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Thomas von Gizycki spricht zum Antrag "Zinssätze für Dispositions- und Überziehungskredite deckeln - Zunahme privater Verschuldung infolge der Coronapandemie begrenzen"

- Es gilt das gesprochene Wort!

Ja, die Zinssätze für Kontoüberziehungen sind in Deutschland seit Jahren unverhältnismäßig hoch. Das belegen zum Beispiel Untersuchungen der Stiftung Warentest. Auch eine Untersuchung im Auftrag der Bürgerbewegung Finanzwende e.V. kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Danach verlangen Deutschlands Banken im Schnitt jährlich 9,94 Prozent für das Überziehen des Girokontos. Nach der Zinsstatistik der Europäischen Zentralbank betragen die jährlichen Zinsen für Überziehungskredite im Euroraum im Durchschnitt hingegen nur 5,25 Prozent. Da bereichern sich die Banken quasi an der Armut von Menschen. Gut, Zyniker würden sagen, das ist eben das Geschäftsmodell einer Bank. Aber wahr ist auch, dass die Banken sich derzeit zu 0 Prozent selbst finanzieren können. So hohe Unterschiede zwischen Leitzins und Dispokreditzinsen war schon vor Corona überzogen, jetzt geht es erst recht nicht.

Aber warum eigentlich sind hohe Preise bei Milch oder Fleisch ein Wettbewerbsnachteil bei Kreditdienstleistungen aber anscheinend nicht? Viele, gerade ältere Menschen vertrauen ihrer Bank vor Ort. Sie brauchen den direkten Kontakt zur Mitarbeiterin am Schalter. Onlinebanking mit seiner großen Auswahl an verschiedenen Angeboten ist noch immer nicht überall selbstverständlich. Die hohen Dispozinsen betreffen daher eher Menschen mit geringerem Einkommen. Es ist davon auszugehen, dass die Zahl in der Corona-Pandemie deutlich steigen wird. Menschen mit niedrigem Einkommen und wenig Vermögen sind bei unvorhergesehenen Ausgaben gezwungen, auf einen Dispokredit zuzugreifen. Ohne ausreichend finanziellen Spielraum verzögert sich dann die Rückzahlung. So kann es zu einer Dauerverschuldung kommen, aus denen sich die Betroffenen meist nur sehr schwer wieder befreien können. Eine gesetzliche Regelung zur Begrenzung dieser Zinsen wäre hier also durchaus hilfreich. Der vorliegende Antrag der LINKEN geht also absolut in die richtige Richtung. Auch die SPD-Bundestagsfraktion hat einen solchen Beschluss schon gefasst. Aber genauso wie der Vorstoß der SPD-Bundestagsfraktion, am Widerstand der CDU und CSU Fraktion scheiterte, gibt es auch in der Brandenburger Regierungskoalition keine Einigung in dieser Frage.

Anrede

Schauen wir uns doch aber mal die Lage hier in Brandenburg etwas genauer an. Internetrecherchen ergeben, dass die Dispokreditzinsen der Brandenburger Sparkassen mit knapp über 9 Prozent bundesweit gesehen am niedrigsten liegen. Die günstigste Sparkasse in Brandenburg war im letzten Jahr die Sparkasse Ostprignitz-Ruppin mit 6,95 Prozent. Am meisten zahlen Kontoüberzieher bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam, der größten im Land, mit 10,6 Prozent, dicht gefolgt von der Sparkasse Märkisch-Oderland mit 10,57 Prozent.

Die Sparkassen sind öffentliche Kreditinstitute die das Sparen und die allgemeine Vermögensbildung fördern sollen. Sie tragen auch zur Finanzierung der Schuldnerberatung bei. Hohe Dispokreditzinsen sollten hier eigentlich ein no go sein. Eigentlich. Sparkassen gehören den Landkreisen und kreisfreien Städten. Die Höhe der Dispokreditzinsen ist also am Ende eine politische Entscheidung der jeweiligen Gebietskörperschaft. Anstatt Brandenburg aufzufordern im Bundesrat eine Initiative zu starten, könnte man auch die Verwaltungsräte dieser Institute auffordern, die Zinsen zu senken. Klar kann man dann vielleicht nicht so viele Spenden an die lokalen Vereine verteilen oder fürstliche Gehälter an die Vorstände zahlen, aber das sollte doch eigentlich kein Grund sein, oder?

Die beiden günstigsten Sparkassen bei den Dispozinsen, die Sparkasse Ostprignitz-Ruppin und die Sparkasse Elbe-Elster, gehören übrigens einem CDU und einem SPD-geführten Landkreis. Parteipolitik spielt bei der Höhe der Zinsen also wohl keine Rolle. Fehlende Transparenz aber vermutlich schon. Die teuerste Sparkasse in Brandenburg, die MBS gehört vielen Landkreisen. Entsprechend schwierig ist es hier die Verantwortlichen für die Geschäftspolitik zu identifizieren.

Anrede

Es wird Zeit, die volkseigenen Sparkassen stärker an dem Gemeinwohlgedanken auszurichten. In diesem Sinne sollten wir hier im Land selbst für günstige Zinsen sorgen. Den vorliegenden Antrag lehnen wir als Koalition ab.