Zum Inhalt springen

Rede im Landtag: Für natürliche Dynamik und biologische Vielfalt: Wildnisflächen nachvollziehbar, rechtssicher und mit öffentlicher Beteiligung ausweisen

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer*innen an den Bildschirmen,

Jahrhundertelang hatten die Menschen Angst vor der Wildnis, haben ihr Stück für Stück Land abgerungen und urbar gemacht, bis keine Wildnis mehr übrig war, wo sich die Natur frei entfalten konnte – zumindest in Deutschland.

Jetzt soll die Wildnis zurückkommen – auf gerade mal 2 Prozent der Fläche in Deutschland. Für Brandenburg sind das ganze 60.000 ha.

Und wieder haben Menschen Angst vor der Wildnis – aber diesmal anders.

Aber es gibt auch die anderen Menschen, die die Wildnis suchen, um dem Alltag zu entfliehen, dem Stress der Arbeitswelt, um runterzufahren, damit Körper und Seele zur Ruhe kommen und um zu lernen, wie Natur funktioniert. Wildnisgebiete sind weltweit beliebte Ausflugs- und Urlaubsziele. Sie ziehen Touristen und Künstler an und stärken ländliche Regionen.

Wildnisgebiete bieten ein Gegengewicht zur stark genutzten Kulturlandschaft. Und wer’s nicht glaubt, sollte einfach mal hinfahren.

Zum Beispiel in den Nationalpark Unteres Odertal. Da gibt es ein rund 5.200 ha großes Wildnisentwicklungsgebiet, das man zum Beispiel während geführter Kanutouren erleben kann.

Ich habe das selbst vor einigen Jahren mit einer Gruppe von Naturfreunden gemacht und alle waren begeistert. Die Landschaftsführerin, mit der unsere Gruppe unterwegs war, lebt von diesen Touren. Die ganze Region um den Nationalpark profitiert von diesem anerkannten Wildnisentwicklungsgebiet.

Oder kommen Sie mal in die Lieberoser Heide. Auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz wurden in den 90er Jahren ca. 4000 ha als Wildnisentwicklungsgebiet ausgewiesen.

Davon betreut die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg ca. 3000 ha.

Mit einem umfangreichen Programm an geführten Exkursionen wird der Wildnisgedanke hier den Besuchern nahegebracht.

Oft sind die Gruppen ausgebucht - so groß ist das Interesse an der Wildnis. Gerade für so eine strukturschwache Region wie Lieberose ist dieses der Natur überlassene Gebiet ein Pfund.

Die Region bewirbt sich übrigens derzeit um ein großes Strukturwandelprojekt für die „Naturwelt Lieberoser Heide“ um diesen ländlichen Raum mit dem Markenkern Wildnis zu entwickeln.

Wahrscheinlich sind einige von Ihnen schon mit dem Kahn oder dem Paddelboot durch die anerkannten Wildnisentwicklungsgebiete im Biosphärenreservat Spreewald gefahren. Hier heißen sie Kernzonen und bestehen zum größten Teil schon seit 1990.

Die Entwicklung dieser Gebiete wird im Rahmen der ökosystemaren Umweltbeobachtung wissenschaftlich dokumentiert. Denn wir wollen wissen, wie sich die Flächen ohne menschliche Einflüsse entwickeln.

Für die Spreewaldbesucher gibt es hier interessante Kahn- und Paddeltouren zum Beispiel durch die Kernzonen Luschna, Hochwald Polenzoa und Abramka oder auch entlang der Wisianka. Das sind alles vom Bund anerkannte Wildnisflächen. Und keine Behörde würde auf die Idee kommen, diese Kahn- und Paddelrouten zu sperren, weil es Wildnisentwicklungsgebiete sind.

Im Gegenteil. Natürlich wird hier Geld und Manpower eingesetzt, um das Gewässersystem zu erhalten, schon aus Gründen des Hochwasserschutzes, aber auch, weil es so als Schutzzweck in der Verordnung des Biosphärenreservates steht. Hier wird gejagd und gefischt und das wird so bleiben.

Und es wird gestaunt - von Hunderttausenden Touristen, die hier jährlich durch den Spreewald geschippert werden. Nirgendwo kann man Wildnis bequemer erleben als bei einer Bootsfahrt im Spreewald. Also, keine Angst vor Wildnisentwicklungsgebieten!

Im letzten Umweltausschuss haben wir ausführlich darüber diskutiert. Denn 2 % Landesfläche haben wir uns vorgenommen. 2 % Wildnis in Brandenburg heißt, 98 % der Landesfläche bleiben Kulturlandschaft, in der der Mensch weiterhin das Sagen hat. 2 % Wildnis für Brandenburg sind politisch mit dem Bekenntnis zur Biodiversitätsstrategie des Bundes durch den Landtag in der letzten Legislaturperiode bereits beschlossen worden. Und auch wir haben uns im Koalitionsvertrag dazu bekannt.

Und nun macht das Umweltministerium nichts anderes als die fachlich fundierte Arbeit dazu. Der Minister wird dazu sicher noch weiter ausführen.

Wir können davon ausgehen, dass über die künftigen Wildnisentwicklungsgebiete demnächst auch öffentlich in den Regionen informiert und diskutiert wird.

Und wir werden das Thema demnächst auch im Umweltausschuss wieder aufrufen und über den Fortgang der Suche nach Wildnis in Brandenburg debattieren.

In diesem Sinne halten wir den Antrag der LINKEN nicht für zielführend und lehnen ihn ab.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Weiterführende Informationen

Rede zu: Antrag "Für natürliche Dynamik und biologische Vielfalt: Wildnisflächen nachvollziehbar, rechtssicher und mit öffentlicher Beteiligung ausweisen" (TOP 11 der 82. Plenarsitzung)