- Es gilt das gesprochene Wort ! -
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Der vorgelegte Haushaltsentwurf für das Wirtschaftsministerium ist nicht auf der Höhe der Zeit. Die aktuelle Wirtschaftsdiskussion im Lande ist schon wesentlich weiter als das Festhalten an traditionellen Förderprogrammen im Einzelplan des Wirtschaftsminister suggeriert.
Der von der Zukunftsagentur Brandenburg gemeinsam mit der Innovationsagentur Berlin ausgerichtete Innovationsgipfel hat gezeigt, dass die Zukunft nicht mehr bei einem auf wenige räumliche Standorte fixierten Stärken stärken Konzept beruhen kann, sondern der Wechsel zu einem Clustermanagement überfällig ist und ausdrückliches Lob auch in den ersten Ansätzen auch vollzogen wird. Clustermanagement heißt Zukunftsbranchen im gesamten Land Brandenburg und Berlin in den Blickwinkel nehmen und die Förderpolitik vollständig an diesen Zukunftsfeldern ausrichten. Diese Politik hat sich in anderen Bundesländern wie Bayern schon bewährt und wird von uns nachdrücklich unterstützt. Auch die Auswahl der Zukunftsfelder trifft mit Ausnahme der von Berlin abgelehnten, aber unveränderten Fixierung unseres Wirtschaftsministers auf CCS und Braunkohletechnologien unsere Zustimmung.
Das Grundproblem der Wirtschaftsförderung dieses Ministeriums ist, dass die wesentlichen Förderprogramme immer noch auf Grundlage eines überholten operationellen Programms der Vorgängerregierung beruht.
"Bei der Wirtschaftsförderung setzten wir verstärkt auf revolvierende Fonds. Die Zuschussförderung wird dabei auf eine Darlehensförderung für Unternehmen umgestellt".
Diese richtige Zielformulierung stammt nicht aus dem Wahlprogramm von Bündnis 90/ Die Grünen. Sie stammt nicht von der Fraktion, die in den Haushaltsverhandlungen zum Einzelplan 08 Änderungsanträge zu Gunsten von Fonds und Darlehensprogrammen in Höhe von insgesamt 26 Millionen Euro gestellt haben.
26 Millionen Euro! - Spinnen die Grünen? Sind die weltfremd?
Nein, mit diesen Anträgen würde nur die Mittelzuführung für revolvierende Fonds des Haushaltsjahres 2010 erreicht werden, d.h. der Einzelplan 08 für das Jahr 2011 reduziert die Zuführungen um mehr als 26 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr.
Warum? Muss das Ministerium für Wirtschaft einen so hohen Konsolidierungsbeitrag leisten?
Das Ministerium für Wirtschaft führt die Ausgaben des Einzelplans 08 um knapp 6 Millionen Euro zurück. Diese Einsparung lässt sich vollständig durch die Kürzungen bei den Zuführungen zu den Darlehensfonds erklärne.
- Innerhalb der Hauptgruppe 8 werden darüber hinaus noch einmal 6 Millionen Euro den revolvierenden Fonds entzogen. Profiteure sind zum Beispiel private Unternehmen, die durch den Titel „Zuschüsse für Investitionen an private Unternehmen" mehr Zuschüsse/Geschenke erhalten.
- Knapp 12 Millionen Euro aus den Zuweisungen an die revolvierenden Fonds werden in die Erhöhung von Titeln der Hauptgruppe 6 gesteckt. Konsumtive Ausgaben statt nachhaltige Investitionsförderung. Ein Armutszeugnis für Gestaltungsansprüche der Wirtschaftsentwicklung unseres Landes.
- 2 Millionen Euro werden für eine Steigerung der sächlichen Verwaltungsausgaben herangezogen, obwohl die Personalausgaben im Einzelplan stagnieren.
"Bei der Wirtschaftsförderung setzten wir verstärkt auf revolvierende Fonds. Die Zuschussförderung wird dabei auf eine Darlehensförderung für Unternehmen umgestellt".
Diese Zielformulierung stammt aus der 1-Jahresbilanz der Linken. Eine schöne Zielformulierung.
Selten haben wohl Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander geklafft.
Aus der Mittelfristigen Finanzplanung ist erkennbar, dass es 2011 noch einmal eine gegenüber 2010 verminderte Mittelbereitstellung für Darlehensförderung. Danach ist erst einmal für den Rest der Förderperiode Schluss. Das KOSTA-Programm zur Stärkung von Unternehmen wurde von den Koalitionsfraktionen zur Abdeckung anderer Maßnahmen sogar noch in den Haushaltsberatungen im Ausschuss zusammengestrichen.
Begründung:
Darlehen werden nicht so nachgefragt - welch eine Überraschung: Investitionszuschüsse (Geschenke) werden gleichzeitig reichlich angeboten. Für eine weitergehende Umsteuerung müssten wir erst bei der EU Änderungen unseres operationalen Programms notifizieren lassen, das dauert uns zu lange.
Dieses Argument können wir nicht akzeptieren: Die Förderperiode läuft noch bis 2013, unseres Erachtens, Zeit genug nicht nur über geänderte Weichenstellungen zu reden, sondern diese auch umzusetzen.
Ich denke, Herr Minister., auch Ihre Fraktion wird meiner Aussage zustimmen: „Für sinnvolle Investitionszuschüsse stehen im Einzelplan 08 ausreichend Mittel zur Verfügung."
Als mehr oder minder direkte Antwort auf die 1-Jahres Bilanz Ihrer Fraktion, beantragte Ihr Wirtschaftsminister im Vorgriff auf die Folgejahre die Verpflichtungsermächtigungen für Industrieansiedlungen nach §10 Haushaltsgesetz weit zu überziehen. Der Antrag belastet die Haushalte der Folgejahre in Höhe von 66,5 Millionen Euro. 22 Millionen Euro an Investitionen sind pro Haushaltsjahr bis 2013 schon ausgegeben.
Auch im Haushaltsvollzug 2010 sind die Auswirkungen dieser Überbeanspruchung der bereitgestellten Mittel für Investitionszuschüsse deutlich zu spüren. Im Ergebnis werden u.a. Nachrangsdarlehen in Höhe von 14,5 Millionen Euro belastet.
Ich fasse zusammen, ein Wirtschaftsminister der Linken, überzieht den Bewilligungsrahmen bei der Zuschussförderung im Jahr 2010. Die Deckungsvorschläge sind zuvorderst
- 14,5 Millionen Euro Kürzungen bei Nachrangdarlehen und
- die Belastung der zukünftigen Wirtschaftsförderung um 66,5 Millionen Euro.
Und wozu das Ganze?
- Da werden mit dem Höchstfördersatz von 30 Prozent Firmenumzüge von Tegel nach Schönefeld bezuschusst, die auch ohne einen Euro Zuschuss zwangsläufig gekommen wären: Finanzierung von reinen Mitnahmeeffekte statt Mittelbereitstellung für Zukunftsbranchen.
- Noch schlimmer, dass die Förderung der Tabakwarenindustrie als Zukunftsbranche "Nahrungsmittelindustrie" firmiert.
- Am schlimmsten aber, dass bei einem linken Wirtschaftsminister die Förderrichtlinien zurecht gebogen werden, um Brandenburg weiterhin als Niedriglohnland attraktiv zu halten.
Der Landesförderausschuss hatte bereits 2002 eine Anhebung des Arbeitsgeberbruttos auf 35.000 € als Mindestlohn beschlossen als Voraussetzung für den Bezug von Lohnkostenzuschüsse aus der GAW. Diese Regelung wurde dann ab 1.9.2007 auch wirksam mit der Ausnahmeregelungen einer Einzelfallprüfung.
Es verwundert nicht, dass von dieser Einzelfallregelung unter Wirtschaftsminister Junghanns exzessiv Gebrauch gemacht wurde. Jetzt will das Wirtschaftsministerium laut aktuellem Landesrechnungshof-Bericht (Seite193) ein Arbeitsgeber-Mindestbrutto von 25.000 € festlegen.
Begründung:
- das bestehende Gehaltsniveau in Call-Centern und
- Erhalt der Konkurrenzfähigkeit des Landes gegenüber den anderen Bundesländern bei der Investorenansiedlung.
Besonders erschreckend ist diese unnötige Fortführung der Wirtschaftspolitik des Vorgängers:
Gegenwärtig haben wir von niedrigen Niveau ausgehend in Brandenburg eine positive Wirtschaftsentwicklung
- Brandenburg ist bei dem Zuwachs von Beschäftigten im 3. Quartal 2010 an erster Stelle.
- Brandenburg steigerte die Erwerbstätigen im Vergleich zum Vorjahr um 1,4 %.
- Motor dieser Steigerung ist das Produzierende Gewerbe. Die Industriebeschäftigung wächst um 1,2 % und das Baugewerbe um 2%. Das Verarbeitende Gewerbe/Industrie in Brandenburg steigert Ihre Beschäftigten um 1500 Menschen, obwohl der Bundestrend mit 1,3% rückläufig ist.
Das ist ein Erfolg! Und sollte Anlass genug sein von der Bezuschussung von Niedriglöhnen im Dienstleistungssektor abzugehen.
Ich denke, im Zusammenhang mit der Auswertung dieses Ergebnisses sollte die Linke mit ihrem wirtschaftsfreundlichen Wirtschaftsminister mal ein ernstes Wort reden. Mit nachhaltigen Einsatz von öffentlichen Fördergeldern hat das jedenfalls nichts zu tun.
Genauso wenig übrigens wie das entschiedene Eintreten des Ministers für den niedrigsten zulässigen Gewerbesteuersatz Deutschlands (200 BP) in Schönefeld.
Von der Vorliebe unseres Wirtschaftsministers für CCS und neue Tagebaue, Freileitungen statt der Erdverkabelung von Hochspannungs- geschweige denn von Höchstspannungsleitungen mal ganz zu schweigen.
Im Gegensatz zu unserem Wirtschaftsminister kann ich übrigens die Position des Cottbuser Bundestagswahlkreisabgeordneten, Herrn Neskovic von der Linken, gut nachvollziehen, der mitsamt seiner Fraktion die Vergabe des Ressourceninstituts nach Sachsen unterstützte, da Brandenburg sich wieder einmal allein auf das Auslaufmodell Braunkohle und CCS kaprizierte, Sachsen dagegen das für die Rohstoffversorgung unserere Zukunftsindustrien entscheidende Thema "Seltene Erden" in den Mittelpunkt rückte.
Anscheinend haben die im Jahresrhythmus sich wiederholenden Platzierungen der Lausitzer Braunkohlelandkreise auf den hinteren Plätzen des Zukunftsatlas Deutschlands immer noch keine ausreichende Wirkung im Wirtschaftsministerium hinterlassen. Langsam kann man wirklich die Hoffnung verlieren, dass diese Regierung ihre Lektion in puncto zukunftsfähiger und nachhaltiger Wirtschaftspolitik jemals lernen wird.