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Axel Vogel spricht zu unserem Gesetzentwurf „Brandenburgisches Gesetz zur finanzpolitischen Vorsorge für die steigenden Ausgaben der Beamtenversorgung“

>> Unser Gesetzentwurf „Brandenburgisches Gesetz zur finanzpolitischen Vorsorge für die steigenden Ausgaben der Beamtenversorgung“ als pdf-Datei.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass jeder hier im Raum ungefähr eine Vorstellung hat, wie hoch die Verschuldung des Landes Brandenburg ist. Offiziell beträgt sie 18,2 Milliarden Euro. Da das Land aber aktuell unter anderem über eine Schwankungsreserve - die allgemeine Rücklage - in Höhe von inzwischen rund 1,5 Milliarden Euro verfügt, Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet wurden, Mittel nicht so abfließen wie geplant, beträgt die tatsächliche Verschuldung am Kreditmarkt - am 30. Juni 2017 war das so - lediglich 15,7 Milliarden Euro, also deutlich weniger. Die reale Verschuldung ist also weit stärker rückläufig, als die Tilgungen der letzten Jahre anzeigen. Jetzt könnte man sagen: Alles in Butter! Diesen Eindruck kann man aber nur dann gewinnen, wenn man die Pensionsverpflichtungen des Landes gegenüber seinen Beamten ausblendet.

Das letzte uns vorliegende versicherungsmathematischen Gutachten für die Finanzierung der Pensionsverpflichtungen des Landes gibt den Barwert der Pensions- und Beihilfeverpflichtungen für die vor dem 1. Januar 2009 neu begründeten Beamten-, Richter- und Amtsverhältnisse mit etwa 30 Milliarden Euro an, also fast das Doppelte der Verschuldung des Landes am Kreditmarkt. Hinzu treten die Pensionsverpflichtungen für die seit 2009 neu eingegangenen Verbeamtungen. Der Barwert ist dabei abhängig von den zugrunde gelegten Zinssätzen. Liegen diese über 2 %‚ reduziert sich der Barwert. Liegt der Zinssatz darunter, was gegenwärtig eher wahrscheinlich ist, steigt der Barwert. Sollten in Zukunft dann noch die eingeplanten Besoldungserhöhungen höher ausfallen, als ursprünglich geplant, können aus 30 Milliarden Euro auch plötzlich 40 Milliarden oder mehr werden. Auf jeden Fall können wir sagen: Es bestehen schon heute Zahlungsverpflichtungen mindestens in der genannten Höhe von 30 Milliarden Euro.

Geschuldet ist diese Situation den Anfangsjahren, in denen Brandenburg im öffentlichen Dienst verbeamtet hat, was nur zu verbeamten ging. Im Gegensatz zu allen anderen ostdeutschen Bundesländern wurden hier beispielsweise die Lehrerinnen und Lehrer im Regelfall verbeamtet. Oder auch die Forstbediensteten wurden - bis auf die Waldarbeiter - verbeamtet.

Heute sind in den Stellenplänen des Landes 38 127 Beamtenstellen ausgewiesen, von denen allerdings nur 30 259 mit Beamten besetzt sind. Würden auch diese Stellen - es sind immerhin 7 868 - mit Beamten besetzt, erhöhten sich die Pensionsverpflichtungen noch einmal um 25 %‚ also dann ganz sicher auf mindestens 40 Milliarden Euro.

Die jährlichen Zahlungen zur Versorgung in den Ruhestand versetzter Beamtinnen und Beamten werden sich dem Gutachten entsprechend bis zum Jahr 2045 von heute gut 220 Millionen Euro auf dann mindestens 1,3 Milliarden Euro pro Jahr versechsfachen. Vorsorge wurde bisher durch das Ansparen von rund 550 Millionen Euro im Versorgungsfonds des Landes Brandenburg getroffen. Aber das reicht bekanntermaßen nicht aus, zumal aus guten Gründen die Einzahlungen in den Versorgungsfonds ausgesetzt wurden. Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen hatte deshalb Anfang Februar eine Anhörung zur Frage der Abfederung der zukünftigen Pensionslasten durchgeführt. Allen war ja klar, dass das Moratorium sinnvoll ist, aber keine Lösung der zukünftigen Probleme darstellt. Verabredet war, Sachverständige zu hören, um darauf aufbauend später eine vertiefte Diskussion zu führen und Lösungen zu erarbeiten. Seitdem gilt aber: Still ruht der See.

Auch die Intervention des Landesrechnungshofpräsidenten Weiser in der Plenardebatte am 28. Juni dieses Jahres hat keine Auswirkungen gezeitigt. Präsident Weiser wies darauf hin, dass neben Rheinland-Pfalz Brandenburg aktuell das einzige Bundesland ist, das keine Vorsorge für zukünftige Pensionszahlungen leistet. Er kritisierte außerdem, dass trotz erzielter Überschüsse in nur zwei von sechs Jahren Altschulden getilgt wurden. An anderer Stelle hat Herr Weiser ausgeführt, dass Brandenburg wenigstens in Höhe der bisherigen Einzahlungen in den Pensionsfonds zukünftig Staatsschulden tilgen sollte, um zukünftige Haushalte zu entlasten. Er empfahl eine gesetzlich verankerte Regelung zur Schuldentilgung und begründet dies auch:

„Mit dieser Regelung vermindern Sie.

- also wir -

künftige Belastungen des Landeshaushalts und haben mehr Spielraum für Versorgungsausgaben. Dass die Spielräume künftig geringer werden, ist gewiss."

Genau deswegen legen wir heute diesen Gesetzentwurf vor. Alle Anzuhörenden hatten sich gegenüber dem Finanzausschuss für ein regelgebundenes System zur Abfederung der zukünftigen Versorgungsausgaben ausgesprochen, denn wer heute über die Neueinstellung eines Beamten entscheidet, muss eigentlich eine Planung bis 2070 anstellen. Ein heute Dreißigjähriger hat eine weitere Lebenserwartung von 50 Jahren; wenn es sich um eine Frau handelt, ist es vermutlich sogar etwas mehr.

(Frau Nonnenmacher [B90/GRÜNE]: Richtig!)

Hinzu kommen mögliche Ansprüche von Hinterbliebenen. Insofern ist ein sehr weiter Planungshorizont nötig, und wir alle, die wir hier sitzen, werden an den Dingen, die das Jahr 2070 betreffen, nach allen Regeln der Kunst nicht mehr beteiligt sein.

Die Verlagerung der Versorgungskosten von Beamten in die Zukunft gegenüber einer Einzahlung im laufenden Haushaltsjahr in die gesetzliche Rentenversicherung, wie dies bei Tarifbeschäftigten der Fall ist, führt zu Verzerrungen in der Wahrnehmung der haushaltspolitischen Realitäten. Das führt dazu, dass es bei dem derzeitigen System tendenziell zu starke Anreize zur Ausweitung des Personals gibt. Man berücksichtigt nur die laufenden, aber nicht - oder zumindest nicht adäquat - die weit in der Zukunft liegenden Kosten.

Das Verschieben von finanziellen Lasten in die Zukunft bedeutet aber auch, dass die verfügbaren Mittel für Investitionen, Daseinsvorsorge oder Zuschüsse an Dritte zukünftig schrumpfen und damit die Spielräume der Politik in der Zukunft eingeschränkt werden.

Wir brauchen also eine bessere Transparenz bei den Personalkosten, damit sowohl die Regierung als auch der Landtag weiß, welche Kosten mit jeder einzelnen Stelle verbunden sind. Und wir müssen tatsächlich auch zukünftige Zahlungsverpflichtungen abbauen.

Die dramatische Entwicklung der Versorgungsausgaben wird durch die schon bestehenden Verbeamtungen verursacht; daran lässt sich nur noch wenig ändern. Unser Vorschlag, den wir übrigens von Thüringen übernommen haben, besteht daher darin, jährlich eine über alle Beamtinnen und Beamten gemittelte pauschalierte Summe zu tilgen. Damit wird Transparenz - zumindest in Ansätzen - hergestellt und werden gleichzeitig zukünftige Zins- und Tilgungslasten verbindlich abgebaut.

Thüringen hat die Differenz zwischen den laufenden Personalkosten einer Tarifbeschäftigten und den Besoldungskosten einer Beamtin auf pauschal 5 500 Euro taxiert. Damit wäre im laufenden Haushaltsjahr zumindest ein einheitlicher Kostenansatz zwischen Angestellten und Beamten dargestellt.

Brandenburg hat derzeit eine sehr gute Einnahmesituation. Zwischen 2010 und 2016 hat das Land einschließlich der Kommunen nach dem Finanzausgleich ein Wachstum der Steuereinnahmen von knapp etwas 8 % pro Jahr gehabt; die inzwischen aufgebaute Rücklage in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro hatte ich angesprochen. In dieser Zeit wurde aber nur ein sehr kleiner Teil, nämlich 471 Millionen Euro dieser Mehreinnahmen, in den Schuldenabbau gesteckt. Für 2017 stehen erneut Mehreinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe ins Haus.

Mit unserem Gesetz wollen wir die Kostentransparenz erhöhen, gleichzeitig zukünftige Zinslasten real abbauen. Dieses Gesetz führt also zu einem doppelten Effekt: Es wird deutlicher sichtbar, dass Beamte nicht kostengünstiger sind als Tarifbeschäftigte - jedenfalls nicht auf lange Sicht -‚ und die zukünftig anfallenden Zinsausgaben werden reduziert. Wir führen damit auch eine in der Anhörung zu dem Thema geforderte regelgebundene Form der Vorsorge ein.

Ich bitte um Zustimmung zur Überweisung des Antrags an den Haushaltsausschuss. Wird dem nicht gefolgt, bitte ich um Zustimmung zu dem Antrag. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vizepräsident Dombrowski:

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Schmidt.

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Herr Schmidt, bitte zuhören, denn ich bitte um eine Antwort. Sie haben ausgeführt, dass Sie - jetzt neu - aus den Überschüssen, die Sie erzielen, die Hälfte zur Schuldentilgung heranziehen wollen; das war heute auch Gegenstand der Regierungserklärung. Der Ministerpräsident hat heute Morgen angekündigt, dass von den 220 Millionen Euro Mehreinnahmen 110 Millionen Euro für Tilgung herangezogen werden. Gleichzeitig hat er gesagt, dass 200 Millionen Euro aus der Rücklage genommen werden.

Ich hatte vorhin versucht darzustellen, dass wir auf der einen Seite die offizielle Staatsverschuldung von 18,2 Milliarden Euro haben. Die Tilgung von 110 Millionen Euro führt dazu, dass die Staatsverschuldung auf 18,1 Milliarden Euro sinkt. Gleichzeitig will der Ministerpräsident aus der Rücklage 200 Millionen Euro nehmen. Das bedeutet, dass die auf dem Kreditmarkt aufgenommene Summe um 200 Millionen Euro steigt, nämlich von 15,7 auf 15,9 Milliarden Euro. Das ist nicht einmal ein Nullsummenspiel, sondern es bedeutet eine Ausweitung der Staatsverschuldung. Von daher denken wir, dass es vor dem Hintergrund tatsächlicher Mehreinnahmen sinnvoll ist, regulär in Tilgungen einzusteigen.

Ich hatte durchaus Sympathie für Ihre Position. Wir haften ja die Diskussion beim Haushalt. Ich hafte damals den von Herrn Bretz vorgestellten Antrag abgelehnt. Angesichts der aktuellen Einnahmesituation und angesichts dessen, dass wir die Anhörung im Ausschuss durchgeführt hatten, wo es ausdrücklich als ein Instrument angesehen wurde, zukünftige Beamtenpensionszahlungen abzumildern, habe ich meine Meinung - jedenfalls an dieser Stelle - geändert. Ich würde mich deswegen freuen, wenn Sie wenigstens die Möglichkeit eröffnen, im Ausschuss, im Ergebnis der Anhörung, darüber noch einmal intensiv zu diskutieren. - Recht herzlichen Dank.

Vizepräsident Dombrowski;

Der Abgeordnete Schmidt möchte reagieren. Bitte schön.

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Recht herzlichen Dank für die umfangreiche Diskussion. Ich möchte einmal darauf hinweisen, dass es im Kern darum ging, dass wir 50 Milliarden Euro plus x an Schulden haben und dass es darum ging, diesen Schuldenberg zu verringern. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man verringert die Pensionsverpflichtungen - da hat sich über den Pensionfonds herausgestellt, dass das nicht weit trägt - oder man verringert die Staatsverschuldung. Insgesamt muss doch aber das Ziel sein, von diesen Schulden herunterzukommen.

Frau Prof. Färber, die übrigens von uns für die Anhörung vorgeschlagen wurde, war zumindest in einem Punkt eindeutig: Sie war ganz entschieden gegen einen Pensionsfonds. Insofern verstieß zumindest das, was unser Minister hier dargestellt hat nämlich dass irgendwann einmal die Einzahlungen in den Pensionsfonds wieder aufgenommen werden konnten, in jeglicher Form gegen das, was Frau Prof. Färber vorgebracht hat.

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Frau Färber hat - das ist richtig - einen Investitionsfonds als Alternative vorgeschla-gen. Aber das funktioniert ja nur dann, wenn die Investitionen am Ende tatsächlich eine Rendite abwerfen, die höher ist als die Kapitalmarktrendite. Aber ich bin nicht davon überzeugt, dass das garantiert immer zutrifft.

Jetzt ist nun die Alternative, dass die Landesregierung - Sie hätten das als Umsetzung des Vorschlags von Frau Färber bringen können - einen solchen Investitionsfonds auflegen möchte. Aber es ist zu keinem Zeitpunkt seitens der Landesregierung mit den zukünftigen Pensionszahlungen verknüpft worden.

Es ist richtig: Es gab keine einheitliche Expertenmeinung, aber der Großteil der Experten war gegen diesen Pensionsfonds, so wie er bis dato bestanden hat. Die Expertinnen und Experten waren weitestgehend dafür, entweder Schulden zu tilgen oder zu einem solchen Investitionsfonds zu kommen.

Zur Höhe des Fonds in Thüringen einen Satz noch: Dass es in Thüringen weniger Einzahlungen gibt, ist ganz eindeutig zu erklären. Thüringen hat bisher keine Lehrer verbeamtet. Insofern hat sich das Problem in Thüringen auch gar nicht so gestellt. Wir haben den Betrag von 166 Millionen Euro, weil wir den hohen Vorlauf hatten.

Schade, dass Sie den Antrag nicht überweisen, aber wir werden dies bei Gelegenheit dann anders in den Ausschuss einbringen. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Unser Gesetzentwurf wurde abgelehnt und nicht in den Ausschuss überwiesen.