Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren!
Manchmal macht es richtig Spaß, sich auf eine Rede vorzubereiten, insbesondere wenn man einen so „tollen“ Antrag der AfD vor sich hat. Beim ersten Lesen Ihres Antrags bin ich über den Satz gestolpert, dass - ich zitiere - „[b]ereits in Anspruch genommene Hilfen aus den Sofortprogrammen“ angerechnet werden. Was mir fehlt, ist eine Regelung, wie mit den Überbrückungshilfen umzugehen wäre. Merkwürdig, kein Wort dazu.
Okay, das war das Alarmsignal, und bei AfD-Anträgen braucht man ja nicht einmal eine Plagiatssoftware, es reicht eine kurze Google-Suche. Sie kennen Drucksache 17/9788 aus dem nordrhein- westfälischen Landtag? Das ist das Original. Und jetzt kommen wir so langsam zu des Pudels Kern: Der Antrag aus
NRW datiert vom 12.06. dieses Jahres. Jetzt strapazieren wir einmal unsere Kalender: Der 12.06. war just der Tag, an dem das Bundeswirtschaftsministerium die Eckpunkte der Überbrückungshilfen bekannt gegeben hat. In dem Antrag aus NRW konnten sie also noch gar nicht berücksichtigt werden. Aber sorry, das ist zwei Monate her! Ich weiß, Sie haben derzeit weiß Gott andere Probleme in der AfD, und wahrscheinlich ist jeder von Ihnen schon froh, der heute unverletzt und gesund an dieser Sitzung teilnehmen kann. Aber ich stelle mir gerade vor, wie bei Ihnen Anträge entstehen: Hey Franz, wir brauchen noch drei Anträge fürs nächste Plenum! - Anträge wozu? - Egal, kopier halt irgendwas, am besten was mit Corona! - Irgendwie so muss es laufen.
Das Witzige ist ja, dass Sie den Antrag tatsächlich überarbeitet haben. So haben Sie beispielsweise richtig ergänzt, dass die TUI inzwischen mehr als die ursprünglichen 1,8 Milliarden Euro Staatshilfe bekommen hat. Und Sie haben die Absätze zum Flughafen entfernt - vermutlich, weil Sie dachten, dass Berlin-Schönefeld zu Berlin und nicht zu Brandenburg gehört; ich weiß es nicht. Aber dass es inzwischen die Überbrückungshilfen der Bundesregierung gibt, die die von Ihnen beschriebenen Problemlagen exakt abdecken, ist offensichtlich an Ihnen vorbeigegangen.
Ich danke Ihnen von der AfD dennoch für diesen Antrag. Ich habe bereits vor einiger Zeit beschlossen, mich nicht mehr über Ihre Anträge zu ärgern, sondern sie mit Humor zu nehmen, und ich habe mich wirklich amüsiert.
Befassen wir uns lieber mit Anträgen, die es wert sind, inhaltlich diskutiert zu werden. Wir haben ja schon mehrfach einander versichert, dass wir es kritisch sehen, wenn Solo-Selbstständige und Kleinunternehmerinnen und -unternehmer auf die Grundsicherung verwiesen werden. In Ihrem Antrag verweisen Sie, DIE LINKE, ganz zu Recht auf die Entschließung des Bundesrats vom 5. Juni, die - Zitat - „für den begrenzten Zeitraum der Pandemie die Möglichkeit eines pauschalen monatlichen Zuschusses
zur Abfederung von Einnahmeverlusten eröffnet“. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Selbstständigen und freien Berufe erst im Laufe der Beratung im Bundesrat in den Text der Entschließung aufgenommen wurden, der sich ursprünglich ausschließlich auf Kulturschaffende bezog. Das zeigt die bundesweite Bedeutung des Themas, die auch nach bundesweiten Lösungen verlangt.
In der Debatte ist ja bereits zur Sprache gekommen, dass Grundsicherung für manche Betroffene
durchaus günstiger sein kann als eine pauschale Hilfe. Das betrifft sowohl die Höhe der Hilfe als auch den Leistungszeitraum. Dennoch fallen manche aus der Grundsicherung heraus, was uns nicht zufriedenstellen kann. Deshalb freue ich mich, dass auch aufgrund des politischen Drucks aus den Ländern der Koalitionsausschuss im Bund am Dienstag nicht nur beschlossen hat, die coronabedingten Vereinfachungen bei der Grundsicherung zu verlängern, sondern auch,- Zitat - „den Zugang insbesondere von Künstlern, Solo-Selbstständigen und Kleinunternehmern durch eine geeignete Ausgestaltung des Schonvermögens deutlich [zu] verbessern“.
Wenn es denn kommt, kommt es spät, dürfte aber dazu führen, dass viele Solo-Selbstständige, die bislang zum Beispiel aufgrund von Wohneigentum nicht anspruchsberechtigt waren, nunmehr
Grundsicherung beantragen können, und das ist richtig so. Wenn man schon auf die Grundsicherung setzt, muss sie so ausgestaltet werden, dass die Betroffenen sie auch in Anspruch nehmen können. In den Beschlüssen der GroKo deutet sich endlich ein leichtes Einlenken an. Wir sollten den Druck aber aufrechterhalten, um weitere Verbesserungen zu erreichen.
Lassen Sie mich abschließend noch ein Wort zum zweiten Punkt Ihres Antrags sagen: Sie suggerieren, ein erheblicher Teil der Soforthilfen sei an Unberechtigte ausgezahlt worden. Ich sehe das nicht so, und ich denke auch nicht, dass die Stichproben, die jetzt überprüft werden müssen, das ergeben werden.
Übrigens zeigt sich gerade, wie richtig die Strategie Brandenburgs war, bereits vor Auszahlung der Soforthilfen gewisse Prüfverfahren anzuwenden. In Berlin, das seine Hilfen schneller ausgezahlt hat, ermittelt nun der Staatsanwalt wegen mutmaßlicher Veruntreuung von Steuergeldern gegen die Verantwortlichen der Förderbank. Das dürfte uns in Brandenburg erspart bleiben. Dem Antrag der Linken
werden wir nicht zustimmen. - Vielen Dank.