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Petra Budke spricht zu: Ergebnisse der Konferenz der Regierungschef*innen der Länder zur Impfkampagne

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, liebe Abgeordnete, liebe Brandenburger*innen,

Impfen, Impfen, Impfen! Das ist das Mantra für den Weg raus aus der Pandemie. Und sehr, sehr viele Menschen wären jetzt gerne schon geimpft. Wüssten sich geschützt vor diesem hochansteckenden Virus, müssten nicht mehr in ständiger Angst leben, selbst krank zu werden oder ihre Liebsten anzustecken. Denn wir alle wissen, dass diese Krankheit grausam sein kann. Dass viele Menschen - auch Jüngere - unter Langzeitfolgen, „LongCovid“, leiden, und dass viele Menschen an oder mit Corona gestorben sind.

Die aktuelle Coronalage ist weiterhin besorgniserregend. Die dritte Welle ist nicht gebrochen. Vor allem unsere Krankenhäuser sind am Limit. Die Mitarbeitenden auf den Intensivstationen leisten einen großartigen Job. Ihnen gebührt unser Dank! Aber sie brauchen mehr als Dank: Sie brauchen eine solidarische und effektive Pandemiepolitik!

Und wer hier meint, die jetzige Pandemiesituation mit der DDR und der ehemaligen Sowjetunion vergleichen zu können, hat überhaupt nichts verstanden. Gerade jetzt jährte sich die Katastrophe von Chernobyl vor 35 Jahren. Das Problem damals war doch, dass die Menschen eben nicht richtig informiert wurden und sich entsprechend nicht schützen konnten. Und genau das wollen wir jetzt anders machen.

Nach über einem Jahr Pandemie und einer verpatzten Ministerpräsident*innenkonferenz vor Ostern hat nun die Große Koalition das Bundesinfektionsschutzgesetz so erweitert, dass die Schutzmaßnahmen direkt durch den Bund erlassen werden. Gut, dass es nun bundesweit geltende Maßnahmen gibt und der „Flickenteppich“ nicht mehr ganz so chaotisch wirkt.

Doch basiert auch in diesem Gesetz die Entscheidung über die einzelnen Maßnahmen wieder ausschließlich auf dem Inzidenzwert. Der ist noch dazu verwirrend: mal gilt als Grenze eine Sieben-Tages-Inzidenz von 100, mal 150, dann 165 oder 200. Weitere wichtige Faktoren wie die Auslastung des Gesundheitssystems, die Belegung der Intensivbetten oder die Impfquote werden leider nicht berücksichtigt! Wir müssen, auch das ein Mantra, Kontakte so weit wie möglich reduzieren!

Hier bleibt das Gesetz leider halbherzig. Wieder wird die Wirtschaft viel zu wenig einbezogen. Neben privaten Haushalten, Kitas und Schulen erfolgen besonders viele Ansteckungen am Arbeitsplatz. Doch gerade hier fehlen verbindliche Maßnahmen. Zwar wurde die Homeoffice-Pflicht verstärkt und die Unternehmen werden verpflichtet, zweimal pro Woche Testangebote zu machen. Aber eben leider nur Angebote. Wir brauchen aber eine Testpflicht nicht nur in Kitas und Schulen, sondern auch in allen Betrieben!

Impfen, Impfen, Impfen bleibt das Ziel. Im Krisenstab, im Gesundheits- und im Innenministerium wird mit Hochdruck daran gearbeitet, die Probleme zu lösen. Brandenburg hat sich inzwischen auf einen guten Platz hochgearbeitet.

Immer wieder hat es Diskussionen über die Prioritätensetzung bei der Impfreihenfolge gegeben. Diese wurde in einem sorgfältigen Abwägungsprozess von der STIKO, der Ständigen Impfkommission, festgelegt. Doch nun, wo wir die Risikogruppe der besonders gefährdeten älteren Menschen weitgehend erreicht haben, ist es ein guter Schritt, die Prioritäten zu erweitern, die Gruppe drei zu öffnen, Lehrkräfte an weiterführenden Schulen und viele weitere Berufsgruppen, die in ständigem Kontakt mit Menschen stehen, einzubeziehen. Und ja, sie haben Recht, auch die Kassier*innen sollten bald eine Impfung erhalten können.

Ab Juni sollen, so das Ergebnis des Impfgipfels am Montag, die Impfprioritäten ganz aufgehoben werden und Impfungen für alle möglich sein! Bis dahin will man mit den Prio-Gruppen eins, zwei und drei weitgehend durch sein! Wunderbar. Das gibt vielen Menschen Hoffnung!

Nicht vergessen dürfen wir aber die große Gruppe der Kinder und Jugendlichen. Zahlreiche Studien zeigen, dass sie von der britischen Corona-Variante B1.1.7. besonders betroffen sind. Und wir wissen auch um die psychischen Folgen genau für diesen Personenkreis. Deswegen ist es gut, dass wir mit der verbindlichen Teststrategie Kitas und Schulen zu sicheren und offenen Orten machen können! Gleichzeitig ist es aber unabdingbar, auch für diese Altersgruppen möglichst schnell Impfstoffe zu entwickeln!

Die zweite große Frage betrifft den Status bereits Geimpfter. Ich halte eine endgültige Entscheidung am 28. Mai dazu vertretbar, denn bis dahin können noch viel mehr Menschen geimpft sein! Es ist klar, dass Geimpfte sich weiterhin an die Aha-Regeln und ans Masketragen halten müssen. Wenn es aber um die Grund- und Freiheitsrechte geht und wir über Öffnungsschritte nachdenken, z.B. über Zutritt zur Gastronomie oder Kulturveranstaltungen, so müssen sie negativ Getesteten sowie von einer Corona-Erkrankung Genesenen gleichgestellt werden. Wie genau diese Nachweise erbracht werden können, muss schnell geklärt werden. Ein grüner Pass, grün als Farbe der Hoffnung, ist eine sehr gute Idee!

Und wir brauchen Lockerungen in den Pflegeeinrichtungen. Jetzt, wo die älteren Menschen dort fast alle geimpft sind, müssen die Gemeinschaftsräume endlich wieder öffnen und Besucher*innen leichter Zutritt erhalten!

Nach dem Impfgipfel gibt es nun zwar Hoffnung, aber noch keine wirkliche Planungssicherheit, wann wir tatsächlich mit wie viel Impfstoff tatsächlich rechnen können. Die aber brauchen wir dringend!

Denn es gilt, die Impfzentren, die Hausarztpraxen, die mobilen Impfteams oder Impfbusse möglichst schnell mit möglichst viel Impfstoff zu versorgen. Für viele Menschen, besonders in den ländlichen Regionen, ist die Versorgung über die Hausarztpraxen ein echter Gewinn. Auch Betriebsärzt*innen sollten in die Strategie einbezogen werden, sobald wir mehr Impfstoff haben. Die Debatte über die Schließung von Impfzentren zum jetzigen Zeitpunkt ist aber verfrüht. Noch haben wir eine große Strecke Weg vor uns.

Zu Recht sind viele Menschen in Brandenburg unglücklich über die langsamen Fortschritte beim Impfen. Es ist bei vielen das Gefühl entstanden, wir kämen nur im Schneckentempo voran. Blickt man in einige andere Länder, so kann man natürlich neidisch werden: Aber bei Vergleichen mit Staaten, die schneller waren, sollte auch bedacht werden: Israel ist bewusst zum Modellstaat fürs Impfen priorisiert worden, und die USA und Großbritannien haben sich durch ihr striktes Ausfuhrverbot einen Vorsprung verschafft. In den USA liegen sogar große Mengen AstraZeneca auf Halde, die jetzt abzugeben sind.

Doch es gibt aber auch die Länder im globalen Süden, in denen das Impfen noch gar nicht richtig begonnen hat. Aus Indien erreichen uns täglich dramatische Nachrichten. Dem Gesundheitssystem droht unter den explodierenden Fallzahlen der völlige Kollaps. Es fehlt an Sauerstoff. Menschen sterben vor Krankenhäusern, die wegen Überbelegung geschlossen sind. Die Verteilung von Impfstoffen, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss auch global gerecht ablaufen!

Und es gibt bei uns in Brandenburg keine Tabus gegenüber Impfstoffen. Sobald Sputnik V freigegeben ist, sollte er bestellt werden. Aber es muss auch bedacht werden, ob die Menschen in Russland ihn nicht auch noch benötigen.

Um kurzfristig weiteren Impfstoff mit hoher Wirksamkeit und geringen Nebenwirkungen einsetzen zu können, plädieren wir ebenso wie Expert*innen für eine Notzulassung des mRNA Impfstoffes des Tübinger Biotechunternehmens Curavec. Deutschland hat die Entwicklung von Impfstoffen von Anfang an finanziell gefördert und alle aus dem Sonderprogramm zur Forschung und Entwicklung von Impfstoffen gegen Sars Cov 2 750 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Nicht ausreichend mitbedacht wurde aber die Frage, dass in sehr kurzer Zeit auch sehr große Mengen an Impfstoff produziert werden müssen. Deshalb muss mehr in den Ausbau von Produktionskapazitäten investiert werden!

Ziel muss sein, alle Pharmakonzerne in die Produktion der Impfstoffe, der benötigten Vorprodukte und des Zubehörs einzubeziehen. In Marburg beispielsweise hat BioNTech das Werk des Schweizer Pharmaunternehmen Novartis übernommen und produziert dort nun mit knapp 400 Mitarbeitenden den mRNA-Impfstoff. Bis Ende Juni sollen es 250 Millionen Impfdosen sein. Davon wird auch Brandenburg profitieren! Das zeigt doch, dass es geht!

Damit auch die Länder des globalen Südens endlich mit dem Impfen beginnen können, setzen wir uns dafür ein, die Mittel für die COVAX-Initiative weiter zu erhöhen. Denn wir können diese Pandemie nur gemeinsam bezwingen. Auch bei den Impfstoffen ist internationale Solidarität und Zusammenarbeit zwingend. Sonst bleibt das Risiko, dass Mutanten im nächsten Flieger wieder zu uns zurückkehren. Im schlimmsten Fall entwickeln sich Mutanten, die resistent gegen die die Impfstoffe sind, und wir müssen wieder von vorne anfangen.

Als letzte Möglichkeit für die weltweite Impfstoffproduktion muss daher auch die verpflichtende Freigabe von Lizenzen in Betracht gezogen werden.

Denn die Pandemie ist erst dann wirklich zu Ende, wenn möglichst alle Menschen weltweit geschützt sind!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bundesregierung, Kanzlerin Merkel und Gesundheitsminister Spahn haben in Aussicht gestellt, dass bis September alle Bundesbürger*innen, die es wünschen, ein Impfangebot erhalten haben. Daran werden sie gemessen werden!

Wir werden uns in Brandenburg mit ganzer Kraft dafür einsetzen, dass dieses Versprechen eingelöst wird!