- Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer*innen an den Bildschirmen,
Mit dem Brandenburgischen Kulturlandschafts- und Insektenschutzgesetz wollten wir Sicherheit schaffen.
Sicherheit für die Insekten vor chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und Überdüngung in Naturschutzgebieten und FFH-Gebieten, an Gewässerrandstreifen und in öffentlichen Grünanlagen.
Und wir wollten damit auch Planungssicherheit für die Landwirtinnen und Landwirte schaffen, bei der Bewirtschaftung von Flächen mit Naturschutzauflagen in besonders sensiblen Bereichen.
Ca. 75.000 Menschen hatten die Volksinitiative der Umweltverbände für ein Insektenschutzgesetz unterschrieben. Weitere rund 25.000 Menschen hatten sich mit ihrer Unterschrift bei der Landnutzerinitiative für mehr Insektenschutz ausgesprochen.
In einem für den Landtag bisher beispiellosen intensiven Diskussionsprozess haben wir beide Volksinitiativen zueinander gebracht und einen gemeinsamen Gesetzentwurf mit einem begleitenden Entschließungsantrag erarbeitet.
Umso enttäuschender ist, dass der Beschluss des Gesetzes letztlich am Widerstand der SPD gescheitert ist.
In der Plenarsitzung am 16. Dezember 2022 fehlte der politische Wille und der Mut, um Sicherheiten für die Insekten und Landnutzenden zu beschließen.
Nach Ansicht von Kollegen Funke wird schon genug für die Insekten getan. Diese Argumentation ist falsch und das sieht auch die Wissenschaft so.
Denn: Die Bundesregelung zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln lässt weitreichende Ausnahmen zu und umfasst nicht alle chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel, die in der Praxis angewendet werden, weil auch hier Koalitionspartner auf der Bremse stehen.
So werden noch immer Pestizide in Naturschutzgebieten und europäischen Schutzgebieten, den FFH-Gebieten, ausgebracht.
Gewässerrandstreifen werden nach wie vor nicht ausreichend geschützt und auch die Flächenversiegelung geht weiter.
Eine weitere Katastrophe für den Artenschutz ist die Verlängerung der Genehmigung für das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat um weitere 10 Jahre.
Das führt zur weiteren Artenverarmung.
Als Reaktion auf die massiven Bauernproteste werden in Brüssel gerade in einem Dringlichkeitsverfahren Umweltanforderungen abgebaut bzw. aufgeweicht, die bislang als Gegenleistung für die Agrarförderung von den landwirtschaftlichen Betrieben zu erbringen waren.
Dazu zählen u.a. • die Bereitstellung von 4 % Brachfläche als ökologische Vorrangflächen, • der Erhalt von Grünland • und weitere Mindeststandards für vielfältige Fruchtfolgen und Bodenschutz.
Damit fallen wichtige Maßnahmen zum Artenschutz in der Landwirtschaft weg, die wissenschaftlich als effektiv bestätigt wurden.
Das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur steht vor dem Aus, trotz Zustimmung im europäischen Parlament.
Führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnen diesbezüglich in einer aktuellen Erklärung davor, dass ohne Gesetz die Ernährungssicherheit in Europa, die Bewahrung der biologischen Vielfalt und der Erfolg im Kampf gegen den Klimawandel gefährdet seien.
Die lang- und heiß diskutierte EU-Verordnung zur Pestizidreduktion wurde von der Kommissionspräsidentin vor einigen Wochen komplett zurückgezogen.
Das ist Alles in Allem keine gute Entwicklung für die Artenvielfalt! Es ist ein Zurückfallen in alte Muster und eine Abkehr von längst etablierten innovativen Lösungen in der Landwirtschaft.
Und wie auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen in seiner aktuellen Stellungnahme bestätigt, reichen freiwillige Leistungen nicht.
Denn wenn das so wäre, hätten wir nicht diesen enormen Artenschwund, insbesondere in der Agrarlandschaft.
Ich möchte nochmal an die Zahlen erinnern: Die Hälfte aller Käfer, Hautflügler – darunter auch die Bienen - und Schmetterlinge sind bei uns gefährdet oder ausgestorben.
Sinkende Bestände haben wir unter anderem bei Laufkäfern, Heuschrecken und Ameisen, aber vor allem bei den Vogelarten der Agrarlandschaft. Besonders betroffen sind Rebhuhn, Feldlerche, Schafstelze und Feldsperling. Ohne einen ordnungspolitischen Rahmen in Form eines Gesetzes wird es keinen effektiven Insektenschutz, keinen ausreichenden Artenschutz geben!
Und weil das so ist, kann ich den Gesetzentwurf für ein Brandenburgisches Kulturlandschafts- und Insektenstärkungsgesetz nicht ablehnen, zumal ich ihn ja auch selbst mit eingebracht habe.
Ich kann aber auch dem Entschließungsantrag der Linken nicht zustimmen, weil hier unter anderem eine undifferenzierte Schuldzuweisung für das Scheitern des Insektenschutzes an die Koalition ausgesprochen wird.
Dazu möchte ich nochmal betonen: Die Bündnisgrüne Fraktion hat bis zum Schluss für das Gesetz und den Entschließungsantrag gekämpft. Aber in den Fraktionen unserer Koalitionspartner hat der politische Wille gefehlt. Damit wurde auch der Wille der Menschen in unserem Land ignoriert.
Ich persönlich werde mich deshalb bei beiden Abstimmungen enthalten.
Unser Dank gilt all den Menschen, die für mehr Insektenschutz unterschrieben haben. Unser Dank gilt auch den Menschen, die mit uns im Insektendialog und den anschließenden Verhandlungen nach Lösungen gesucht haben.
Und eines kann ich Ihnen versprechen: Unsere Fraktion wird an dem Thema dranbleiben!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!