- Es gilt das gesprochene Wort!
Frau Präsidentin,
werte Kolleginnen und Kollegen,
der Blick auf Eckdaten zur Brandenburger Wirtschaft in Brandenburg vermittelt erstmal einen positiven Eindruck: Die Wirtschaftsdynamik war in allen Wirtschaftsbereichen Brandenburgs in den letzten beiden Jahren stärker als der Bundesdurchschnitt – ausgenommen der Bereich der Land- und Forstwirtschaft. Im ersten Halbjahr 2016 zog die Konjunktur weiter an. Das preisbereinigte Wirtschaftswachstum war mit 2,9 Prozent das dritthöchste unter den Bundesländern. Wir profitieren bei uns in Brandenburg von der allgemein guten Wirtschaftsentwicklung und natürlich auch von unserer geografischen Lage.
Apropos geografische Lage: Beim genaueren Hinschauen werden dann aber auch die Probleme sichtbar: Nicht nur, dass der Abstand zu vergleichbaren westdeutschen Flächenländern kaum geringer wird; das Wachstum ist auch sehr ungleich verteilt bei uns im Land. Nicht Brandenburg in Gänze prosperiert, sondern vor allem die Regionen rund um Berlin. Sie profitieren von der Dynamik in der Bundeshauptstadt. Wirtschaftspolitisch gelingt es der Landesregierung hier kaum, dem etwas entgegen zu setzen. Eine gute Wirtschaftsförderung spielt aber gerade dort eine wichtige Rolle, wo positive Rahmenbedingungen nicht per se vorhanden sind oder sogar negative Faktoren wirksam werden. Und die gibt es in Brandenburg reichlich.
Mit dem Auslaufen der Braunkohle werden wir in der Lausitz einen spürbaren Strukturwandel erleben. Folgerichtig wäre es, hier deshalb alle Register der Wirtschaftsförderung zu ziehen. Aber ist die Landesregierung dazu bereit? Das scheint nicht der Fall zu sein!
Ein Beispiel: Vor kurzem habe ich die Landesregierung nach der Nutzung von speziellen EU-Fördermitteln zur Unterstützung des Strukturwandels gefragt. Die Antwort war äußerst befremdlich! Die Landesregierung hat die Beantragung solcher Mittel nämlich abgelehnt.
Zitat: „Es ist nicht geplant und auch nicht erforderlich, andere Maßnahmen zur Unterstützung des Strukturwandels in der Lausitz mit Hilfe der EU regionenspezifisch auf die Unterstützung des Strukturwandels in der Lausitz auszurichten und zu diesem Zweck mit zusätzlichen Mitteln auszustatten.“
Die zur Verfügung stehenden Mittel würden ausreichen. Das kann nicht sein! Wir empfehlen der Landesregierung, sich noch einmal den Referenten der EU-Kommission einzuladen, der letzten Freitag auf der Lausitzkonferenz in Spremberg ausführlichst EU-Mittel zur Unterstützung des Strukturwandels vorgestellt hat und um deren Nutzung warb!
Und wie steht es um die Unterstützung von Ideen, die aus der Region entwickelt werden? Die sogenannte „Lausitzrunde“ der Bürgermeister und Landräte hatte – unterstützt unter anderem vom Generalsuperintendenten der evangelischen Kirche Martin Herche – vorgeschlagen, in der Lausitz eine „Europäische Modellregion“ zu schaffen, um so stärker von EU-Seite beim Strukturwandel Unterstützung zu finden.
Was sagt das Wirtschaftsministerium dazu?
Zitat: „Es gehört nicht zu den Aufgaben und Zuständigkeiten der Landesregierung, den von Dritten ins Spiel gebrachten Begriff „Europäische Modellregion“ in Bezug auf die Lausitz zu deuten oder zu interpretieren.“
Da ermutigen wir die Akteure in der Region erst, eigene Vorschläge und Ideen zu entwickeln und dann wird das so abgebügelt. Das ist kein guter Stil!
Und nahezu absurd mutet es an, wenn Ministerpräsident Dietmar Woidke in Richtung Berlin einerseits davon redet, der Kohleausstieg werde – Zitat: „der Lausitz das Rückgrat brechen“, zugleich aber weitere Unterstützungen des Strukturwandels von seiner Regierung nicht für notwendig erachtet wird. Hier müssen Sie sich entscheiden: Entweder droht der Lausitz durch den Ausstieg aus der Braunkohle ein Desaster, dann muss man alle Unterstützung in Anspruch nehmen, die man bekommen kann, oder aber es ist alles nicht so dramatisch und der Strukturwandel schon so gut wie perfekt. Dann braucht man sich aber auch nicht bei seinem Vizekanzler darüber zu beschweren, dass er versucht, die Klimabeschlüsse von Paris in nationales Recht umzusetzen.
Aber schauen wir im Haushalt nach, was tatsächlich geplant ist in Sachen Lausitz: Die Landesregierung sieht hier offenbar keinen großen Handlungsbedarf. Im Haushalt des Ministeriums für Wirtschaft und Energie zum Thema Lausitz sind gerade mal zwei Punkte enthalten: Ein Förderprogramm für den Eurospeedway – ein wahrhaft zukunftsweisendes Thema – und einmalig im Jahr 2018 400.000 EUR für strukturpolitisch wichtige Vorhaben. Das reicht aber nicht!
Wir wissen doch alle, dass mittelfristig das Auslaufen der Kohle bevorsteht. Und ganz gleich, wann genau das so weit sein wird: Hiermit sind große Veränderungen verbunden. Daher schlagen wir vor, einen Lausitzfonds zur Steuerung des Einsatzes von EU-, Bundes- und Landesmitteln einzurichten, aus dem z. B. die Unterstützung von Unternehmensgründungen und die Weiterbildung und Umschulungen von in der Braunkohle Beschäftigten finanziert werden kann oder auch die investive Förderung von Innovation und regionaler Wertschöpfung. Schaffen wir dafür ein Förderinstrument für die Lausitz!
Unabhängig vom Strukturwandel nehmen die Umweltbelastungen durch den Tagebau spürbar zu. Sulfat-Frachten gefährden das Berliner Trinkwasser und Eisenhydroxid Umwelt und Tourismus. Vor allem die Eisenhydroxidbelastung ist ein noch relativ wenig erforschtes Phänomen. So herrschen etwa Untersuchungsdefizite bei der Langfriststabilität solcher Schlämme im aktiven und im Sanierungsbergbau, beim Gefahrenpotential für den Spreewald durch Austragung von Eisenhydroxidschlamm aus der Talsperre Spremberg, bei Hochwasser sowie zur Separierung von Eisenhydroxid aus den Schlämmen. Wir schlagen daher ein speziell dafür eingerichtetes Forschungsbudget im Einzelplan des Ministeriums vor.
Strukturwandel gibt es aber nicht nur in der Lausitz. Im Grunde unterliegt doch die gesamte Wirtschaft einem fortwährenden Wandel. In Zeiten der Globalisierung und vor allem der Digitalisierung entscheidet sich an der Wandlungsfähigkeit inzwischen die Zukunft einer Volkswirtschaft.
Es reicht uns daher auch nicht, was die Landesregierung zur Unterstützung von Technologietransfer und Innovationen in diesem Land leistet. Das ist eigentlich weniger ein haushalterisches Problem – Gelder stünden nämlich zur Verfügung – als vielmehr ein Problem der Umsetzung. Die Mittel fließen einfach nicht ab. Warum fließen sie nicht ab? Weil der Service nicht stimmt!
Wir haben mit betroffenen Start-up´s gesprochen. Da kamen dann Vorwürfe, wie: Es würde nicht von Anfang an klar gesagt, welche Unterlagen eingereicht werden müssen; ständig kämen Nachforderungen. Die Kommunikation von ILB und ZAB sei nicht auf das Klientel, zum Beispiel junge Gründungen, ausgelegt. Hier müsse es eine eigene Start-Up Abteilung geben; es sollte also jemand mit Start-Up Know How mit der Bearbeitung betraut werden.
Anscheinend treffen hier zwei kaum kompatible Welten aufeinander: Die von einer konservativen Bank und die von jungen Leuten, die eine innovative Idee haben und sie umsetzen wollen. Was uns auch berichtet wurde ist, dass auch einfach mal ein Bearbeitungsstopp für die Förderanträge verhängt wurde. Jeder, der weiß, wie knapp das Geld gerade bei innovativen Start-up-Unternehmen ist, kann sich vorstellen, was ein solcher Bearbeitungsstop am Beginn eines solchen Projektes anrichten kann.
Die verfügbaren Mittel des Ministeriums für Wirtschaft und Energie sinken vor allem durch den Rückgang der Transferzahlungen von Bund und EU. Dieser Trend ist absehbar und folgerichtig. Umso wichtiger werden Umsteuerungen in den einzelnen Haushaltstiteln. Weg von Investitionszuschüssen hin zu intelligenten Projekten, Netzwerken und Förderstrukturen. Wir müssen die geringer werdenden Mittel zielgenauer adressieren und vor allem die Bereiche Weiterbildung, Innovation und Technologietransfer stärken. Der Haushaltsentwurf 2017 und 2018 lässt diesbezüglich noch viel zu wünschen übrig. Ein Weiter-so darf es unserer Meinung nach nicht geben. Wenn wir wollen, dass auch berlinferne Regionen wirtschaftlich nicht den Anschluss verpassen, muss es für diese Regionen massive Unterstützung auch finanzieller Art geben. Der von uns vorgeschlagene Lausitzfonds wäre ein solches Instrument.
Der Änderungsantrag wurde abgelehnt.