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Benjamin Raschke spricht zu unserem Antrag „Einführung einer Filterpflicht für große Tierhaltungsanlagen zum Schutz von Mensch und Umwelt“

>> Zum Antrag „Einführung einer Filterpflicht für große Tierhaltungsanlagen zum Schutz von Mensch und Umwelt“ (pdf-Datei)

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich nerve Sie schon seit meinem ersten Tag hier mit dem Thema Volksbegehren gegen Massentierhaltung und der Frage: Welche Art von Landwirtschaft hätten wir denn gerne?

(Zuruf der Abgeordneten Lieske [SPD])

- Frau Lieske ist genervt. - Die gute Nachricht ist: Sie haben es bald geschafft, das Volksbegehren ist im Januar vorbei. Sie wissen auch: Wir streiten uns da insbesondere um die Frage: Eher bäuerliche Tierhaltung - was wir haben wollen - oder industrielle Tierhaltung - was die SPD und Herr Folgart möchten? Ich möchte ein kurzes Zwischenfazit dieses Volksbegehrens ziehen: Wir haben schon einiges dabei bewegt und haben - sowohl hier im Plenum als auch in den Ausschüssen und auf der Straße - ziemlich viel diskutiert; wir waren beim Bauernverband, der Bauernverband war bei uns.

Und es sind erstaunliche Dinge passiert. Zum Beispiel haben sich die Tierrechtsaktivisten die rosa Schweinekostüme, mit denen sie immer demonstrieren, ausgezogen, sind in den Schweinestall gegangen und haben sich einmal angesehen: Wie ist es denn? Auf der anderen Seite ist der Bauernverband plötzlich so richtig online, twittert, bloggt und ist seit dieser Woche auch bei Facebook. Da hat sich viel aufeinander zubewegt. Wir haben viel gelernt. Ich würde sagen: Wir haben auch auf beiden Seiten einiges an Ideologie abgeworfen.

Aber wir haben uns dabei vor allem immer über das Thema Tierwohl gestritten, um die Frage: Wie geht es dem einzelnen Tier? Wie geht es den kleinen Küken, den Kälbchen, den Ferkeln? Ich habe einige Landwirte getroffen, die gesagt haben: Ja, es ist tatsächlich so, in den großen industriellen Anlagen geht die Achtung vor dem einzelnen Tier verloren. Ich sehe andererseits beim Volksbegehren, dass der Kampfbegriff Massentierhaltung, mit dem wir in die Debatte eingestiegen sind, ein guter Begriff war, um in die Debatte einzusteigen, dass wir aber, wenn wir gekonnt hätten, für die zweite Stufe - das Volksbegehren - gern einen anderen Begriff gewählt hätten. Das geht aus rechtlichen Gründen nicht. Das ist vielleicht eine Anregung für die Innenpolitiker, zu überdenken, ob wir das nicht ändern können.

Wie auch immer: Wir haben bisher vor allem um das Thema Tierwohl gestritten und gerungen und darüber diskutiert. Was wir nur angerissen haben, sind die Folgen der Industrietierhaltung für die menschliche Gesundheit und die Umwelt. Was passiert denn, wenn viele Tausend Schweine oder Zehntausende Hühner auf einem Fleck gehalten werden? Eine ganze Menge! Wir haben das Thema Antibiotika angerissen, über resistente Keime gesprochen, und wir haben einen offenen Brief an die Tierärzte geschrieben. Es gab erste Rückmeldungen: Die einen sagen: Wir machen gute Arbeit. Die anderen sagen: Es gibt tatsächlich ein Problem, besonders in den großen Anlagen.

(Zuruf)

- Genau. - Aber, und damit sind wir beim Antrag, die Debatte zu der Frage „Was macht denn Industrietierhaltung mit unserer menschlichen Gesundheit und mit der Umwelt?“ reißen wir erst an. Deswegen haben wir diesen Antrag eingebracht, mit dem wir Ihnen vorschlagen, dass wir uns vor den Folgen der Industrietierhaltung schützen. Denn es hat natürlich Folgen, wenn so viele Tiere auf einem Fleck sind.

Nehmen wir zum Beispiel das Stichwort Ammoniak: Das ist dieser stechende Geruch, vielleicht haben Sie den jetzt in der Nase, den es besonders in der Schweinehaltung gibt. Dazu ein schönes Zitat aus der heutigen „Märkischen Allgemeinen Zeitung“: Besonders Schweine riechen penetrant, denn eiweißreiches Futter und Männlichkeitshormone aus Jungeberhoden wirken da ungut zusammen.

Aber es geht nicht nur um den Geruch. Ammoniak ist auch ein Problem für unsere Böden - es versauert sie -, führt zu Artensterben in der Umwelt und kann auch zum Klimawandel beitragen. Deutschland verstößt regelmäßig gegen die Ammoniakobergrenze. Und was ist die größte Ammoniakschleuder in Brandenburg? Die Schweinemastanlage in Tornitz. Aber aus der Industriemast kommt ja nicht nur Ammoniak. Von da kommen auch - und darum geht es vor allem in unserem Antrag - andere Gerüche, Pilze, Bakterien, Viren und Keime. Die gelangen in die Umgebung, und wir sagen: Da muss man etwas tun. - Für die Gesundheit und den Schutz der Umwelt sind solche Filter unerlässlich, Gold wert, total richtig. Wir haben auch vor der Debatte im Plenum schon darüber zu diskutieren begonnen, auch über die Zeitung.

Nun stellt sich natürlich die Frage: Ist das, was wir Ihnen jetzt vorlegen, der Weisheit letzter Schluss? Sind Filter der Weisheit letzter Schluss? Natürlich nicht. Denn erstens filtern Filter nicht alles. Ungefähr 70 % beträgt der derzeitige Wirkungsgrad. Aber das ist schon eine ganze Menge. Wenn Sie sich erinnern: Wir fordern Filter vor allem für große Anlagen, für Anlagen, in denen 2.000 Schweine auf einem Fleck stehen.

Unsere Kollegen aus Niedersachsen und NRW haben durchgerechnet - dort gibt es schon Filter -: Was schafft solch ein Filter pro Jahr? Bei 2.000 Mastschweinen kommen pro Jahr ungefähr 5.000 Kilogramm Ammoniak zusammen, die man der Umwelt erspart, und ungefähr 840 Kilogramm an Staub, inklusive Filter für Keime, Gerüche usw. Das ist also eine ziemlich große Menge, die man bei solch einer großen Anlage herausbekommt. Zweiter Grund, warum man mit dem Thema Filter ein bisschen Schwierigkeiten haben könnte, ist: Es gibt ab und zu gute Alternativen.

Gerade beim Thema Ammoniak hat auch die EU erkannt: Wir müssen weg davon, müssen Obergrenzen einführen, es muss weniger Ammoniak und Methan aus den Schweineställen austreten. - Deswegen wird es in Kürze Vorschriften der EU für den Einsatz der sogenannten besten verfügbaren Technik geben. Da geht es nicht nur um Filter, sondern auch um andere Maßnahmen, beispielsweise: Wie wird der Schweinekot gelagert? Was macht man mit dem Schweinemist, wie oft wird der abgefahren? Das finden wir sehr wichtig und klug. Das ist allerdings nur für einige Sachen, zum Beispiel für Ammoniak, ein sehr guter Weg.

In unserem Antrag geht es aber nicht nur um Ammoniak, es geht eben auch um Keime, Viren, Pilze und Gerüche. Darum geht es in der EU-Debatte nicht, deswegen hilft uns der Verweis auf sie überhaupt nicht. Letzter Pferdefuß, den solch ein Filter hat, ist: Er kostet Geld. Wenn ich in eine große Schweinemastanlage einen Filter einbaue, kostet das Geld; das müssen die Tierhalter - und das bei derzeit sehr niedrigen Schweinepreisen - erst einmal bezahlen.

Das ist ein starkes Gegenargument. Aber da müssen wir ehrlich sein: Wir wollen mit unserm Antrag vor allem Filter für sehr große Anlagen, für Industrieanlagen, nicht für die bäuerlichen Betriebe. Diese großen Anlagen, in denen so viele Schweine auf einem Haufen stehen, verursachen auf jeden Fall Kosten, die bisher vom Gesundheitssystem oder vom Umweltschutz getragen werden. Wir sagen: Da ist es doch besser und billiger, das direkt an der Quelle zu vermeiden.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vor allem aber: Wenn aufgrund der Internalisierung der Kosten nun die großen Anlagen, die zulasten von Tier- und Umweltschutz Fleisch zu Dumpingpreisen produzieren, die Kosten für die Filter tragen müssen und sich damit nicht mehr rechnen, kann uns das nur recht sein. Das steigert die Chancen für die bäuerlichen Betriebe.

Sie sehen: Der Weisheit letzter Schluss sind die Filter natürlich nicht. Aber vielleicht wäre der Weisheit letzter Schluss eine Landwirtschaft, bei der diese Probleme, diese Keime, Viren, Pilze und Gerüche in diesen Größenordnungen erst gar nicht entstehen. Diese Landwirtschaft haben wir in Brandenburg nicht. Und solange wir die industrielle Tierhaltung in Brandenburg haben, müssen wir unsere Umwelt und unsere Bürger, unsere Gesundheit schützen und brauchen deswegen Filter. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall B90/GRÜNE)

>> Zum Antrag „Einführung einer Filterpflicht für große Tierhaltungsanlagen zum Schutz von Mensch und Umwelt“ (pdf-Datei)

Unser Antrag wurde abgelehnt.

Zweiter Redebeitrag von Benjamin Raschke:

Ich versuche, auf die drei oder vier wichtigsten Punkte einzugehen. Herr Folgart hat gesagt, wir hätten kein flächendeckendes Problem. Die Frage ist: Was ist flächendeckend? Wir haben einmal überschlagen: Es müssten etwa 100 Betriebe sein, die davon eventuell betroffen sind. 100 Betriebe, das heißt wahrscheinlich 100 Orte. Das ist ein sehr großes punktuelles Problem. Ich denke, dass jeder Bürger und jede Bürgerin an diesen 100 Orten es auch verdient hätte, dass er oder sie ordentlich geschützt ist.

(Beifall B90/GRÜNE)

Herr Gliese hat gemeint, wir träfen auch kleine Anlagen. Ich versuche dies einmal geradezurücken. Unser Antrag zielt hauptsächlich auf große Anlagen. Natürlich muss man sagen: Wenn es kleine Anlagen gibt, deren Emissionen deutlich über den Grenzwerten liegen, muss man etwas tun. Genau dafür, Herr Gliese, sind Grenzwerte da. Wenn sie überschritten sind, muss man handeln. Deswegen kann es aus meiner Sicht Ausnahmen geben, wenn auch kleine Betriebe betroffen sind. Das sollten aber wirklich nur Ausnahmen sein. Ein dritter Punkt: Frau Schwarzenberg hat gesagt, welche Folgen die Ausrüstung mit den Filtern hat, und auf die kleinen Betriebe abgestellt. Natürlich kann es, wie gesagt, passieren, dass kleine Betriebe deutlich über dem Grenzwert liegen. Dann sind wir in der Verantwortung, etwas zu tun. Hier könnten Filter eine gute Möglichkeit sein. Sollte dies für die kleinen Betriebe zu teuer sein, kann ich mir vorstellen, wenn wir an einem Leitbild Landwirtschaft arbeiten und sagen, dass uns die kleinen Betriebe besonders wichtig sind - nicht, wie Herr Vogelsänger gerade gesagt hat, dem jeder Betrieb gleich wichtig ist - und bevorzugt werden, dass ein Minister dafür eine Förderung ausreicht.

Letzter Punkt: Reicht aus, was wir bisher haben? Es geistert ja immer das Argument herum: Wir haben gute Gesetze, wir halten uns daran. - Wir haben gerade vom Minister noch einmal etwas über die Premiumförderung gehört. Premiumförderung heißt - ich will es wiederholen, Sie erinnern sich vielleicht an den Bildschirm und die vielen Tiere, die auf den Bildschirm passen - in Brandenburg, wenn wir über Hühner reden: 16 Hühner pro Quadratmeter. Das ist nicht das, was sich der Verbraucher vorstellt, wenn er Eier kauft.

Vizepräsident Dombrowski: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Benjamin Raschke:

Sehr gern, wenn ich hinterher dort anschließen könnte, wo ich gerade war.

Schröder (AfD): Die Zwischenfrage bezieht sich auf die kleinen Betriebe. Das, was wir mehrfach gehört haben, was ich auch ins Feld geführt habe, war des Öfteren auch ein Argument gegen die Filteranlagen. Jetzt ist meine Frage: Sie sprechen von Ausnahmen. Woran machen Sie Ausnahmen für kleine Betriebe, ob sie von einer solchen neuen Regelung betroffen sind oder nicht, fest? Sie würden damit eine Ungerechtigkeit schaffen. Wie würden Sie das gerecht auf diese kleinen Betriebe verteilen?

Raschke (B90/GRÜNE):

Die Grundidee ist: Jeder größere Betrieb sollte Filter einführen. Jeder kleinere Betrieb, der über den zulässigen Grenzwerten liegt, muss es auch tun. Wir gehen davon aus, dass die meisten Landwirte diese Grenzwerte einhalten. Deswegen sollte es tatsächlich die Ausnahme bleiben.

Zurück zum Thema: Reichen die bisherigen Gesetze aus? Schon die Debatte um die Premiumförderung zeigt, dass sie nicht ausreichen. Es war im Gespräch, dass die TA Luft verbessert, also verschärft wird. Ich glaube, Herr Minister Vogelsänger, dass sie nicht in dem Sinne verschärft wird und Grenzwerte eingehalten werden, wie das unsere Filterregelung tun würde. Wenn Sie dazu anderer Meinung sind, lasse ich mich gern davon überraschen, dass Brandenburg solche Verschärfungsanträge auf Bundesebene einbringt. Wir werden uns das genau anschauen. Sie werden unseren Antrag heute ablehnen. Wenn Sie diese Verschärfung auf Bundesebene nicht einführen, kommen wir mit einem neuen Antrag. - Danke schön.

(Beifall B90/GRÜNE)