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Isabell Hiekel spricht zu: Eine Bioökonomie-Strategie für Brandenburg

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Vizepräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren an den Bildschirmen,

was hat die Jacke, die ich heute trage, mit Bioökonomie zu tun? Kann ich Ihnen sagen: gar nichts. Die besteht nämlich aus 100% Polyester in Lederoptik – erdölbasiert. Und höchstwahrscheinlich wird diese Jacke, wenn sie mal abgetragen ist, auch nicht recycelbar sein. Ich habe sie schon lange, aber heute würde ich sie nicht mehr kaufen.

Denn es gibt inzwischen nachhaltige und ressourcenschonende Alternativen in Lederoptik.

In der ARTE-Mediathek läuft derzeit eine Doku „Lust auf neues Leder – Häute aus Äpfel, Biobüffel und Kakteen“.

Hier wird zum Beispiel über die Herstellung von Apple skin berichtet. Apfelreste, die bei der Herstellung von Saft anfallen, werden getrocknet, fein gemahlen und dienen dann als Grundstoff für die Produktion von Lederimitaten.

Das geht auch mit Kaffeehäutchen, die als Abfall bei der Röstung anfallen oder mit pulverisiertem Kaktus. Veganes Lederimitat aus Abfällen.

Der Begriff „Bioökonomie“ fällt nicht ein einziges Mal in diesem Beitrag, aber er steckt in jedem Beispiel drin.

Bioökonomie steckt auch in dieser Schale hier, die besteht nämlich aus Rapsstroh, Hanf und Birke. Oder die Bauplatte hier: 100 % Heu, Schilf und Seggen. Beide Produkte werden ohne synthetische Zusatzstoffe von Bio-Lutions in Schwedt hergestellt und sind zu 100 % kompostierbar.

Und wo kommen die Rohstoffe für solche Produkte her? Zum Beispiel aus dem nahe gelegenen Nationalpark Unteres Odertal. Es handelt sich um Biomasse aus der Landschaftspflege.

Mahdgut von nassen Wiesen, das man an Tiere wegen des geringen Nährwerts nicht mehr verfüttern kann, bekommt hier eine ganz neue Bedeutung und trägt zur Wertschöpfung von Moorflächen bei.

Und damit haben wir auch den Kreis zu unserem Moorschutzprogramm geschlossen.

Hierbei geht es ja nicht nur darum, die CO2-Emmissionen von Moorflächen durch hohe Stauhaltung zu minimieren.

Es geht auch darum, die angepasste Bewirtschaftung der Flächen und die Verwertung der Biomasse gesellschaftsfähig zu machen und vor allem Einkommen von Flächen zu generieren, die für eine herkömmliche landwirtschaftliche Nutzung unter Klimaschutzaspekten nicht geeignet sind.

Und wir stehen da nicht allein. In Greifswald entstehen zum Beispiel Tiny-Häuser aus Bauplatten auf Basis von Rohrkolben aus nassen Paludikulturen – Bioökonomie eben.

Es gibt bereits einige Beispiele, wo auch in unserem Land Rohstoffe aus der Landnutzung für nachhaltige Produkte eingesetzt werden. Ich denke da zum Beispiel an Dämmmaterial aus Hanffasern oder Häuser aus Strohballen.

Nun kommt es darauf an, solche Ansatzpunkte auszubauen, den Wissenstransfer von der Forschung in die Praxis zu intensivieren, die Vernetzung zu stärken und den Aufbau von biobasierten, nachhaltigen Wertschöpfungsketten zu unterstützen.

Der Ausschuss für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz hatte am 8. September ein Fachgespräch dazu durchgeführt und festgestellt, dass neben den guten Ansätzen in der Praxis auch eine Bioökonomiestrategie für unser Land gebraucht wird. Sie soll partizipativ erarbeitet werden, um Investitionen und Nachfrage zu mobilisieren.

Mit unserem Antrag wollen wir die Landesregierung heute beauftragen, diese Bioökonomiestrategie zu erarbeiten.

Ich sehe bei diesem Thema viel Einigkeit im Saal und möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei der Fraktion DIE LINKE bedanken, die in dieser Legislatur als erste einen Antrag dazu eingebracht haben.

Ich bedaure, dass wir am Ende keinen gemeinsamen Antrag einreichen. Aber, liebe Linke, die Arbeit war nicht umsonst. Wir haben vieles aufgegriffen. Vielen Dank!

Ich danke auch dem Umweltminister Axel Vogel und der Wissenschaftsministerin Manja Schüle. Beide haben kürzlich mit einer Pressereise das Thema in die Öffentlichkeit gerückt. Beide teilen sich heute die Redezeit. Das macht mich sehr optimistisch, dass unser heutiger Antrag mit viel Tatkraft umgesetzt wird.

Denn genau das wollen wir erreichen: einen ressortübergreifenden Diskurs zur Nutzung der Brandenburger Potenziale für die Erzeugung biobasierter und nachhaltig erzeugter Produkte.

Wäre es nicht phantastisch, wenn es in Zukunft auch Apfellederjacken aus Brandenburg gäbe? Nun gut, dafür müssen wir auch noch einiges zur Unterstützung unserer Obstbauern tun.

Aber Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, alles hängt mit allem zusammen und die Bioökonomie liegt wie ein Netz darüber.

Lassen sie uns dieses Netz verdichten und verstärken. Denn damit leisten wir nicht nur einen Beitrag zur Wertschöpfung aus Biomasse in unserem Land.

Bioökonomie ist auch ein wichtiger Baustein zur Bewältigung der Klimakrise und der Biodiversitätskrise.

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

Danke für die Aufmerksamkeit!