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Rede im Landtag: Keine Verfassungsfeinde im Staatsdienst

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Gäste,

was lange währt, wird endlich gut, so sagt der Volksmund und so ist das auch hier. Die heute zum Beschluss vorliegende Fassung des „Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes des Berufsbeamtentums in Brandenburg vor Verfassungsgegnern“ wird einen Beitrag dafür leisten, unsere öffentliche Verwaltung vor Gegner*innen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu schützen, ohne die Pluralität politischer Meinungen in den Behörden zu beeinträchtigen, denn auch diese ist Teil unserer verfassungsmäßigen Ordnung.

Daher galt es hier klug abzuwägen, zwischen den Bedrohungen unserer demokratischen Gesellschaft einerseits – und diese Bedrohungen werden ja aktuell mehr als deutlich, wenn verfassungswidrige Abschiebephantasien propagiert werden und sich politische Mandats-träger von ausländischen Mächten einkaufen lassen, sei es nun Russland oder China. Andererseits darf die politische Einstellung von Beamtinnen und Beamten, soweit sie sich im Rahmen des Grundgesetzes bewegt, keinen Unterschied machen beim Eintritt in den Öffentlichen Dienst, bei Beförderungen und bei disziplinarischen Vorgängen.

Diesem Spannungsfeld wird aus meiner Sicht der vorliegende Beschlusstext gut gerecht.

Das Gesetz geht zurück auf den Auftrag des Landtags, der in seiner 20. Sitzung am 27. August 2020 die Landesregierung aufgefordert hatte zu prüfen, wie eine Zuverlässigkeitsprüfung vor einer Einstellung erfolgen kann, aber auch eine anlassbezogene Prüfung während des dienstlichen Werdegangs.

Das Ergebnis der Prüfung hat uns die Landesregierung am 30. Oktober 2022 vorgelegt, es wurde im Rahmen des parlamentarischen Prozesses noch wesentlich verbessert. Auch wenn das relativ lange gedauert hat, denke ich, die Zeit hat sich gelohnt.

Uns Bündnisgrünen war dabei von Anfang an wichtig, dass wir nicht nur das Augenmerk auf den Einstellungsprozess legen, sondern auch die Maßnahmen verbessern, um Beamtinnen und Beamte, die sich erst nach Eintritt in den Dienst radikalisiert haben, zu sanktionieren.

Hierbei wollen wir nach dem Vorbild von Baden-Württemberg und des Bundes von dem Instrument der Disziplinarklage auf eine Disziplinarverfügung umstellen. Es ist der Öffentlichkeit nicht vermittelbar, dass auch Beamtinnen und Beamte, die offensichtlich verfassungswidrig auftreten, während der Dauer des Verfahrens mit vollen Bezügen im Beamtenverhältnis verbleiben.

Ich bin froh, dass nun in besonders schweren Fällen die Entfernung aus dem Amt schneller ausgesprochen werden kann. Selbstverständlich bleiben die verfassungsmäßigen Rechte der Betroffenen und die gerichtliche Überprüfbarkeit erhalten.

Meine Damen und Herren, Sie können sich vorstellen, dass in meiner Partei, die in früheren westdeutschen Zeiten ja selbst vom sogenannten „Radikalenerlass“ betroffen war, die vorgeschlagenen Regelungen auch zu erheblichen innerparteilichen Diskussionen geführt haben.

Wir müssen aber sehen, und meine Kollegin Marie Schäffer hat das auch mehrfach hier vom Pult aus deutlich gemacht, dass die Verfas-sungsschutzbehörden verglichen mit der Zeit des Radikalenerlasses heute einem ganz anderen Maß an parlamentarischer, aber auch gerichtlicher Kontrolle unterliegen und Begründungen von Einstu-fungen und Maßnahmen an einem sehr viel höheren Standard gemessen werden.

Gerade an den Prozessen gegen die Einstufung von Gliederungen der sogenannten Alternative für Deutschland können wir erleben, dass einerseits die Kontrolle des Verfassungsschutzes funktioniert und andererseits aber entsprechende Maßnahmen und Einstufungen so sorgfältig vorgenommen werden, dass sie einer gerichtlichen Überprüfung standhalten.

Meine Damen und Herren, wir Bündnisgrüne sind uns natürlich dessen bewusst, dass rechtliche Regelungen für das Beamtenverhältnis nur einen kleinen Teil der Anstrengungen zur Eindämmung des Rechtsextremismus darstellen können.

Nichtsdestotrotz sind solche Regelungen erforderlich, schließlich stehen unsere Beamtinnen und Beamten in einem besonderen Treueverhältnis zum Staat.

Der Kampf gegen den Rechtsextremismus wird aber nicht im Beamtenrecht oder in anderen Gesetzen gewonnen. Er kann auch nicht von der Politik auf die Polizei oder den Verfassungsschutz delegiert werden, genauso wenig wie er von den Bürger*innen auf die Politik delegiert werden kann. Gegen politischen Extremismus ist jeder und jede aufgerufen, aktiv zu werden.

Und dass die Gesellschaft Rechtsextremismus ablehnt, sehen wir bei den Demonstrationen auf den Straßen, wir sehen es auch bei den vielen Menschen, die sich in Initiativen, Vereinen und Verbänden für Demokratie und Menschenrechte engagieren, von der Flüchtlings-initiative bis zur Wirtschaftsvereinigung.

Wir Bündnisgrüne wollen diese Initiativen weiter unterstützen und so freuen wir uns auch, dass das Land Brandenburg auf unseren Vorschlag hin die Mittel für demokratiefördernde Projekte in der Zivilgesellschaft weiter erhöht hat.

Das vorliegende Gesetz ist ein wichtiger Baustein zur Sicherstellung der Verfassungstreue, es ist kein Generalverdacht gegen Beamtinnen und Beamte. Es fördert das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Verwaltung und es ist richtig und wichtig. Ich empfehle die Zustimmung.

Vielen Dank

Weiterführende Informationen

Rede zu: Gesetzentwurf "Gesetz zur Verbesserung des Schutzes des Berufsbeamtentums in Brandenburg vor Verfassungsgegnern" (TOP 5 der 105. Plenarsitzung)