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Rede im Landtag: Dem demografischen Wandel in Brandenburg entgegentreten - Rechtsanspruch auf Kinderwunschbehandlung statt Absenkung der Mittel

Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Mitmenschen in Brandenburg!

Frau Muxel, Sie hätten trotzdem noch einmal über das Papier gucken können. Wenn ich es nicht schon immer gewusst hätte, dass Sie als Partei, sagen wir einmal sehr wohlwollend betrachtet, mit Ihrer Vorstellung von Gesellschaft unaufholbar in der Vergangenheit leben - mit diesem Antrag ist es mal wieder bewiesen. Sie bieten uns hier einen Text an, der schon in der Überschrift amtlich beweist, dass Sie nicht hinterherkommen. Dort steht das Wort „Haushaltsentwurf“, das mindestens hätten Sie ja mal nachjustieren können! Es handelt sich bei diesem Antrag um den Aufguss eines Änderungsantrages zum Haushalt, der im Ausschuss und im Plenum besprochen und mehrheitlich abgelehnt wurde. Ist die Einreichung also quasi aus Versehen passiert? Diesen Eindruck kann man nicht haben, das werde ich auch gleich erklären. Dahinter steckt Absicht.

Zunächst aber ist ganz sachlich festzustellen: Wir haben seit Ende Dezember 2021 einen verabschiedeten Haushalt, über den nach heftigen Diskussionen durchaus mit Bauchschmerzen abgestimmt wurde. Das war, wie gesagt, im Dezember 2021. Bevor das geschah, wurde um jeden Cent gekämpft. Es ging um Sparvorgaben, die den meisten von uns Schweißperlen auf die Stirn trieben, weil gerade im sozialen Bereich jede Kürzung eigentlich nicht geht. Änderungsanträge wurden gestellt.

Wo sollen Prioritäten liegen? Schon die Fragestellung ist eigentlich eine Zumutung, denn natürlich ist alles wichtig und unverzichtbar, und doch muss eine Entscheidung her. Nach langen und durchaus unangenehmen Debatten ist das passiert; eine Kollegin sei hier stellvertretend erwähnt. Wo ist sie denn? - Da oben ist sie, ich habe sie heute noch gar nicht gesehen. Sie hat sich über Jahre sehr mit dem Thema Kinderwunschbehandlung beschäftigt, sich dafür starkgemacht, und ich danke Kristy Augustin sehr, dass sie den Kompromiss, den wir jetzt gefunden haben, mitträgt - schweren Herzens, was ich verstehe, denn natürlich würden wir alle gern jedem einzelnen Paar Zuschüsse gönnen zu dem, was Krankenkassen bezahlen, um den Herzenswunsch hoffentlich in Erfüllung gehen zu lassen; das steht völlig außer Frage - womit ich nun bei der Absicht wäre, die hinter der Einreichung des Antrags der AfD steckt:

Sie benutzen das Thema, um mal wieder Ihre Auffassung von Gesellschaft zur Kenntnis zu bringen. Sie - und das ist Ihrem Text überdeutlich zu entnehmen - haben nicht etwa das einzelne Paar im Blick, das sich unbedingt ein Kind wünscht und bereit ist, erhebliche Strapazen auf sich zu nehmen. Sie wollen - das steht in Ihrem Antrag - die Reproduktionsrate erhöhen, die Ihnen zu niedrig ist, und damit gewissermaßen in letzter Minute die Gefahr abwenden, dass das Volk ausstirbt. Das ist Ihr gedanklicher Hintergrund.

Woher Sie das Geld nehmen wollen, macht die Sache noch eindeutiger: aus dem „Aktionsplan Queeres Brandenburg“. Mehr muss man zu Ihrem Antrag eigentlich nicht sagen, aber vielleicht zum Thema - jetzt wird es für Sie ein bisschen hart: Die Krankenkassen übernehmen im Regelfall die Hälfte der Kosten für drei Versuche eines Paares, schwanger zu werden. „Regelfall“ bedeutet momentan: heterosexuelles verheiratetes Paar.

Der Koalitionsvertrag der Ampel formuliert inhaltlich Folgendes: Wir wollen ungewollt Kinderlose besser unterstützen. Künstliche Befruchtung wird diskriminierungsfrei auch bei heterologer Insemination, also der Befruchtung der Eizelle mit dem Samen eines anonymen Spenders oder im Falle eines lesbischen Paares auch eines bekannten Spenders, unabhängig von medizinischer Indikation, Familienstand und - wie gerade erwähnt - sexueller Identität förderfähig sein. Der Bund übernimmt 25 % der Kosten, und wir planen, zu einer vollständigen Übernahme der Kosten zurückzukehren. - Das ist die Planung.

Und dann wird dort noch formuliert, dass Embryonenspenden im Vorkernstadium in Zukunft legal sein sollen - also eine weitere Behandlungsmöglichkeit bei Unfruchtbarkeit von Frauen -, wie auch die Möglichkeit des - wie es korrekt heißt - Single Embryo Transfer, womit im Ergebnis Mehrlingsschwangerschaften seltener und die Erfolgsaussichten einer Schwangerschaft größer werden.

Mit diesen Plänen wird einer modernen Gesellschaft Rechnung getragen, die bunter ist und vielfältige Lebensmodelle anerkennt, weil sie eben gelebt werden, die also zum Beispiel die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare beendet. Das ist sehr zu begrüßen - Kunstpause -, dieser Antrag hingegen ist es nicht.

Ich bitte um Ablehnung.

Weiterführende Informationen

Rede zu: Antrag "Dem demografischen Wandel in Brandenburg entgegentreten - Rechtsanspruch auf Kinderwunschbehandlung statt Absenkung der Mittel" (TOP 9 der 62. Plenarsitzung)