- Es gilt das gesprochene Wort!Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste!
Der geplante Sonderschuldenfondsfür den BER hat ja bereits die Presseberichterstattung der letzten Wochenbeherrscht. Jetzt liegt der Gesetzentwurf vor, und ich muss sagen, er übertrifft meine allerschlimmsten Erwartungen. Der Anlass ist bekannt: Die Flughafengesellschaft braucht wieder einmal frisches Geld. Das ist nicht neu. Der entsprechende Aufsichtsratsbeschluss fiel bereits im Herbst letzten Jahres. Erstaunlich war auf den ersten Blick, dass im vorliegenden Haushaltsentwurf dafür keine Vorkehrung getroffen wurde. Mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf für einen Sonderschuldenfonds als Nebenhaushalt erschließt sich allerdings auch, warum, denn jetzt wird deutlich, dass sich der Finanzminister Freiräume verschaffen will, er will nicht bei jeder Gelegenheitdas das Parlament beschäftigen, und er will Schulden des Landes aufnehmen, ohne von seinem Versprechen, die Nettokreditaufnahme gleich null zu halten, formal abzurücken.
(Beifall B90/GRÜNE und CDU)
Nachdem jetzt, fast drei Jahre nach der verpatzten Eröffnung am 3. Juni 2012, auf der BER-Baustelle wieder halbwegs gearbeitet wird, wird auch das Ausmaß des Schadens erkennbar. 3,4 Milliarden Euro wurden für den BER seit damals von den Gesellschaftern zusätzlich gefordert. 1,2 Milliarden Euro wurden bereits im Sommer 2012 bereitgestellt, sind aber mangels Bauvorschriften bis heute noch nicht vollständig abgerufen. Weitere 2,2 Milliarden Euro werden von den Gesellschaftern bei der EU zur Freigabe - egal ob Notifizierung oder PIT - beantragt, von denen 1,1 Milliarden Euro mit dem Landesanteil in Höhe von 409 Millionen Euro in einem ersten Schritt aus diesem Sonderschuldenfonds zur Verfügung gestellt werden. Das Geld wird übrigens gebraucht, nicht um die Kapazität zu erweitern - also nicht mehr Flughafen für mehr Geld -, sondern einzig und allein, um ihn in seiner ursprünglich geplanten Kapazität fertigzustellen, und das ist in der Tat Politikversagen hoch drei.
Es werden also wieder 400 neue Millionen plus X in den Flughafen fließen. Aber - und da täuschen Sie sich, lieber Herr Bretz -, wer im Gesetz dafür eine Obergrenze sucht, der sucht sie vergeblich; denn im Gesetzestext gibt es nach oben keine Grenze,sondern es wird an den Wirtschaftsplan angeknüpft, das heißt, es kann jederzeit ausgeweitet werden, und selbstverständlich sind dann auch 800 Millionen Euro oder 1 Milliarde Euro noch lange nicht das Ende der Fahnenstange, und dazu ist eben auch keine Gesetzesänderung erforderlich. Die einzige wirkliche Beschränkung im Gesetz besteht darin, dass 2019 Gott sei Dank die Schuldenbremse greift und spätestens ab diesem Zeitpunkt auch für den Sonderfonds keine neuen Kredite mehr aufgenommen werden dürfen.
Herr Minister Görke, warum Sie allerdings für diesen Sonderfonds neue Schulden machen wollen, war mir bisher ein Rätsel. Nach Ihrer heutigen Rede ist es kein Rätsel mehr; denn indem Sie die Gelder nicht aus der Rücklage entnehmen, bevorraten Sie sich das Recht, weitere Schulden in gleicher Höhe zu machen. Das war im Kern die Quintessenz Ihrer Aussage.
Wir wollen in der Tat statt Sonderschulden ein wirkliches Sondervermögen. Das heißt, dass die Gelder auch zur Verfügung gestellt werden müssen und nicht durch zusätzliche Kredite aufgenommen werden sollen. Wenn die Prognosen stimmen, die Frau Fölster dem Sonderausschuss BER noch Ende 2014 gegeben hat und die wohl die Grundlage für die frohgemuten Ankündigungen des Ministers auch heute wieder waren, können diese Gelder schon kurz nach Eröffnung des Flughafens zurückgezahlt werden - mit Zins und Zinseszins wohlgemerkt. Sie wollen - und das irritiert mich und wird vermutlich auch die EU im Notifizierungsverfahren irritieren - die anfallendenZinsen allerdings nicht sofort der FBB weiter belasten, sondern erst einmal vorschießen, und setzen entsprechende Einnahmen im Wirtschaftsplan mit Null an. Wieso das? Das erschließt sich wirklich überhaupt nicht. Denn eigentlich müssten Sie zumindest den Marktzins verlangen und auch die entsprechenden Beträge einstellen.- Übrigens 612 000 Euro sind für nächstes Jahr hier an Ausgaben vorgesehen.
Auch Ihnen macht es natürlich Sorge, denke ich, dass die frohgemuten Ankündigungen vermutlich nicht eintreten werden. Sie haben sich deswegen im Gesetzentwurf auch ausdrücklich vorbehalten, dass dieses Darlehen, ohne dass der Landtag nocheinmal darüber entscheiden muss, allein mit Zustimmung des Haushaltsausschusses in einen verlorenen Zuschuss umgewandelt werden kann, § 2 Abs. 2 des Gesetzentwurfs. Ich denke, das geht gar nicht. Sie sollten nicht auf die verschleierte Aufnahme neuer Schulden setzen, Sie sollten nicht zu derartigen Tricks greifen. Das gesamte Projekt ist unselig. Ja, es ist wahr, wir müssen es fertigstellen. Deswegen werden wir uns am Ende auch nicht verschließen, Mittel zur Verfügung zu stellen. Allerdings, das Vertrauen in dieses Projekt wurde in den letzten Jahren durch verschleiern, tricksen und täuschen gründlich verspielt. Es wäre an der Zeit, damit aufzuhören. Der Gesetzentwurf deutet allerdings nicht darauf hin. - Recht herzlichenDank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall B90/GRÜNE, AfD und BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)