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Michael Jungclaus spricht zum bündnisgrünen Gesetzentwurf zur Regelung der Kohlendioxid-Speicherung

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

wir haben den vorliegenden Entwurf für ein Gesetz zur Regelung der Kohlendioxid-Speicherung eingebracht, um für Brandenburg sicherzustellen, dass die Entscheidung, ob die CO2-Speicherung in Brandenburg eingesetzt wird, auf Basis einer sachlichen Abwägung der Argumente stattfindet.

Die CCS-Technologie würde unsere Gesellschaft sehr langfristig beeinflussen, weil die unterirdische Speicherung in vorgeblich sicheren Endlagern für die Ewigkeit sein soll.

Wir wollen die Phase der Unsicherheit abschließen, die die Bürgerinnen und Bürger im Osten Brandenburgs in den letzten Jahren beunruhigt. Dabei bewegt sich der Gesetzentwurf exakt in dem Rahmen, den das Bundesgesetz vorgibt.

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe hat uns die Arbeit an dem Gesetz erheblich erleichtert. Sie hat die geologische Beschaffenheit des Brandenburger Untergrunds untersucht und auf dieser Grundlage 17 Standorte ermittelt, die für eine unterirdische CO2-Speicherung in Frage kämen.

Unsere fünf Brandenburger Regionalen Planungsgemeinschaften sind am ehesten in der Lage die Konfliktpotentiale, die bei einer unterirdischen CO2-Speicherung entstehen könnten, sachgerecht gegenüber anderen Nutzungsinteressen abzuwägen. Deshalb haben wir sie für das CCS-Gesetz als die fünf Regionen bestimmt, in denen die Nutzungskonflikte und die Eignung untersucht werden sollte.

17 Mal ist die Abwägung zu dem Schluss gekommen, dass andere Interessen, wie z.B. die sichere Versorgung mit sauberem Trinkwasser, höherwertig zu bewerten sind als das Ansinnen eines Konzerns, seine Abgase im Untergrund speichern zu wollen.

Dabei schließt der vorliegende Gesetzentwurf nicht aus, dass in Brandenburg eine CO2-Abscheidung eingesetzt wird. Er stellt nur sicher, dass die Speicherung nicht in Brandenburg stattfindet. Die für zukünftige Braunkohlekraftwerke vorgesehene Abscheidung von CO2, verbunden mit dem Transport des CO2 mit Pipelines in andere Regionen, bleibt weiterhin eine Option. Eine Option, der wir allerdings wenig Zukunft einräumen, weil sie ineffektiv und teuer ist und weil sie die weitere Abbaggerung von Dörfern in der Lausitz bedingt.

Unsere Gesetzesvorlage erfüllt dabei auch das was die Koalitionsfraktionen in Ihrem Antrag fordern: Sie schreibt die Bürgerbeteiligung für CO2-Pipelines fest. Allerdings nicht wie bei Ihnen als Lippenbekenntnis, sondern in Form eines Gesetzes.

CCS ist eine unausgereifte Risikotechnologie, die unsere Lebensgrundlagen nachhaltig gefährdet. Die Lebensgrundlage Nummer eins ist Wasser. In Brandenburg häufig das Grundwasser. Insbesondere dicht besiedelte Regionen wären ohne die Möglichkeit, die Trinkwasserversorgung aus natürlichen Ressourcen sicherzustellen, in ihrem Handlungsspielraum extrem eingeengt.

Aber auch den Einsatz von Tiefengeothermie zur Deckung des Energiebedarfs würde CCS erheblich einschränken. Dort, wo CO2 unter der Erde lagert, ist die Tiefengeothermie auf ewig ausgeschlossen. Wo sich der Druck des gespeicherten Gases ausbreitet, ist jede natürliche oder künstliche Beschädigung der Sperrschicht ein Risiko, weil der Druck aus der Lagerstätte das dort vorhandene Salz in die grundwasserführende Schicht treiben kann.

Wer sollte dafür jemals die Verantwortung übernehmen können? Doch nicht nur die Lebensgrundlagen der Menschen werden gefährdet, sondern auch die Natur und die Grundlagen der Wirtschaft, insbesondere der Tourismuswirtschaft.

In der Lausitz ist solch ein Teufelskreislauf von Zerstörung der Lebensgrundlagen und Niedergang der Wirtschaft schon heute zu beobachten: Obwohl die Braunkohlekraftwerke qualmen und die Förderbänder rattern, was das Zeug hält, zieht dort nicht mehr Wohlstand ein. Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen nicht noch eine Region, in der die Landesregierung nicht in der Lage ist, eine Perspektive jenseits der Braunkohle aufzuzeigen.

Und auch in den bis vor kurzem von konkreten CCS-Planungen betroffenen Regionen Ostbrandenburgs ist das Vertrauen bei den meisten Bürgerinnen und Bürgern bereits verloren gegangen. Sie hatten sich in Bürgerinitiativen zusammengeschlossen, um sich sehr engagiert gegen das Vattenfall-Projekt zu wehren, das der Konzern mit voller Rückendeckung dieser Landesregierung gegen den Widerstand der Bevölkerung durchdrücken wollte.

Der ehemalige Ministerpräsident und Vattenfall mussten erst zu der Einsicht getragen werden, die Speicherung von CO2 in Brandenburg vorerst aufzugeben, nachdem die Pläne von Vattenfall vor allem am Widerstand der Bürgerinnen und Bürger in Beeskow und Umgebung gescheitert waren.

Die Menschen wollen aber mehr. Sie wollen auch den Kindern und Enkeln ihre Grundstücke und Häuser auf einer sicheren Grundlage übergeben können. Sie wollen Rechtssicherheit. Wir haben hier und jetzt die Gelegenheit, das verlorene Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger wiederzugewinnen. Wir können der Entscheidung, in Brandenburg kein unterirdisches CO2-Lager einzurichten, einen verlässlichen, gesetzlichen Rahmen geben.

Ein schwammiger Entschließungsantrag, zu dem sich die Koalitionsfraktionen nun nach zwei Jahren plötzlich durchgerungen haben, reicht da nicht aus. Ich bitte daher um Zustimmung unseren Antrag in den Ausschuss zu überweisen und dort gegebenenfalls noch fragliche Punkte zu klären. Damit wir im Ergebnis dann CCS in Brandenburg rechtssicher ausschließen können.

Vielen Dank!

Antwort auf die Reden der anderen Fraktionen:

Ich versuche es einmal in der entsprechenden Reihenfolge.

Frau Hackenschmidt, den Bezug zu dem Preis stellen wir natürlich dar, denn CCS wird ja gerade dazu führen, dass der Strom mit Sicherheit nicht billiger, sondern teurer wird, und dazu führen, dass noch mehr Tagebaue abgebaggert werden müssen.

Kollege Bretz, wir wollen mit Sicherheit nicht die Forschung verbieten. Es steht auch explizit darin, dass wir die Abscheidung weiterhin erforschen wollen. Wir sind auch damals nicht schuld daran gewesen, dass der Walkman nicht in Deutschland gebaut wurde.

Wir unterscheiden das nur von Laborversuchen, so wie Sie es etwas verniedlichend dargestellt haben, als ob das Ganze in einem Reagenzglas stattfindet, sondern wir reden hier von Freilandversuchen, von etwas, was Tausende von Menschen gefährdet. Das ist in meinen Augen zukunftsfeindlich, aber nicht das vorliegende Gesetz.

Ich verstehe auch nicht die Kritik an dem Zeitpunkt der Einbringung. Natürlich hat das etwas mit der Entwicklung in Schleswig-Holstein zu tun. Natürlich schauen wir dorthin und haben uns auch angeschaut, welche Argumente dort vorgebracht werden und wie da das Gesetz eingebracht wird. Da kommt es im Übrigen, Kollege Domres, auch wenn Sie das in Ihrer Rede ein bisschen unterstellt haben, nicht von Rot-Grün, sondern dort hat es eine breite Mehrheit über alle Fraktionen gegeben. Vielleicht telefonieren Sie einmal mit Ihren Kieler Kollegen.

Anstatt aber die Initiative wenigstens für einen eigenen sinnvollen Gesetzentwurf zu nutzen, kommen Sie mit diesem weichgespülten Entschließungsantrag, aus dem das ganze geballte Engagement spricht, mit dem Sie bei der Sache sind.

Ich bin gespannt, wie Sie das den Menschen in der Region erklären wollen. Sie behaupten in Ihrem Antrag, angesichts dieser Gesamtsituation in Deutschland und in Brandenburg bestehe politisch kein Handlungsbedarf für die Verabschiedung eines Gesetzes. Wir sehen das völlig anders. Wir wollen solch wichtige Entscheidungen nicht von der Ehrenhaftigkeit jederzeit austauschbarer Unternehmen, Minister oder Ministerpräsidenten abhängig machen. Wir kennen das Verhalten der Regierungskoalition beim Thema Braunkohlenverstromung zur Genüge: Ein erneuter Antrag von Vattenfall oder dessen Nachfolgeunternehmen, und die Regierung rollt für CCS wieder den roten Teppich aus.

Da kann ich verstehen, dass die Zusagen, die der Minister eben gegeben hat, für die Leute in Beeskow nicht ausreichend sind. Lieber Minister Christoffers, schließlich macht die Energiestrategie 2030 den Bau neuer Kohlenkraftwerke von CCS abhängig. Der Kollege Ness hat vorhin eindrucksvoll erläutert, wie seine Vorstellungen für die Lausitz in den nächsten hundert Jahren aussehen.

Die Landesregierung will neue Tagebaue, also bleibt auch ohne ein entsprechendes Gesetz CCS als Damoklesschwert über uns hängen. Denn im Moment ist die Rechtslage folgende: Wird ein Antrag auf Speicherung gestellt, müsste er genehmigt werden, wenn er den Maßgaben des Bundesgesetzes entspricht. Entgegen Ihrer Darstellung ist die in unserem CCS-Gesetz dokumentierte Abwägung zwischen möglichen Chancen und Risiken aus der CO2-Speicherung keine pauschale Gebietsausschlussplanung, sondern eine vollständige und flächendeckende Abwägung für jeden Ort in diesem Land. Das Gesetz setzt das Ergebnis der Einzelfallprüfung um, indem es die CO2-Speicherung in Brandenburg verbietet. Es ist doch absolute Augenwischerei und scheinheilig zu behaupten, unser Gesetzentwurf sei nicht ausreichend rechtssicher. Schleswig-Holstein macht vor, dass es geht, und das über alle Parteigrenzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Regierungen kommen und gehen, Endlager bleiben. Deshalb bitte ich Sie vor allem im Sinne der potenziell Betroffenen: Stimmen Sie wenigstens der Überweisung unseres Gesetzentwurfs zu oder bringen Sie wenigstens einen tauglichen eigenen ein.

Vielen Dank.

Redemanuskript als PDF


Der Gesetzentwurf zur Regelung der Kohlendioxid-Speicherung als PDF