- Es gilt das gesprochene Wort!
Mit diesem Beschluss fordern wir den Landtag auf, eine außergewöhnliche Notsituation festzustellen, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und welche die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt. Genaugenommen stellen wir das Fortbestehen der schon für 2023 festgestellten Notlage fest. Denn die Herausforderungen für das Land, die sich im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ergeben haben, dauern an. Um diesen Herausforderungen begegnen zu können, schlagen wir vor, im nächsten Jahr 1.060 Millionen EUR zusätzlicher Kredite aufzunehmen. Um dies verfassungskonform tun zu können, nutzen wir die Möglichkeit einer Notlageerklärung gemäß Landesverfassung.
Auch der Bundeshaushalt leidet unter diesen Herausforderungen. Der Bundestag hat darauf bisher nicht mit der Erklärung einer Notlage reagiert. Er will die Möglichkeit zusätzlicher Kredite nicht nutzen, sondern reagiert mit Kürzungen im Haushaltsplan. Wir halten das für einen Fehler, den wir in Brandenburg nicht nachahmen sollten. Warum ist das ein Fehler? Aus volkswirtschaftlicher Sicht sind regelmäßig wiederkehrende staatliche Daueraufgaben nachhaltig nur durch Steuern und nicht durch Schulden zu finanzieren. Das schafft zugleich Spielräume, um bei künftigen Schocks ähnlich wie bei Corona durch Schuldenaufnahme flexibel reagieren zu können und die Zusatzlasten dieser Schocks über die Zeit zu glätten. Genau das tun wir jetzt. Also wir glätten die Zusatzlasten der öffentlichen Hand, die durch den Angriff Putins entstanden sind. Und natürlich sind das Entwicklungen, die außerhalb der Kontrolle des Landes Brandenburg liegen und die unsere Haushalte erheblich beeinträchtigen.
Wenn der Haushalt im nächsten Jahr ohne neue Schulden auskommen müsste, was wären die Folgen? Was würde also passieren, wenn der Landtag den Vorschlägen von Teilen der Opposition folgen und die Landesregierung für 2024 keine neuen Schulden in dem hier vorgeschlagenen Umfang aufnehmen könnte? Dann müssten Familien mit geringeren Einkommen wieder deutlich höhere Kitabeiträge zahlen, Krankenhäuser, Kommunen, Einrichtungen und Organisationen der sozialen Infrastruktur würden angesichts steigender Inflation in finanzielle Schwierigkeiten kommen. Angebote und Einrichtung müssten schließen, das sowieso schwierig zu findende Personal wäre erst mal weg. Zu uns kommende Arbeitskräfte könnte nicht so schnell in Lohn und Brot gebracht werden und würden den Sozialstaat stärker beanspruchen, die Abhängigkeit der öffentlichen Hand und der Unternehmen von fossilen Energieträgern könnte nicht so schnell reduziert werden. Kurzum, die Krise würde sich weiter verschärfen, Steuereinnahmen auf breiter Front einbrechen, Menschen würden arbeitslos, die soziale Not größer und die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft abnehmen. Wir hätten dann sicher weniger für Zins und Tilgung auszugeben, aber eben auch auf absehbare Zeit deutlich weniger Einnahmen. Wir müssen bestehende Strukturen über den externen Schock hinweg stützen, um sie danach nicht wieder mühsam über Jahre hinweg aufbauen zu müssen!
Lassen Sie mich etwas grundsätzlicher werden: Warum gibt es in Ländern wie unserem einen vergleichbar hohen Wohlstand? Diesen Wohlstand gibt s nicht, obwohl wir einen sehr gut ausgebauten Sozialstaat haben, sondern weil wir in einer sozialen Marktwirtschaft leben, weil die immer wieder kehrenden Krisen eben nicht zur existenziellen Bedrohung einzelner werden. Moderne Gesellschaften profitieren von der sozialen Absicherung durch den Staat. Ein starker Staat, der eine leistungsfähige Infrastruktur bereitstellt, ist die Voraussetzung für den Wohlstand, wie wir ihn kennen und schätzen. Und weil das so ist, werden wir das nicht gefährden und nutzen die Möglichkeiten, die es in Zeiten der Schuldenbremse – die im Übrigen reformiert gehört – gibt, um das tun zu können.
Der Bedarf, den externen Schock für unsere Volkswirtschaft durch eine moderate Neuverschuldung abzufedern und gewissermaßen zu glätten, besteht auch im kommenden Jahr. Daher empfehlen wir den Beschluss zu fassen, der der Landesregierung dazu die Möglichkeit gibt.