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Rede im Landtag: Initiative für den Erhalt und Schutz der Kulturlandschaft - Keinen weiteren Quadratmeter Wildnis im Spreewald ausweisen!

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer*innen an den Bildschirmen

Eins möchte ich zunächst klarstellen: Es ist das erklärte Ziel, die Kulturlandschaft des Spreewaldes zu erhalten. Dafür werden auch von Seiten des Landes große Anstrengungen unternommen, auf die ich hier nicht weiter eingehen kann. Nun fordern BVB/Freie Wähler, dass im Biosphärenreservat Spreewald keine weiteren Wildnisgebiete ausgewiesen werden sollen.

Derzeit sind 3 % des Biosphärenreservates sogenannte Kernzonen, in denen keine Bewirtschaftung mehr stattfindet. Nach der Definition des Bundesumweltministeriums sind das gleichzeitig Wildnisgebiete. Diese 3 % an Kernzonen sind der Minimalwert nach den Deutschen MaB-Kriterien, um den Status als UNESCO-Biosphärenreservat zu erhalten. Und ob es weitere Wildnisgebiete im Spreewald geben soll, wird fachlich im Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz entschieden, und zwar in der Gesamtschau aller potenziellen Wildnisgebiete im Land.

Wir werden nicht in das fachliche Verwaltungshandeln des Ministeriums eingreifen und lehnen Ihren Antrag schon wegen dieser ersten Forderung ab.

In der zweiten Forderung geht es um die Dokumentation der Entwicklung der Biodiversität in den bestehenden Wildnisgebieten im Spreewald.

Dazu kann ich Ihnen sagen, dass dies seit 1997 im Rahmen der ökosystemaren Umweltbeobachtung vorgenommen wird. Die Ergebnisse sind im Internet veröffentlicht. Die zweite Forderung wird also bereits erfüllt. Unter anderem wurde nachgewiesen, dass es bezüglich der Vogelwelt in den Kernzonen seit 2012 zu einer Zunahme der Vogelreviere und -individuen um 40 % gekommen ist. Das ist durch die Verbesserung der Strukturvielfalt zu erklären.

Kommen wir zu Punkt drei. Hier wird die Wiederaufforstung der durch Vernässung abgestorbenen und geschädigten Landeswaldflächen gefordert. Ich gehe davon aus, dass der Hochwald im Oberspreewald im Bereich Polenzoa gemeint ist. Das sind genau die Flächen, die aufgrund ihrer nicht rentablen Bewirtschaftbarkeit zum größten Teil bereits vor 32 Jahren als Kernzonen des Biosphärenreservates ausgewiesen wurden.

Damit wurde besiegelt, dass hier eine dem Standort angepasste natürliche Entwicklung stattfinden soll.

Wenn man hier die Wiederaufforstung fordert, muss man sich zunächst mit der Geschichte dieses Gebietes befassen.

Der Erlen-Hochwald im Spreewald wurde vor über 100 Jahren auf Rabatten gegründet – auf Rabatten, weil die Erle eine Überstauung nicht verträgt. Mit den Rabatten war die Möglichkeit geschaffen, dass das Wasser zwischen den Bäumen abfließen konnte. So entstand ein majästetischer Erlenwald.

Das war eine großartige landeskulturelle Leistung der Förster auf diesem Standort.

Während dieser Erlenwald über 100 Jahre aufwuchs, machten sich die Spreewälder auch im Oberspreewald daran, Hochwassersicherheit für ihre Siedlungen und landwirtschaftlichen Flächen zu schaffen. Es begann mit dem Bau von Nord- und Südumfluter in den 30er Jahren und der Auspolderung von Nordpolder und Südpolder.

Um die Ortslage Burg hochwassersicher zu machen, wurde bis 1975 der Nordumfluter weiter ausgebaut und ein Wasserabschlag in den Hochwald eingerichtet. Das war notwendig, um wiederum die Stadt Lübben bei Hochwasser zu schützen.

Die Förster warnten damals schon, weil sie wussten, dass die Erlen das viele Wasser im Hochwasserfall nicht vertragen würden.

Den Todesstoß für den Wald gab es dann durch den Bau der Stauabsenkung Nord im innersten Spreewald und vor allem durch den Bau des Polders Kockrowsberg, um noch mehr landwirtschaftliche Fläche im inneren Oberspreewald zu generieren.

Insgesamt wurde die natürliche Überflutungsfläche des Spreewaldes innerhalb von 50 Jahren auf ca. 24 % eingeengt. Der Erlen-Hochwald im Oberspreewald kommt dadurch bei Hochwasser in die Zwickmühle, weil das Wasser durch die Einengung der Abflussrinnen lange zurückstaut.

Bereits im Sommer 1981 begann das Drama. Damals starben ca. 40 ha Erlenwald im Bereich Polenzoa ab – und wurden mühsam wieder aufgeforstet.

Die nassen Jahre 2010, 2011 und das Hochwasser 2013 führten wieder zu langanhaltendem Überstau mit sauerstoffarmem Wasser, was wiederum zum Absterben der heranwachsenden Erlen führte.

Eine wiederholte Aufforstung auf diesem Standort kommt nicht nur einer Verbrennung von Steuergeldern gleich. Sie ist auch ökologisch unsinnig. Denn der Wald wächst hier von ganz allein. Nur anders.

Es wird nicht mehr der monostrukturierte Erlenhochwald mit geraden Stämmen sein, sondern ein vielschichtiges Mosaik aus all den Baum- und Straucharten, denen dieser Standort zusagt – Erlen, Eschen, Flatterulmen, Weiden, Eichen.

Die Monitoringergebnisse der Vogelwelt zeigen es uns bereits. Wir brauchen nur etwas Geduld.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Weiterführende Informationen

Rede zu: Antrag "Initiative für den Erhalt und Schutz der Kulturlandschaft - Keinen weiteren Quadratmeter Wildnis im Spreewald ausweisen!" (TOP 4 der 85. Plenarsitzung)