weiter, dürfe daher nur temporär sein.

Meine Damen und Herren,

die Einführung der Bundes-Notbremse durch den neuen §28b IfSG verletzt nicht die verfassungsgemäße Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern und ist bis zum 30.06.2021 befristet. Insofern sind auch die europaweiten Kriterien eingehalten. Kein Grund sich aufzuregen, wie es die AfD hier künstlich tut.

Was mich aber aufregt, ist, dass Sie von der AfD hier einmal mehr versuchen, Geschichtsklitterung und ‑verharmlosung zu betreiben, heute mal bezogen auf den Begriff der Gleichschaltung

Zwischen dem 31. März und dem 7. April 1933 erfolgte die Gleichs­chaltung der damaligen Länder des Deutschen Reiches durch die NSDAP. Sie verloren dadurch ihre Souveränität und Existenz im staatsrechtlichen Sinne, das Deutsche Reich wurde zu einem Einheits­staat. Die Gleichschaltung im Allgemeinen betraf darüber hinaus die Kontrolle über alle Vereine und Massenorganisationen, über die Gewerkschaften, über die Presse usw.

Der Vergleich zu unseren heutigen Corona-Maßnahmen, zu tempo­rären Zentralisierungen, die gerade einmal 2 Monate gelten werden, ist einfach abstrus. Er wird von rechtsextremen Kreisen nur benutzt, um unsere freiheitliche und föderale Ordnung zu delegiti­mieren, nicht um sie zu schützen!

Wir leben heute in einer Gesellschaft, in der es noch nie so einfach war, eine abweichende Meinung zu publizieren. Das Internet ermöglicht es heute jedem und jeder, auch noch so abstruse Meinungen zu publizieren. Und davon wird ja gerade in diesen Tagen umfassend Gebrauch gemacht. In unserer Gesellschaft ist es ja sogar rechtsextremen, verfassungs­feindlichen Parteien erlaubt, bei Wahlen zu kandidieren! Liberaler und pluralistischer kann eine Gesellschaft kaum sein!

Meine Damen und Herren,

natürlich können, sollen und müssen wir über jede einzelne Maß­nahme, über jede Gesetzesänderung, auch über die Folgerungen aus wissenschaftlichen Daten streiten und das tun wir ja auch ausgiebig in den letzten Monaten. Das ist Demokratie. Gefahren für unsere Demokratie gehen aber von einer rechtspopu­listischen Partei aus, die Rechtsextremisten in ihren Reihen duldet oder gar von ihren angeführt wird. Ihr gegenüber werden weiterhin alle Demo­kraten die Demokratie verteidigen.

Vielen Dank.