>> Zum Antrag: Luftbelastung durch Ultrafeinstaub am künftigen Flughafen BER messen (pdf-Datei)
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte wenige Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wissen Sie eigentlich, wie gefährlich es ist, an einem Flughafen zu wohnen, wie gefährlich es ist, bald am Flughafen BER zu wohnen? Ein paar von Ihnen wohnen dort, die wissen das. Ich möchte Sie gar nicht mit statistischen Daten langweilen, und natürlich leben wir in einem friedlichen Land. Aber es gibt doch einige Punkte, die unseren Flughafenanwohnerinnen und -anwohnern Sorgen bereiten.
Vorweg: Darüber, dass einem so ein Flugzeug auf den Kopf fällt, muss man sich keine Sorgen machen. Ich habe einmal nachgeschaut, die Chance dafür liegt bei 1:30.000.000. Da wird man eher vom Blitz getroffen.
Was die Leute wirklich umtreibt, ist das Thema Fluglärm. Dieses Thema hatten wir hier sehr oft, und wir wissen: Lärm macht krank, er erhöht das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte - das gilt besonders für Nachtlärm. Das ist auch der Grund, aus dem wir Grüne uns so vehement für acht Stunden Nachtruhe einsetzen und dieser Flughafen das weltweit beste Schallschutzprogramm versprochen hat. Dieses steckt zwar noch in den Kinderschuhen; aber ich denke, die Chancen, dass wir das noch vor der Eröffnung des BER hinbekommen, steigen mit jeder Terminverschiebung.
Zu dieser Sorge wegen des Lärms kommt an den Flughäfen weltweit nun eine neue Sorge hinzu: Das ist die Sorge um Gefahren durch Ultrafeinstaub. Ultrafeinstaub ist der ganz besonders feine Feinstaub, der bei der Verbrennung von Kerosin durch Flugzeuge entsteht. Die Autofahrerinnen und Autofahrer unter Ihnen kennen das Prinzip vom Pkw. Dieses Thema hatten wir schon oft genug hier im Landtag. Unter anderem haben wir darüber geredet, ob unsere Städte Frankfurt (Oder), Cottbus und Potsdam die EU-Feinstaubgrenzwerte einhalten. In diesem Zusammenhang reden wir auch über Umweltplaketten, Umweltzonen und Verkehrsbeschränkungen. Wir machen das, weil wir wissen, dass Feinstaub gefährlich ist. Das Umweltbundesamt hat berechnet, dass in Deutschland 47.000 Menschen pro Jahr aufgrund der Feinstaubbelastung vorzeitig sterben.
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, was wir von Pkw und Feinstaub kennen, gilt umso mehr für Flugzeuge und den Ultrafeinstaub - mit einem Unterschied: Er ist noch gefährlicher.
Die Schweizer sind dafür bekannt, dass sie gründlich und sorgfältig prüfen; das haben sie auch hierbei getan. Das Schweizer Bundesumweltamt hat deutlich bestätigt: Je kleiner Feinstaub ist, desto gefährlicher ist er. Das liegt daran, dass der Feinstaub, wenn Sie ihn einatmen, über die Lunge in das Blut und in den gesamten Körper gelangt und dort Schäden anrichtet. Er richtet Schäden an, weil nicht nur der Ultrafeinstaub in Ihren Körper dringt, sondern zusätzlich alle kleinen Partikel, die bei der Verbrennung von Kerosin entstehen. Die Folgen können von Allergien bis zu Krebs reifen. Diese Gefahr ist so akut, dass es in Dänemark die anerkannte Berufskrankheit Krebs gibt. Flughafenmitarbeiter, die Krebs haben, werden dort als Berufskranke behandelt.
Das macht nicht nur den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Flughäfen weltweit Sorgen, sondern auch den Anwohnern; denn Ultrafeinstaub ist nicht auf das kleine Gebiet des Flughafens begrenzt. Neueste Untersuchungen zeigen: Ultrafeinstaub bleibt sehr lange in der Luft und kann bei entsprechender Wetterlage kilometerweit fortgetragen werden. Bedenkt man dazu, dass es große Flugzeuge gibt, die sogenannte Wirbelschleppen verursachen, kann man sich vorstellen, dass dieser Ultrafeinstaub kilometerweit bis in Gemeinden im Umkreis der Flughäfen getragen wird.
Wenn Sie überlegen, dass 360 000 Flugbewegungen pro Jahr angedacht sind, so wird Ihnen klar, dass da etliche Tausend Tonnen Kerosin verbrannt werden und dem-ntsprechend viel Ultrafeinstaub entsteht.
Zusammengefasst kann man also sagen: Ultrafeinstaub, ausgelöst durch die Verbrennung von Kerosin durch Flugzeuge, ist die größte Gesundheitsgefahr, die wir an Flughäfen haben werden.
Was können Sie, was können wir tun, um unsere Anwohnerinnen und Anwohner davor zu schützen? Ich möchte Ihnen verschiedene Möglichkeiten aufzeigen. Die erste Möglichkeit - da gucke ich die Kollegen der SPD an -: Sie könnten nichts tun. Sie können abwarten und mal schauen,
(Beifall des fraktionslosen Abgeordneten Hein)
ob nicht die Forschung bessere Motoren hervorbringt. Oder - das ist ein Vorschlag der CDU; Herr Koeppen hat es heute vorgeschlagen - Lasst uns doch den Flughafen einfach woanders bauen!
(Zuruf des Abgeordneten Bischoff [SPD])
Abgesehen davon, dass die SPD dem sicherlich nicht zustimmen wird, Herr Woidke, würden wir das Problem auch nur verlagern.
Präsidentin Stark: Warten Sie bitte einen kleinen Moment. Ich bitte die rechte Seite der Regierungsbank, die Gespräche etwas leiser zu führen. Das ist für den Redner hier vorn wirklich schlecht. Der Lärmpegel ist so hoch; das ist nicht aufmerksam. Wenn Sie etwas zu besprechen haben, gehen Sie vielleicht nach draußen, Kaffeetrinken.
Raschke (B90/GRÜNE):
Was können wir noch tun? Wir Grüne schlagen vor, den Flugverkehr zu begrenzen - unter anderem durch Nachtruhe oder eine Obergrenze -‚ dass es wirklich bei höchstens 360 000 Flugbewegungen bleibt, und auch dadurch, dass keine 3. Start-und Landebahn gebaut wird. Auch das scheitert an der SPD.
Die CDU hat in solchen Fällen noch einen Vorschlag - den finden wir sehr gut -: dass man bei solchen Sachen ordnungsrechtlich vorgeht. Machen wir es doch genau wie bei den Pkws! Legen wir Grenzwerte fest, und sobald diese überschritten werden, gibt es halt Ultrafeinstaubplaketten, Ultrafeinstaubzonen oder Verkehrsbeschränkungen. Das hat allerdings einen kleinen Haken: Es gibt bisher keine Grenzwerte. Es gibt deswegen keine Grenzwerte, weil in Deutschland nicht genügend Messdaten erho-ben werden, die belegen, wie die Ultrafeinstaubbelastung an unseren Flughäfen ist.
Damit kommen wir zu unserem Antrag: Wir schlagen Ihnen heute vor: Lassen Sie uns am Flughafen Schönefeld, am Flughafen BER eine solche Messstation errichten. Machen wir es wie in Hessen; die haben es gerade eingerichtet und erheben jetzt zum ersten Mal solche Daten.
Lassen Sie mich noch kurz sagen, warum wir das jetzt tun und nicht abwarten und es auf die lange Bank schieben sollten. Dafür sprechen erstens zwei fachliche Gründe. Der Erste ist: Wenn wir das jetzt machen, können wir eine Vorher-Nachher-Messung durchführen. Dann können wir, wenn der Flughafen eröffnet ist, vergleichen: Was war vorher - was war nachher?
Der zweite Grund: Eine solche Ultrafeinstaubmessung ist nicht ganz trivial. Die Hessen haben das jetzt gemeinsam mit dem Umweltbundesamt begonnen, weil das eine ziemliche Expertise voraussetzt. Da müssen Experten kommen, die unserem Fall Mitarbeiter des Landesumweltamtes schulen, begleiten und diese Expertise aufbauen. Das braucht einen gewissen Vorlauf, das kann man nicht heute auf morgen machen.
Wenn Sie diese fachlichen Gründe nicht interessieren und Sie vielleicht eher macht-politisch unterwegs sind - jetzt schaue ich Herrn Bischoff an, er telefoniert gerade -‚ dann gibt es auch einen Grund, dass Sie sich jetzt damit beschäftigen sollten, warum wir diese Messstation jetzt einrichten sollten: Da baut sich nämlich ein Thema auf.
(Zuruf von der AfD: Sie bauen ein Thema auf!)
Das ist längst ein Thema in LA geworden. Das ist ein Thema in Amsterdam, in der Schweiz, längst auch in Hessen geworden. Unser Herr Schrödter würde sagen: Die Einschläge kommen näher. - Und es ist inzwischen auch am Flughafen BER ein Thema. Die Bürgerinitiativen dort haben inzwischen eigene mobile Messstationen gekauft, um selbst Daten zu erheben, weil unsere Landesregierung das nicht macht.
Ich frage Sie: Was machen Sie, wenn unsere Bürgerinnen und Bürger, unsere Anwohnerinnen und Anwohner kommen und Sie mit diesen Daten konfrontieren? Dann stehen Sie nackt da, und das ist - zumindest machtpolitisch - immer eine unschöne Vorstellung.
(Zuruf von der AfD: Und das voller Feinstaub!)
Ich fasse zusammen: Lassen Sie uns die Anwohnerinnen und Anwohner vor Ultrafeinstaub schützen! Machen wir dazu den ersten Schritt und errichten eine Messstation am Flughafen BER. Fangen wir damit heute an! - Vielen Dank.
(Beifall B90/GRÜNE und BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)
[Redebeiträge anderer Abgeordneter]
Raschke (B90/GRÜNE):
Frau Präsidentin! Vielen Dank. - Ich freue mich sehr, dass ich Sie für das Thema erwärmen konnte. Ich denke, wir werden da dran bleiben. Ich freue mich noch mehr, dass sich der Minister dafür einsetzt, dass wir kein unbegrenztes Wachstum am Flughafen haben werden. Darauf werden wir öfter zurückkommen.
Herr Roick, an Sie nur der Hinweis: Der Vergleich mit Los Angeles hinkt ein bisschen. Da ist der Flughafen etwas weiter weg vom Siedlungsgebiet, ich glaube 20 km oder 30 km. Ich habe noch eine Frage an Sie. Sie haben so viel über Verunsicherung gesprochen. Da haben Sie mich jetzt verunsichert. Das war ein Angebot, dass wir das im Ausschuss behandeln? - Deswegen möchte ich hiermit die Überweisung beantragen. - Vielen Dank.
(Beifall B90/GRÜNE und BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)
>> Zum Antrag: Luftbelastung durch Ultrafeinstaub am künftigen Flughafen BER messen (pdf-Datei)
Unser Antrag wurde abgelehnt.