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Ursula Nonnemacher spricht zu unserem Antrag „Zeitgemäße Weiterentwicklung des Brandenburgischen Psychisch-Kranken-Gesetzes“

>> Unseren Antrag zusammen mit der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE findest du hier als pdf-Datei

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Klar ist, spätestens seit der Debatte hier im Landtag im März, dass das brandenburgische Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) weiterentwickelt werden muss. Die Landesregierung hat aufgrund der Verpflichtung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und in Erwartung neuer Regelungen zur Umsetzung von Zwangsmaßnahmen durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts hier einen eindeutigen Auftrag. Diesen nimmt sie ernst, und dafür haben wir Bündnisgrüne sie im März bereits gelobt. Insbesondere dafür, dass sie frühzeitig damit begonnen hat, die Veränderungsbedarfe dieses wichtigen Gesetzes mit einem hochkarätig besetzten Dialogforum zu eruieren. Diesen eingeschlagenen Weg wollen wir mit dem vorliegenden gemeinsamen Antrag unterstützen.

Wir sind fest der Überzeugung, dass es ein großer gesellschaftlicher Fortschritt war, als vor rund 40 Jahren die Psychiatrien schrittweise geöffnet wurden. Dennoch werden Menschen mit psychiatrischen Diagnosen bis heute stark stigmatisiert, was vielleicht auch daran liegt, dass der Umgang mit ihnen manchmal unbequem ist. Die einfache Lösung mit dieser Unbequemlichkeit umzugehen, ist die Forderung nach mehr Behandlungen unter Zwang und Freiheitsentzug. Das hatte die CDU im März mit ihrem Antrag im Sinn, und in Bayern präsentiert die CSU-geführte Landesregierung aktuell ein ultrascharfes Psychisch-Kranken-Gesetz. Sie übersehen aber, dass aus Vorurteilen nur ein Weg führt: Humanität. Die zentrale Botschaft unseres Antrags ist deshalb, an erster Stelle das Selbstbestimmungsrecht und die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu beachten und weiter zu stärken.

Menschen mit psychischen Erkrankungen und ihre Angehörigen befinden sich häufiger in Extremsituationen. Genau dann sind kommunale Versorgungs- und Hilfsangebote wichtig. Aus unserem Fachgespräch wissen wir, dass es im Land Brandenburg auf dem Gebiet der Psychiatrie/Psychotherapie die niedrigste Dichte an Fachärzt*innen gibt. Darauf hat die Landesregierung aufgrund der selbstverwalteten ambulanten Versorgungsstruktur fast keinen Einfluss. Umso wichtiger wird deshalb die Funktion der Sozialpsychiatrischen Dienste. Sie können das defizitäre Angebot der Kassenärztlichen Vereinigung an niedergelassenen Psychiaterinnen und Psychotherapeuten kompensieren.

Mit Abstand am wichtigsten ist für uns Bündnisgrüne in diesem Antrag aber die Forderung, beim Ausbau der Sozialpsychiatrischen Dienste insbesondere die Belange von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen voranzutreiben. Denn ausgerechnet diese besonders vulnerable Gruppe ist dramatisch unterversorgt. Darin waren sich alle Gäste unseres grünen Fachgesprächs einig, und wir finden, hier muss die Landesregierung Verantwortung übernehmen!

Eine hoffentlich irgendwann verbindliche Psychiatrie-Koordination kann hier ebenfalls helfen. Das Nachbarland Berlin macht das vor. Vielleicht ist das ein Aufwand für die Kommunen. Sie nehmen aber eine ganz wesentliche Rolle bei der Koordination von SGB V Leistungen ein. Zukünftig wird ihre Rolle auch hinsichtlich der Angebote aus dem Bundesteilhabegesetz bedeutsam. Letztlich entscheidend ist jedoch aus unserer Sicht, dass Versorgungsangebote für die betroffenen Menschen zuverlässig, aufeinander abgestimmt und erreichbar sind. Und das passiert eben vor Ort!

Dabei dürfen wir nicht vergessen, auf die Belange der Menschen zu achten, die aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung stationär untergebracht werden müssen. Diese wichtige Aufgabe haben unter anderem die Besuchskommissionen. Sie sollen gestärkt werden! Aus unserer Sicht gehört dazu zum Beispiel der Einbezug der Perspektive der Fachkräfte in der Pflege, aber das ist noch nicht alles.

Eine zeitgemäße, humane psychiatrische Versorgung ist ein hochkomplexes Gefüge aus unterschiedlichen Bedarfen, nicht immer komplementären Versorgungsformen und vielfältigen Finanzierungs- und Rechtsgrundlagen. Wir möchten mit dem Antrag erreichen, dass der Mensch in dessen Mittelpunkt steht. Für diese schwierige Aufgabe bitten wir Sie um Ihre Unterstützung!