- Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede!
Mit der Aussprache über den vorliegenden Bericht der Landesregierung zur Pflegeoffensive im Land – den wir überwiegend positiv beurteilen - möchten wir einige verbraucherschutzrelevante Fragen aufwerfen.
Wir Bündnisgrüne teilen die Auffassung der Landesregierung, dass die entscheidenden Rahmenbedingungen von Pflege im Quartier, in der Kommune entstehen müssen. Wenn wir das Quartier zu einem lebenswerten Ort für Zu-Pflegende und Pflegende machen wollen, dann brauchen wir Partizipation, Kommunikation, Information, Vermittlung von Dienstleistungen und gezielte Unterstützung genau da, wo die Menschen leben. Gut, dass viele der im Bericht vorgestellten Maßnahmen an diese Grundsätze anknüpfen! Aber ganz konkret wünschen wir uns zu weiteren Schlüsselbegriffen verantwortungsvoller Pflegepolitik, nämlich Verbraucherorientierung und Verbraucherschutz, einen kritischeren Blick. Bei der Begleitung des Ausbaus niedrigschwelliger Beratungs- und Entlastungsangebote existieren teilweise sehr unterschiedliche Qualifikationen der Anbieter von Mobilitätshilfen, Betreuungsleistungen und hauswirtschaftlichen Hilfen durch Agenturen oder AlltagsbegleiterInnen. Und die gesetzliche Neuregelung im SGB XI gibt bisher keine Vorgaben wie die Qualitätssicherung von neuen Leistungserbringern niedrigschwelliger Angebote erfolgen soll. Wir möchten wissen, wie es im Land mit der Definition und der Kontrolle von Qualitätsstandards aussieht? Wie beurteilt die Landesregierung die Gefahr, dass die Ausweitung niedrigschwelliger Angebote nicht mit einer Zunahme ungeschützter und prekärer Beschäftigungsverhältnisse einhergeht?
Bei Verbraucherorientierung und Verbraucherschutz wollen wir auch über Abrechnungsbetrügereien von Pflegediensten sprechen. Die grüne Fraktion war, wie die meisten anderen hier sicher auch, angesichts der Berichte darüber fassungslos. Es ist schwer vorstellbar, dass besonders hilflose Menschen wie BeatmungspatientInnen oder Demenzkranke nicht die Hilfe bekommen, die ihnen zusteht und dass soziale Sicherungssysteme derart skrupellos ausgenutzt werden. Die Faktoren, die diesen Betrug ermöglichen, sind sehr komplex. Wie gut daher, dass es sich bei der Pflegeoffensive nicht um ein abgeschlossenes Maßnahmenpaket handelt. Wenn tatsächlich weitere Projekte aufgenommen werden können, so soll sich die Landesregierung weit oben auf ihre Agenda schreiben, Strukturen zu schaffen, die Missbrauch und schlechte Pflege erkennen und bekämpfen. Im Nachbarland Berlin ist das bereits teilweise gelungen.
Völlig zu Recht setzt die Landesregierung einen Schwerpunkt der Pflegeoffensive auf das Modellprojekt „Innovative Personaleinsatz- und Personalentwicklungskonzepte“. Innovative Konzepte, die die Attraktivität des Pflegeberufs steigern, und die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern, hätten wir gerade in den ländlichen Räumen des Landes eher gestern als heute gebraucht! Vielleicht lohnt es sich, hier heute noch einmal nach dem Umsetzungsstand der Kampagne zur Akzeptanz einer Pflegekammer zu fragen, zu der die Landesregierung bereits im April 15 aufgefordert wurde? Geschehen ist seither ja wenig. Im Februar 16 sind erste Vorschläge zur Kampagne erarbeitet worden, das ist zumindest unser letzter Stand. Schade, dass die Landesregierung hier so auf die Bremse tritt. Wir sehen die Kammer immer noch als selbstbewusste und starke Stimme der Pflegeberufe, die die Qualität der Pflege durch Vernetzung ihrer Fachexpertise vorantreiben kann.
Unser Fazit zum Bericht über die Pflegeoffensive für eine verantwortungsvolle pflegerische Versorgung im Land Brandenburg lautet: Pflege braucht noch viel mehr Öffentlichkeit!