>> Zum Antrag „Den Weg zur Pflegekammer jetzt auch in Brandenburg frei machen!“ als pdf-Datei
- Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede!
Pflegekräfte stellen nicht nur die größte Gruppe innerhalb der Gesundheitsberufe dar, nein, wir Grüne finden auch, dass ihre Arbeit unverzichtbar ist und quasi das Rückgrat unseres Gesundheitswesens bildet. Pflegekräfte sind sehr gut ausgebildete Fachleute, deren Leitlinien des beruflichen Handelns schon lange auf wissenschaftlichen Ergebnissen basieren. Weil sie so versiert sind, können Pflegekräfte heute in vielen Bereichen eigenverantwortlich und unabhängig von direkter ärztlicher Anleitung tätig sein.
Beinahe täglich lesen wir, dass Menschen mit einem Berufsabschluss in der Pflege begehrte Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt sind: bereits heute sieht die Agentur für Arbeit Engpässe in diesem Berufsfeld. Die Entwicklung ist an fünf Fingern abzählbar: Der Bedarf an Pflege wird in den nächsten Jahren steigen, die Anzahl der verfügbaren Arbeitskräfte abnehmen. Der demographische Wandel wird aus heutigen Engpässen morgen einen veritablen Mangel machen. Die Zahlen zum Versorgungsgrad sind zwar sehr uneinheitlich. Aber ich möchte trotzdem nur mal eine nennen: Die Prognos AG sagt ein bundesweites Fehlen von bis zu 500 Tsd. Arbeitskräften im Pflegesektor bis zum Jahr 2030 voraus! Ausübende dieses verantwortungsvollen und für unsere Gesellschaft unverzichtbaren Berufes, so sollte man jetzt doch glauben, können ihre Interessen selbstbewusst und auf Augenhöhe mit VertreterInnen anderer Heilberufe und den Organisationen im Gesundheitswesen verhandeln. Das ist leider weit gefehlt! Das Berufsbild der Pflege – obgleich gerade im Wandel begriffen - auf der Bühne der Gesundheits- und Sozialpolitik kaum Gehör findet. Auch in den Möglichkeiten ihrer Selbstverwaltung sind die Angehörigen der pflegenden Berufe denen der akademischen Gesundheitsberufe unterlegen. Aufgaben und Ziele werden gegenwärtig über ihren Kopf hinweg vorwiegend aus der Sicht der Einrichtungs- und Kostenträger sowie von fremden Verbänden definiert.
Diese Situation wird ganz klar der Bedeutsamkeit der Pflegeberufe nicht gerecht, aber auch nicht unserem grünen Verständnis eines selbstbestimmt agierenden Berufsstandes, dessen Mitglieder die Qualität der Pflege durch Vernetzung ihrer Fachexpertise vorantreiben. Es ist ganz deutlich: Pflegeberufe bedürfen dringend einer Stärkung des Selbstbewusstseins, eines echten empowerments! Eine Möglichkeit sehen wir in der Einrichtung einer Pflegekammer. Die Kammer als selbstbewusste und starke Stimme der Pflegeberufe ermöglicht den Pflegenden, über die Inhalte ihrer Arbeit, die Qualifikation und Zusatzqualifikationen ihres Berufsbildes, die Einhaltung der Berufsordnung und somit auch Versorgungsqualität mit zu bestimmen. Außerdem vertritt sie die Belange der beruflich Pflegenden in der Politik, in den Gremien der Selbstverwaltung, bei Behörden und vor Gericht.
Die Attraktivität der Pflegeberufe kann so eine deutliche Steigerung erfahren, resultierend in einer Abmilderung des zu erwartenden Fachkräftemangels. Wir Grüne haben dieses Zukunftsthema bereits vor Jahren erkannt und uns schon im November 2013 gemeinsam mit der CDU für die Prüfung der Voraussetzungen zur Einrichtung einer Pflegekammer im Landtag eingesetzt. Damals herrschte in der Regierungskoalition große Skepsis gegenüber der Notwendigkeit einer Kammer als Ausdruck der selbstverwalteten Pflege. Insbesondere wurden Befürchtungen geäußert, eine Verkammerung würde den leider niedrigen gewerkschaftlichen Organisationsgrad in der Pflege weiter schwächen. Das Handlungsfeld der Gewerkschaften aber, allen voran in Fragen von Tarifvereinbarungen, wird dadurch nicht eingeschränkt. Gewerkschaften können Pflegende nicht in gesundheitspolitisch relevanten Gremien vertreten, die von einer Pflegekammer als Körperschaft öffentlichen Rechts wahrgenommen werden könnten. Die Gewerkschaft vertritt die ArbeitnehmerInneninteressen, wohingegen die Pflegekammer Berufspolitik macht. Es ist vollkommen unnötig, hier ein Konkurrenzszenario zu entwerfen. Kammer und Gewerkschaften schließen sich nicht gegenseitig aus, im Gegenteil, beide können nebeneinander und miteinander für die Belange einer guten und starken Pflege kämpfen.
Die Debatte um die Pflegekammern wird in den Ländern seit Jahren aktiv geführt. In Rheinland-Pfalz wird 2016 die erste Pflegekammer ihre Arbeit aufnehmen, in Schleswig-Holstein soll das Gesetz zur Etablierung der Kammer in diesem Sommer in Kraft treten. Auch die niedersächsische Landesregierung plant die Einrichtung einer Pflegekammer ab 2016. Wie wichtig es ist, die Meinungsbildungsprozesse innerhalb der Pflege zu befördern und zu beobachten, sehen die Landesregierungen in Bayern und Hamburg. In Bayern ist eine (knappe) Mehrheit für die Pflegekammer, in Hamburg nicht. Für Mecklenburg-Vorpommern steht die Auswertung der Befragung aus. In Brandenburg hat sich eine Initiative Pflegekammer Brandenburg gebildet und es läuft seit einigen Tagen eine online-Petition. Beides dürfte den erwähnten Meinungsbildungsprozess stimulieren. Die rot-rote Landesregierung zeigt sich bisher leider relativ passiv. Die Ergebnisse der Debatten wolle man beobachten, hören wir von unserer Ministerin. Das Land Berlin, in einer gemeinsamen Gesundheitsregion mit Brandenburg, geht nun aktiv vorweg: Die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales hat, während hier abwartend beobachtet wird, eine Studie zur Akzeptanz einer Pflegekammer abgeschlossen. Mit eindeutigem Ergebnis: Fast 59 Prozent der Befragten befürworten diese, lediglich 17 Prozent votieren dagegen. Diesen Schwung müssen wir in Brandenburg aufnehmen. Die Zeit des Abwartens ist für uns als Teil dieser Gesundheitsregion jetzt vorbei! Immerhin hat sich die Landesregierung der absehbaren Entwicklung nicht mehr völlig verweigert und schon einmal Geld für eine Befragung und Infokampagne zur Pflegekammer in den Haushaltplan 2015/16 eingestellt.
Aus Berlin wissen wir, dass sich der Studienverlauf über sieben Monate erstreckt hat und vorgeschaltete Experteninterviews, eine Infokampagne sowie die anschließende repräsentative Befragung von ca. 1200 Pflegenden beinhaltete. Um den Anschluss an Berlin nicht noch weiter zu verlieren, gilt es also, bereits jetzt soweit vorbereitend tätig zu werden, dass das eingestellte Geld umgehend nach Verabschiedung des Haushalts eingesetzt werden kann.
Sollte sich auch in Brandenburg die Mehrheit der Befragten für die Einrichtung einer Pflegekammer aussprechen, fordern wir, dass das Land zügig die Voraussetzungen dafür ermöglicht, und das in enger Abstimmung mit dem Berliner Senat. Denn in einer gemeinsamen Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg halten wir auch die Errichtung einer gemeinsamen Pflegekammer für wünschenswert!
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Der Antrag wurde abgelehnt.