Zum Inhalt springen

Hinweis: Diese Website wird nicht mehr aktualisiert und dient als Archiv. Weitere Informationen →

Rede im Landtag: Für eine unabhängige, klimagerechte und soziale Energieversorgung in Brandenburg – 100% Erneuerbare Energien

Inhalt von YouTube

Hiermit akzeptiere ich die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren.

Die Rede von Benjamin Raschke im Video (c) rbb

- Es gilt das gesprochene Wort!

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Liebe Gäste an den Bildschirmen, werte Abgeordnete,

ganz leise, fast unbemerkt, sind wir hier im Landtag in die zweite Halbzeit gestartet. Die Weltpolitik hat es überschattet, aber ja, liebe Kolleg*innen, es ist so: 2,5 sehr bewegte Jahre gemeinsamer Arbeit liegen hinter uns, und weniger als 2,5 Jahre vor uns. Ein guter Anlass, Danke zu sagen. Das will ich hiermit tun. Danke für die gute Zusammenarbeit in der Koalition und für die Anregungen und Hinweise aus der – demokratischen – Opposition. Es ist auch ein guter Anlass zu fragen: was packen wir in der zweiten Halbzeit an, was wird diese prägen? In der ersten war es unzweifelhaft Corona – das wird uns weiter begleiten. Für die zweite Halbzeit sehe ich drei Mega-Themen - da gibt uns diese Plenarwoche einen guten Vorgeschmack:

  1. Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine. Mit all seinen Auswirkungen – Dazu hatten wir gestern eine gute Debatte. An dieser Stelle einen besonderen Dank an die Landtagspräsidentin für den würdevollen Einstieg
  2. Thema: die Energiepreise – so viele Menschen treibt die Sorge um, Strom, Gas, Mobilität nicht mehr bezahlen zu können. Und gleichzeitig die Wut, damit Putins Krieg zu finanzieren.
  3. Mega-Thema: die Klimapolitik. Morgen, hier vor dem Landtag demonstrieren wieder Fridays for Future. Zu Recht, denn unsere Fortschritte bundesweit, weltweit sind noch viel zu gering.

Lassen Sie uns daher heute die Aktuelle Stunde nutzen , um zu diskutieren: Wie gestalten wir die Energie- und Klimapolitik in der 2. Halbzeit? Wie erreichen wir 100% Erneuerbare Energie, was müssen wir tun, was muss der Bund tun, für eine unabhängige, klimagerechte und soziale Energieversorgung? Dafür bringe ich drei Botschaften mit:

1. Botschaft für die Bürgerinnen und Bürger

Unsere Botschaft für die Bürgerinnen und Bürger: Wir werden Sie entlasten. Denn es kann nicht sein, dass Sie nach Jahrzehnten verschlafener Energiepolitik im Bund, nach Corona und bei den Aufgaben der Klimapolitik nun auch noch die Lasten von Putins Krieg allein tragen müssen. Wir werden Sie entlasten. Direkt im Portemonnaie.

Aber, Sie kennen das, kein Politikerversprechen ohne Einschränkungen. In diesem Fall sogar zwei: 1. Wir werden dennoch alle unseren Lebensstil umstellen müssen. Wir leben als Gesellschaft völlig über unsere Verhältnisse. Zweites Aber: Das Versprechen gilt nicht für alle. Aber nicht für alle gleichermaßen. Wir Abgeordnete haben das bspw. weniger nötig. Uns Grünen geht es vor allem um diejenigen, die eh schon weniger haben: Alleinerziehende, Menschen in Harz IV.

Was heißt das konkret:

  1. Der Bund hat bereits einen Heizkostenzuschuss für Wohngeld-Empfänger beschlossen. Ich bin froh, dass wir aus den 135 Euro am Ende sogar 270 Euro machen konnte.
  2. Die EEG-Umlage wird nun schon ab 1. Juli abgeschafft, das entlastet viele Menschen.
  3. Um die Energiepreise auszugleichen, wird es, das darf ich verraten, einen Ausgleich bei Harz IV geben.

Nicht in dem Sinne, wie die Linken das heute in ihrem Antrag fordern, denn wir wollen Harz IV ja so schnell es geht überwinden. An dem Punkt stimmen wir mit Ihnen von den Linken ja auch überein. Ihre Kernforderungen wie den Schutzschirm für Tankstellen an der Grenze oder einen allgemeinen Rabatt an der Tankstelle aber lehnen wir ab. Sie weisen in Ihrem Antrag ja selbst zu Recht darauf hin: Das wird mit großer Sicherheit nur zu einem führen: noch mehr Gewinnen bei den Raffinerien und Energiekonzernen. Deshalb ist es richtig, dass Wirtschaftsminister Habeck jetzt Sondersteuern für die Konzerne und das Kartellamt ins Spiel gebracht hat! Es kann nicht sein, dass einzelne hier vom Krieg profitieren!

Weitere Entlastungen vom Bund werden folgen, vor allem, das darf ich schon sagen, bei der Unabhängigkeit vom Erdgas bei der Wärmeversorgung. Heute um 11, in wenigen Minuten, werden dazu die Ergebnisse des Koalitionsausschusses in Berlin vorgestellt. Mittelfristig, und da kommt das das Land ins Spiel, führt vor allem eines zu Entlastungen im Portemonnaie und für das Klima:

  • Energie-Einsparungen,
  • mehr Effizienz
  • und der Ausbau der Erneuerbaren Energien.

2. Botschaft für die Unternehmen im Land

Damit bin ich bei der 2. Botschaft. Die ist für die Unternehmen im Land. Sie lautet: Handwerk hat grünen Boden! Ja, ich weiß, vielen von Ihnen machen die Energiepreise auch zu schaffen. Und auch Sie werden von den Entlastungen profitieren. Worauf ich aber hinaus will: Allein beim Strom wollen wir bundesweit 2035 bei 100 % öko sein. In Brandenburg noch schneller. Wenn wir in dem geplanten Tempo die Erneuerbaren Energien ausbauen wollen, entstehen sehr schnell viele Aufträge für sehr viele Firmen.

Konkret:

  1. Im Verkehr: erst diese Woche durfte Ministerpräsident stolz die Tesla-Fabrik eröffnen. Sehr viele Arbeitsplätze werden folgen!
  2. Die Hürden für Wind und Solar fallen. Der Bund will die Planungen beschleunigen, in dem Erneuerbare im öffentlichen Interesse liegen und Vorrang haben. Bei der Bürger*innen-Energie soll die Pflicht zu Ausschreibungen und damit viel Bürokratie wegfallen.
  3. Auch indirekt: In Kürze werden die Kommunen für alle Windkraftanlagen, auch für die bestehenden, Geld bekommen. Damit werden in vielen Gemeinden erstmal wieder Investitionen möglich, etwa in Schulen. Was wiederum Aufträge für das Handwerk mit sich bringt. Sie sehen, der Weg lohnt sich.

3. Botschaft: Mehr wagen.

Und damit bin ich bei der 3. Botschaft und bei einer Bitte. Die geht an uns alle hier im Landtag und in der Regierung: Lassen Sie uns noch mehr wagen. Wir haben einen guten Koalitionsvertrag. Aber nun, mit der fatalen Abhängigkeit von Russland, mit den Vorgaben des Bundes, mit dem Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, dem letzten IPPCC-Bericht ist klar: Wir müssen die 100% Erneuerbare noch energischer angehen.

Konkret: Lassen Sie mich zum Abschluss noch 5 Projekte nennen.

1. Übergeordnet

Wenn die Bundesvorgaben da sind, wird Wirtschaftsminister Steinbach natürlich die Energiestrategie anpassen, und wie geplant auch mit dem Klimaplan von Axel Vogel in Übereinstimmung bringen.

2. Beim Verkehr

Wir schaffen mit Tesla die Antriebswende. Aber wir brauchen mehr! Nur Autos allein sind nicht die Lösung. Wir brauchen im nächsten Haushalt mehr ÖPNV und mehr Radverkehr! Apropos ÖPNV: Wir haben hier, im Landtag, beschlossen, dass aus dem Zukunftsinvestitionsfonds in Schwedt Busse auf Wasserstoff umgestellt werden. Ich höre nur Gutes. Lassen Sie uns das ausweiten!

3. Bei der Wärme

Es gibt in Nechlin einen Wasserstoffspeicher, der das Dorf versorgt. Dort sind die Sorgen wegen der Energiepreise gerade nicht so groß. Lassen Sie uns das auf andere Dörfer übertragen. Oder die Abwärme aus der Industrie nutzen. Ich hörte, unsere Kollegin Saskia Ludwig hat da gute Ideen. Ich freu mich drauf!

4. Beim Strom

Wir könnten viel mehr Solar machen. Das wird auch die Potentialanalyse des Wirtschaftsministeriums zeigen, die noch im März auf dem Tisch liegen soll. Wir müssen aber über ein heikles Thema reden: Den Denkmalschutz! Wir haben in Brandenburg viele Kirchendächer oder ganze Flächendenkmäler wie in Eisenhüttenstadt, wo bisher in der ganzen Stadt gar nichts geht. Das geht in Zukunft nicht mehr. Heikles Thema, ich weiß. Aber lassen Sie uns im Dialog nach Wegen suchen. Und, heikles Thema Nr. 2, Die Solarpflicht für Neubauten. Da gibt es hier im Raum sicher unterschiedliche Meinungen. Wir Grüne sind überzeugt: Das brauchen wir. Lassen Sie auch darüber noch einmal reden, über Pro und Contra!

5. und letztes Projekt: Einsparungen & Effizienz

Da ist in den letzten Jahren kaum etwas vorangegangen. Da kann ich mich auch an die eigene Nase fassen, aber ich wüsste von keinem einzigen Antrag oder Fachgespräch von irgendeiner Fraktion dazu in den letzten Jahren. Liebe Kolleg*innen, Sie sehen, es gibt viel anzupacken für 100% Erneuerbare. Mehr denn je. Wir Bündnisgrüne stehen bereit! Ich freue mich auf die zweite Halbzeit mit Ihnen, und nun auf eine anregende Debatte.

Vielen Dank!

Weiterführende Informationen

Rede zu: Aktuelle Stunde "Für eine unabhängige, klimagerechte und soziale Energieversorgung in Brandenburg 100% Erneuerbare Energien" (TOP 1 der 66. Plenarsitzung)