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Heide Schinowsky spricht zu Anträgen von AfD und CDU zu Mindestabständen von Windenergieanlagen zu Wohnbebauung sowie zu unserem zugehörigen Entschließungsantrag

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt in Brandenburg Orte, an denen sich Menschen von Windanlagen nicht nur umzingelt fühlen, sondern die fast rund um von Windanlagen umgeben sind.

(Frau Bessin [AfD]: Richtig!)

Es gibt bei uns auch Binnenstandorte, die für Mensch und Umwelt problematisch sind. In vielen Gemeinden unseres Landes haben sich Bürgerinnen und Bürger zusammengefunden, um den weiteren Ausbau kritisch zu begleiten oder zu verhindern.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Wir in Brandenburg sind weit vorn beim Ausbau erneuerbarer Energien. Das ist auch gut. Es wurden und werden gerade bei der Ausweisung neuer Windgebiete immer noch und immer wieder Fehler gemacht, die die Akzeptanz für diese saubere und inzwischen wirtschaftliche Form der Energieversorgung gefährden. Deshalb jedoch den Ausbau der Windenergie in Brandenburg komplett zu stoppen, was die Anträge von AfD, CDU und jetzt auch Freie Wähler zur Folge hätte, kann nicht unsere Antwort sein. Das ist keine Lösung, sondern es ist eine Kapitulation, und zwar eine Kapitulation vor der wichtigen Aufgabe für uns alle, den weltweiten Klimawandel auch durch den Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien zu begrenzen.

(Beifall B90/GRÜNE - Zuruf von der AfD)

- Genau, über Atomenergie können wir gern später eine Runde diskutieren. Ich weiß gar nicht, wer es war. - Über Klimaflüchtlinge haben wir vorhin schon geredet. Dazu hatten wir auch unterschiedliche Meinungen. Auf die möchte ich nur kurz hinweisen.

Die Anträge von AfD und CDU gehen nicht nur in Sachen Klima in die komplett falsche Richtung. Hierdurch würde auch eine starke Wirtschaftsbranche ausgebremst. Der Ausbau der solaren Stromerzeugung ist - nicht nur, aber auch - aufgrund der drastischen EEG-Änderung auf Bundesebene fast zum Erliegen gekommen. Immer mehr Arbeitsplätze gehen in dieser Branche verloren. Zahlreiche Unternehmen mussten Insolvenz anmelden. Wollen wir das auch für die Windbranche? Natürlich nicht.

(Königer [AfD]: Die ist doch schon pleite!)

- Die Windbranche ist nicht pleite. Machen Sie sich einmal schlau.

Der weltweite Klimaschutz und Brandenburg brauchen gleichermaßen sowohl die Windenergie als auch neue Investitionen in Solarenergie. Nur so können wir eine sichere, preiswerte und saubere Energieversorgung auf den Weg bringen.

Bisher ist die CO2-Bilanz von Brandenburgs Stromerzeugung trotz Vorreiterschaft bei den erneuerbaren Energien leider alles andere als förderlich für das Weltklima. Deswegen und angesichts der drastischen Schäden in der Lausitz durch den Braunkohletagebau ist die Förderung vom Naturschutzbund in Brandenburg nur allzu verständlich.

Der NABU fordert, den weiteren Windenergieausbau an einen verbindlichen Ausstiegsplan aus der Braunkohle zu koppeln.

(Beifall B90/GRÜNE)

Das zeigt: Die Akzeptanz für die Windenergie kann nicht von Fortschritten im Klimaschutz abgekoppelt werden. Das Festhalten Deutschlands an der Braunkohleverstromung hat im Übrigen uns bzw. die deutsche Energiewende bei den Klimaverhandlungen in Lima in Misskredit gebracht und international den Bremsern beim Klimaschutz als Steilvorlage gedient.

Zurück nach Brandenburg: Die Energiestrategie 2030 berücksichtigt, dass Brandenburgs Energieexport Arbeitsplätze sichert. Die Tage der Braunkohlenutzung sind jedoch gezählt. Die Arbeitsplätze gehen laut aktuellen Angaben aus der Landesregierung in den kommenden Jahren drastisch zurück. Eine energiehungrige Großstadt in unserer Mitte, nämlich Berlin, benötigt sehr viel Energie. Wir können uns in Brandenburg nicht hinstellen und sagen: Sollen Sie doch gucken, woher sie kommt. Deshalb ist diese Ansage, die bisherige Windenergie reicht, kurzsichtig. Was sagen Sie Ihren Berliner Kollegen, wie sie ihre Energieversorgung machen sollen? Deshalb ist diese drastische Aussage, 6 000 Megawatt reichen und mehr geht nicht, unverantwortlich. Es ist folgerichtig und sinnvoll, dass Brandenburg ein Energieexportland bleiben muss.

Bei uns in Brandenburg wird in der Regel nach kurzem Mindestabstand ein fester Mindestabstand von 1000 m umgesetzt. Ganz offenbar reicht diese Abstandsregelung in Kombination mit der derzeit bestehenden Praxis zur Ausweisung neuer Windgebiete jedoch nicht aus, um die eingangs genannten Konflikte aufzulösen. Statt nun aber den Ausbau der Windenergie in Brandenburg komplett zu stoppen, müssen wir bessere und neue Wege finden und gehen, und die Bürgerinnen und Bürger umfassender, und zwar sowohl bei der Standortauswahl als auch finanziell beteiligen.

Noch einmal kurz gesagt: Die Energiewende ist ein Jahrhundertprojekt. Es gelingt natürlich nicht von heute auf Morgen. Es gelingt auch nicht, wenn man von Ungetümen redet, wenn man übertreibt, wenn man ganz drastisch wird, sondern nur wenn man sich sachlich zusammensetzt und nach Lösungen sucht. Der Umbau der kompletten Energieversorgung eines der führenden Industrieländer der Welt kann gar nicht ohne Konflikte ablaufen.

Brandenburg als eines der führenden Bundesländer bei der Windenergienutzung muss sich als Vorreiter besonders intensiv damit auseinandersetzen, wie die Energiewende am besten vollzogen werden kann. Sie muss gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern umgesetzt werden. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt von der Fraktion DIE LINKE)

Unser Entschließungsantrag (pdf-Datei) wurde abgelehnt.

Weiterführende Informationen

>> Studie „Szenarioberechnung einer Energieversorgung der Region Brandenburg-Berlin auf Basis erneuerbarer Energien“