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Rede im Landtag: BER-Zuschuss erst nach Vorlage eines tragfähigen Zukunftskonzepts der FBB GmbH

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin!
Liebe Abgeordnete!
Liebe Damen und Herren vor den Bildschirmen!

Ich weiß nicht, die Aufregung ist vielleicht der späten Stunde geschuldet. Die Dinge liegen eigentlich völlig offen auf dem Tisch.

Wir werden dem Antrag auch nicht zustimmen, und zwar aus folgenden Gründen: Punkt 1 des Beschlussvorschlags ist im Prinzip die Unterstellung, irgendjemand würde die Aufhebung der Sperre allein vom Gutachten der Warth & Klein Grant Thornton Rechtsanwaltsgesellschaft abhängig machen, Herr Stefke. Das ist vielleicht in Ihrer Vorstellung so, aber so ist es nicht. Die Vorredner aus der Koalition haben das auch schon betont. Es liegt doch bisher auch erst der Eröffnungsbericht des Gutachtens vor.

Punkt 2 des Antrags ist eigentlich eine Banalität. Ohne ein tragfähiges Zukunftskonzept für den BER sowie einen schlüssigen Teilentschuldungsplan wird sowieso niemand Geld in den Flughafen stecken. Wir haben auch gehört, dass die EU-Kommission da noch ein Wörtchen mitzureden hat - ist doch völlig klar.

Viel interessanter ist doch die Frage: Was ist überhaupt ein tragfähiges Zukunftskonzept für den BER? Das ist gar nicht so einfach und liegt nicht auf der Hand. Für uns zum Beispiel bedeutet ein zukunftsfähiger Flughafen den Einsatz emissionsarmer Flugzeuge, den Ersatz fossilen Kerosins durch nachhaltigen Flugkraftstoff, einen CO2-neutralen Flughafenbetrieb, effiziente Flugführung im europäischen Luftraum und natürlich die Verlagerung von Verkehr auf die Schiene. In all diesen Fragen können wir hier am BER wegweisende Pionierarbeit leisten, zum Beispiel mit einer Pilotanlage für synthetisches Kerosin. Genau daran arbeiten wir und werden die Zustimmung zur Überweisung weiterer Haushaltsmittel an den Flughafen auch davon abhängig machen, ob erste Schritte in diese Richtung gegangen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Abgeordnete, was heißt das jetzt aber für den Zuschuss, der im Haushalt 2022 steht, also für die kurzfristige Perspektive? Die Sperre der Ausgaben wurde doch nie verfügt, um vielleicht erst einmal die Notwendigkeit der Auszahlung zu prüfen. Dass der Flughafen Geld braucht, steht doch völlig außer Zweifel. Ein Flughafen, für dessen Bau das Doppelte von dem ausgegeben wurde, was nötig gewesen wäre, kann sich überhaupt nicht rechnen - das liegt doch auch auf der Hand. Die Frage ist nur: Wollen wir diese Differenz jetzt auf einen Schlag begleichen - ich denke, das würde jeden Landeshaushalt überfrachten - oder finden wir da eine intelligentere Lösung?

Mich wundert auch ein bisschen, dass niemand hier rechnen kann. 2,4 Milliarden Euro stehen gerade in Rede - das sind die Mittel, die der Flughafen noch braucht. Der Anteil Brandenburgs daran beträgt knapp 900 Millionen Euro; darin sind allerdings auch die Coronamittel, die schon geflossen sind, enthalten.

Es stellt sich aber die Frage: Brauchen wir das Geld wirklich? Auch wir haben mit dem neuen Finanzsenator in Berlin gesprochen. Das ist die zentrale Frage: Wie viel Geld braucht es wirklich? Und welches Datum ist dafür realistisch? Da es beim BER leider immer um dreistellige Millionenbeträge geht, sind auch kleinste Unterschiede ganz schön heftig, und deswegen ist jeder gut beraten, sich das gut anzuschauen und ordentlich zu prüfen - und das werden wir tun.

Auch ich habe mir das Gutachten angesehen, das wir damals bei der Forschungsgruppe des Luftverkehrs der TU Chemnitz, unter der Leitung von Prof. Dr. Friedrich Thießen, in Auftrag gegeben haben. Er ging damals auch schon der Frage nach, welche Auswirkungen die durch das Bauchaos entstandenen Mehrinvestitionen auf die Wirtschaftlichkeit haben. Er schreibt:

„Die Auswirkungen sind, was den späteren Betrieb des Flughafens anbetrifft, erstaunlich gering. [... D]as laufende Geschäft des Flughafens wird durch die Mehrinvestitionen wenig belastet [...].“

Das ist die gute Nachricht. Aber dann weiter:

„[Allerdings] werden die Kapitalgeber, d. h. die staatlichen Anteilseigner bzw. der Steuerzahler, keine Rendite auf ihr falsch investiertes Geld erhalten und es vermutlich auch vollständig abschreiben müssen.“

Das heißt, all das, was der Flughafen zu viel gekostet hat, wird letztendlich der Steuerzahler übernehmen müssen - das ist ja klar. Die Frage ist doch nur, ob wir ein intelligentes Geschäftsmodell finden und den Betrieb so organisieren können, dass wir dieses Delta möglichst minimieren. Darum wird es gehen, und genau das wird Inhalt des Zukunftskonzeptes sein, das wir hier brauchen. Eine erste Sonderabschreibung hat es ja schon gegeben. Die Frage ist doch: Brauchen wir weitere? - Hoffen wir mal, dass das nicht der Fall ist!

Jetzt beginnt die Zeit zu rennen; deswegen will ich hier nicht weiter ausführen, was Prof. Thießen in seinem Gutachten noch alles geschrieben hat. Wichtig ist für uns, dass wir jetzt genau auf das Geschäftsmodell achten und wir auch in der Koalition - und ich denke, da wird auch die Opposition mitziehen - uns sehr genau ansehen, unter welchen Bedingungen wir diesem Flughafen weiter Geld geben. Aber dass wir ihn weiter finanzieren, steht doch außer Frage. Die Frage, die sich jetzt hier nur noch stellt, ist: Wie stellen wir es am intelligentesten an, dass diese Summe möglichst minimiert wird?

- Herzlichen Dank.