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- Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede!
Die Koalitionsfraktionen preisen in Ihrem Antrag das Flaggschiff der Familien- und Kinderpolitik der Landesregierung- das Netzwerk Gesunde Kinder- als bestes Beispiel für vorsorgende Gesellschaftspolitik. Aus diesem Superlativ folgt für sie, dass das Projekt in seiner bestehenden Form weiter zu verstärken sei und in eine mögliche Regelfinanzierung unter Einbeziehung der Krankenkassen als Kostenträger überführt werden solle.
Wir finden: Das Netzwerk Gesunde Kinder ist ein gutes Instrument, um junge Familien zu unterstützen. So hat die Leiterin der Abteilung Gesundheit im LUGV in Ihrem Bericht darüber, wie gesund die Netzwerk-Kinder sind, festgestellt, dass das Projekt unter anderem sozial integrierend und gesundheitskompensatorisch wirkt. Das freut uns natürlich, und es zeigt, es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Genauso freuen wir uns über das große Engagement der über 1000 ehrenamtlichen Patinnen und Paten, die das Herzstück des Projektes bilden.
Bedauerlicherweise muss in diesem Zusammenhang aber auch gesagt werden, dass die Datenlage zur Kindergesundheit im Land Brandenburg eine Verfestigung des größeren Bedarfes an Frühförderung bzw. medizinisch-therapeutischen Maßnahmen für Kinder aus sozial benachteiligten Familien dokumentiert. Bei Kindern aus Familien mit nichterwerbstätigen Eltern wurden zum Beispiel zwei bis dreimal so häufig Störungen in verschiedenen Entwicklungsbereichen befundet als bei Kindern aus Familien mit erwerbstätigen Eltern. Es ist also sichtbar, ein Aktionsprogramm alleine wird der komplexen Problemlage in vielen Familien nicht gerecht. Insbesondere bei Familien mit höheren Belastungen und eventuellen Überforderungssituationen reichen die durchschnittlich zehn Besuche einer Patin, eines Paten nicht aus. Hier stößt Ehrenamt an seine Grenzen. Und deswegen braucht Ihre Antwort auf diese Probleme, das Netzwerk Gesunde Kinder in seiner bestehenden Form auszubauen, dringend eine Erweiterung! Komplexe Probleme brauchen komplexe Antworten!
Für uns Grüne ist ehrenamtliches Engagement ein wichtiger Aspekt gesellschaftlicher Teilhabe. Es ist Ausdruck eines sozialen Aktes. Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, verdienen unsere volle Anerkennung. Gleichzeitig sind wir der Auffassung, dass ehrenamtliches Engagement nicht zum Ersatz oder Lückenbüßer für (sozial)staatliche Leistungen werden darf. Wir fordern von Ihnen daher jetzt eine vertiefte Auseinandersetzung mit anderen, in ihrer Wirksamkeit belegten Hilfs- und Präventionsangeboten für Familien. In das Netzwerk müssen mehr professionelle Kräfte eingefügt werden!
Als allererstes denken wir an die Familienhebammen. Die Bundesinitiative Frühe Hilfen erstellt regelmäßig Handlungsempfehlungen für möglichst wirksame Programme in der Kinder- und Jugendhilfe. Eine ihrer wichtigsten Handlungsempfehlungen im Bereich der Frühen Hilfen ist, hauptamtlich und ehrenamtlich Tätige miteinander verzahnt einzusetzen. So geschieht es übrigens in allen anderen Bundesländern! Eine Studie der FH Bielefeld stellte vor kurzem fest, dass Angebote mit Sozialarbeiterinnen oder Erziehern wirksamer sind als solche, die ausschließlich mit Laien arbeiten. Das ist eine wichtige Botschaft für das Brandenburger Netzwerk Gesunde Kinder. Fast noch wichtiger ist die Botschaft, dass die Bundesinitiative der Arbeit von professionellen Familienhebammen die zentrale Rolle in den Hilfen für Familien zuschreibt. Wissenschaftliche Wirkungsevaluationen zeigen den positiven Outcome auf die Entwicklungsperspektiven der Kinder und die Verringerung des Risikos der Kindeswohlgefährdung.
Aus dem Jahr 2012 wissen wir, dass auch die Landesregierung die Professionalität von Familienhebammen anerkennt und für den flächendeckenden Ausbau des präventiven Kinderschutzes den Einsatz von Familienhebammen plante und in regionale Fachkonzepte integrieren wollte. Dass von 49 ausgebildeten Familienhebammen nur 18 tatsächlich diese wichtige Arbeit leisten, ist kein gutes Zeichen. Hier ist zu wenig passiert, wir hinken den anderen Ländern hinterher, und darum bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag.