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Carla Kniestedt spricht zu den Ergebnissen der Konferenz der Regierungschef*innen zur weiteren Bekämpfung der Corona-Pandemie

- Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem aber liebe Mitmenschen in Brandenburg,

schon viele Zahlen, Argumente, Meinungen, Bedenken sind vorgetragen worden. Manche teile ich, manche nicht. Das ist eben so.

Ich möchte über Gesundheit reden. Was ist das? Die Antwort scheint einfach. Nicht krank werden eben. Ganz gleich, um welche Krankheit es sich handelt. Deshalb, weil uns im vergangenen Jahr so ungeheuer bewusst geworden ist, wie wichtig Gesundheit ist für alles, was Menschen so vorhaben in ihrem Leben, hat der Wunsch: bitte bleib gesund! So ungeheuer an Bedeutung gewonnen. Ich bin froh, dass die Inzidenzen sinken. Was vor allem heißt, dass die Zahl der Menschen endlich sinkt, die mit schweren Folgen von Corona zu kämpfen haben. Ein Kampf, den allzu viele verloren haben.

Und ich bitte Sie, nach wie vor an die zu denken, die in Krankenhäusern um genau diese Menschenleben kämpfen. Und für alle anderen da sein wollen, die unter anderen, schweren Krankheiten leiden und unbedingt den gleichen Anspruch haben auf gute Behandlung.

Das ist der Blick, der meine Ungeduld auf schnelle Rückkehr zu so etwas wie Normalität immer wieder ausbremst. Was den medizinischen Bereich betrifft: Bei allen zu Recht kritisierten Schwierigkeiten in Sachen Impfen – immerhin, wir haben die reale Möglichkeit, Menschen, die es wollen, zu immunisieren. Das sieht in anderen Teilen der Welt sehr anders aus. Was eine, wie ich finde, große Ungerechtigkeit ist und unklug noch dazu, wenn wir diese Pandemie wirklich in den Griff bekommen wollen.

Wars das, was ich wichtig finde in Sachen Gesundheit? Nein, war es nicht. Gesundheit ist eben nicht nur die Abwesenheit von Krankheit.

Die WHO definiert es so: Gesundheit ist ein Zustand vollständigen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit oder Gebrechen.

Ein hoher Anspruch. Der so ideal wohl schwer zu erreichen sein wird. Aber wir sollten ihn nie aus dem Auge verlieren. Denn wenn wir diese Definition in ihrer Gänze ernst nehmen, und das tue ich, wird klar, worauf wir alle sehr verantwortlich zu achten haben bei den Entscheidungen die wir jetzt treffen und bei denen, die noch vor uns liegen in den kommenden Wochen.

Es geht um WEGE. Um Wege vor allem für Kinder und ihre Familien. Die wirklich langsam nicht mehr wissen, wie sie klarkommen sollen. Es geht darum, Mutlosigkeit, schwindender Kraft, angegriffener Psyche etwas entgegen zu setzen. Es geht, siehe WHO-Definition, um seelisches und soziales Wohlbefinden. Das in der Tat dramatisch leidet bei vielen. Ich finde absolut richtig, dass als erstes Kinder wieder in die Schule gehen können sollen.

Meine Bitte an uns alle, an Großeltern, Freunde, an überhaupt wirklich an uns alle: Wir sollten die Regeln, was Kontakte betrifft, die Masken, das Abstand halten, unbedingt weiter ernst nehmen. DAS IST EINE Bedingung dafür, dass der Weg in den realen Unterricht für alle bedacht aber stetig gegangen werden kann. Und nicht in wieder steigenden Infektionszahlen mündet. Weil es gerade bei Kindern und Jugendlichen um seelische und soziale Gesundheit geht.

Mal abgesehen davon, dass ich nicht so wirklich komplett verstehe, warum ausgerechnet FriseurInnen so prominent mit einem Öffnungsdatum versehen wurden – interessant für mich war, dass sich kaum war diese Entscheidung verkündet, auf allen social-media-Kanälen eine ungeheure Freude von Friseursalons Bahn brach. Weil eine Perspektive für die eigene Existenz sichtbar wurde, natürlich. Aber auffällig fand ich etwas anderes: Diese aufkeimende Hoffnung, dieses aus der Starre heraus treten, dieses gewissermaßen seelische Aufatmen. Diese Erfahrung gönne ich von Herzen jedem und jeder.

Um sie möglich zu machen, müssen wir sehr klug agieren in den kommenden Wochen. Damit hoffentlich bald mehr getan werden kann für die seelische und soziale Gesundheit. Für die, und das möchte ich unbedingt erwähnen, so ungeheuer viel getan werden kann von KünstlerInnen, in Theatern, Galerien, Museen. Wissen Sie, ich musste auch Veranstaltungen absagen. Das war schrecklich für die KünstlerInnen, das war aber auch schrecklich für all die, die sich gefreut hatten auf Anregungen, auf Austausch, auf Erleben. Weil sich alle gegenseitig brauchen.

Wir müssen unbedingt alle daran denken, dass die Gefahren für seelisches und soziales Wohlbefinden genau für die besonders groß sind, die es schon vor der Pandemie schwerer hatten, als andere. Wo der Sportverein für die Kinder zum Beispiel ungeheuer wichtig ist. Weil dort mehr stattfindet, als Sport. Wo der Spieleabend im Mehrgenerationenhaus ungeheuer wichtig ist, weil dort mehr passiert, als das gemeinsame Spiel.

Ich könnte unendlich viele Beispiele aufzählen. Sie wissen, was ich meine.

Wir müssen uns verantwortlich, all diese Dinge, die zu Gesundheit dazu gehören, ernst nehmend, auf den Weg machen.