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Carla Kniestedt spricht zu: Gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe für Familien unabhängig vom Impfstatus gewährleisten

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitmenschen in Brandenburg,

manchmal finde ich, ich habe zu wenig Zeit an diesem Pult, um unsere Meinung, Haltung zu irgendeinem Thema klar zu machen. Da sich im Falle dieses Antrags übertriebener Aufwand wirklich nicht lohnt, werde ich die sagenhaften 15 Minuten, die ich füllen könnte auf gar keinen Fall ausnutzen.

Achtung, Zitat, anspruchsvolle Denksportaufgabe: Karl Valentin, bayrischer Komiker mit intelligent hintergründigem Humor unterwegs, der heute noch wirkt, sagte mal vor vielen Jahrzehnten, OHNE die AfD zu kennen: Gesegnet seien die, die nichts zu sagen haben und trotzdem den Mund halten.

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Sie, soviel steht fest, würden von Karl Valentin nicht gesegnet werden. Was zu beweisen wäre. Und leicht beweisbar ist, schon der Wortwahl wegen, die Sie in diesem Antragstext wählen und wegen der Grundstimmung, die Sie aufbauen. Der Anfang ist eher eine harmlose Beschreibung. Ja, Grundrechte sind eingeschränkt durch Corona, Familien haben es besonders schwer, die Belastungen sind groß. Ja, ist so.

Danach aber kommt lauter Zeugs, was bitte mal sofort und gleich gemacht werden solle. Kurz gesagt, alles auf, alle rein, wurscht, ob geimpft oder nicht geimpft. Derartigen Unsinn ertrage ich ganz grundsätzlich nur ausgesprochen schwierig, habe aber seit längerem verstanden, warum Sie so etwas ernsthaft fordern. Weil sie, wie Sie uns und der geneigten Öffentlichkeit immer wieder beweisen, Corona für eine Verschwörung halten. Oder ein Gespenst oder was auch immer.

Und dann versteigt sich ihr Text zu Begriffen wie Impfapartheid. Der gesamte Satz Ihres Antrages, lautet: Ich zitiere: Mittlerweile sind Sonderrechte für Geimpfte und damit die Impfapartheid in Form der zwei-Klassen-Gesellschaft eine Tatsache. Zitat Ende.

Dass ICH jetzt sprachlich nicht abgleite, ist nur meiner ungeheuren Körperbeherrschung zu verdanken. Wofür sich dieser Satz aber sehr eignet ist zu zeigen, wie manipulativ Sie vorgehen.

Sie benutzen Begriffe, die inhaltlich ganz eindeutig definiert sind, in diesem Falle Apartheid, und das hat Methode. Sie machen zum einen auf diese Weise aus dem Impfen ein Verbrechen. Denn genau das war die Apartheid, eines gegen die Menschlichkeit, wie die Vereinten Nationen schon 1973 feststellten.

Es ist ungeheuerlich, die Qualen der coloured people in Südafrika während der langen Zeit der Apartheid, von den Vereinten Nationen übrigens seit ihrer Gründung bereits als gravierendes Beispiel systematischer Rassentrennung verurteilt, auf die Frage anzuwenden: impfen ja oder nein.

Schauen wir auf den Anfang des Satzes, Die Formulierung Sonderrechte für Geimpfte. Die ist falsch. Denn die, die geimpft sind, erhalten Freiheitsrechte zurück, die eingeschränkt werden mussten. Das klingt wesentlich nüchterner. Beim Wort Sonderrechte hingegen wird natürlich etwas ausgelöst bei Menschen. Neid, zurück-gesetzt-fühlen – auf jeden Fall etwas Negatives. Das verbreitet Unsicherheit, im ungünstigsten Falle Angst, es spaltet. Und genau das soll auch so sein.

Zur von Ihnen als Gespenst an die Wand gemalten Impfpflicht, die sich wabernd nähert, eigentlich schon da ist, und vor der langsam aber sicher Eltern und Kindern zu zittern beginnen: Sie ist so, wie Sie es aufgeschrieben haben, genau das, ein Gespenst.

Ganz ohne ihre Angstmache debattieren WissenschaftlerInnen und Ärztinnen seit langem, für wen welcher Impfstoff sinnvoll und möglich ist. Es handelt sich um einen Prozess, der täglich neue Erkenntnisse liefert. Manchmal solche, die die von vor einer Woche revidieren. Das kommt vor, wenn Neues entsteht.

Ich setze Ihrem angstmachenden Gerede von der Pflicht den Gedanken eines Rechts entgegen. Darum nämlich geht es bei uns allen, für die einer der Impfstoffe inzwischen zugelassen ist.

Diesem Gedanken folgen zu können setzt allerdings voraus, dass man anerkennt, dass es sich um eine weltweite Pandemie handelt, die bekämpft werden muss. Unter anderem mit Impfungen, die von den allermeisten Menschen der Welt als segensreiche Möglichkeit wahr genommen werden. Und wir hier sind, trotz der vielen oft zu Recht erwähnten Schwierigkeiten in der Lage, mehr und mehr Menschen mit dem momentan effektivsten Schutz zu versehen. Wir haben das Recht, uns impfen zu lassen. Jeder und jede die möchten, wird es, hoffentlich so bald als möglich, können. Um sich und andere Menschen vor dramatischen Folgen im Falle einer ernsthaften, häufig tödlich endenden Krankheit, zu schützen.

Das werden niemals 100 Prozent der Bevölkerung sein. Aus verschiedensten Gründen. Erstens: die Freiwilligkeit. Mensch kann sich auch dagegen entscheiden. Zweitens wird es immer Menschen geben, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden dürfen. Ich habe in meiner Umgebung solche Menschen. Die darauf vertrauen, dass hinreichend viele ihr Recht in Anspruch nehmen. Auch um sie zu schützen. Mal ganz abgesehen davon, dass es weltweit noch immer Millionen Menschen gibt, die Ihre unzulässig panischen Sätze in keinster Weise verstehen könnten, weil sie geradezu sehnsüchtig auf Impfstoff warten.

Es ist und bleibt in der Verantwortung eines jeden Menschen zu entscheiden, ob er will oder nicht. Es ist und bleibt in der Verantwortung von Ärztinnen und Ärzten, sehr sorgfältig zu schauen, ob es eventuell Gegenindikationen gibt, die impfen ausschließen. Und es ist und bleibt auch unsere Verantwortung, wissenschaftliche Erkenntnisse aufzunehmen, abzuwägen.