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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag "Beschwerde- und Informationsstelle Psychatrie für das Land Brandenburg errichten"

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- Es gilt das gesprochene Wort! -

Anrede!

Die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie hat in den Jahren 2005 bis 2008 gemeinsam mit dem Bundesverband Psychiatrieerfahrener und dem Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker ein Projekt zum Aufbau und zur Arbeitsweise unabhängiger Beschwerdestellen durchgeführt. Aus dieser Arbeit ist ein sehr instruktiver Ratgeber „Unabhängige Beschwerdestellen in der Psychiatrie" hervorgegangen und es sind in der Mehrzahl der Bundesländer entsprechende Anlaufstellen für Menschen mit Psychiatrieerfahrung entstanden. In Brandenburg ist dies leider nicht der Fall gewesen.

In Berlin wurde Anfang Februar 2011 die Beschwerde- und Informationsstelle Psychiatrie in Berlin in Schöneberg eröffnet. Sie ist zwar senatsfinanziert, aber unabhängig, was sie von den Beschwerdestellen an den Gesundheitsämtern unterscheidet. Das Land Berlin verfügt daneben über eine eigene Patientenbeauftragte und sogar einen Landesbeauftragten für Psychiatrie sowie den Berliner Krisendienst, der in etwa 50% der Fälle von chronisch psychisch Kranken kontaktiert wird.

Die Berliner Beratungsstelle wird in der kurzen Zeit ihres Bestehens auch in nicht unerheblichem Ausmaß von Brandenburger Hilfesuchenden in Anspruch genommen. Beschwerden können dort zwar dokumentiert werden, gezielte Beratung und Hilfestellung für Brndenburger kann dort aber nicht geleistet werden.

Diesen Mangel greift der vorliegende Antrag auf, den wir in seiner Intention unterstützen. Besonders positiv finde ich, dass die Kollegen der FDP der Langesregierung nicht einfach einen Arbeitsauftrag erteilen, sondern die Einbeziehung von Psychiatrie-Erfahrenen, professionellen Helfern, den Wohlfahrtverbänden und weiteren Kooperationspartnern gefordert wird. Diese Erkenntnis, dass ein erfolgversprechendes Angebot nicht von oben übergestülpt, sondern unter Beteiligung der Nutzer und Ratsuchenden aufgebaut werden muss, unterstützen wir sehr. Auch in Brandenburg müssten entsprechende Organisationen der Selbsthilfe unbedingt beteiligt und einbezogen werden. Leider hat das Netzwerk Brandenburg der Psychiatrieerfahrenen e.V. im vergangenen Jahr seine Arbeit eingestellt. Der Landesverband der Angehörigen psychisch Kranker würde sich als Kooperationspartner beim Aufbau einer unabhängigen Beschwerdeinstanz anbieten.

Der Antrag der FDP hält die organisatorische Ausgestaltung bewusst offen – eine kluge Entscheidung. Die organisatorische Ankoppelung an die Berliner Beschwerdestelle oder bei der Unabhängigen Patientenberatungstelle in Potsdam sowie der Aufbau einer eigenen Beratungs- und Beschwerdestelle sollen geprüft werden. Dabei wird man erst einmal auf den Rat der zu Beteiligten und die vorhandenen Ressourcen achten müssen. Die beiden existierenden Stellen sind inzwischen etabliert, gut erreichbar und barrierefrei. Bei der Mitnutzung der Berliner Beschwerde- und Informationsstelle wird das Problem sein, brandenburgspezifische Probleme bezüglich Gesetzeslage und Versorgungsrealität ausreichend zu berücksichtigen. Die Anbindung an die Patientenberatung Potsdam wird vor dem Problem stehen, dass das Angebot stärker psychiatriespezifisch werden müsste.

Für welche Lösung man sich auch entscheidet: wir begrüßen sehr, dass endlich auch in Brandenburg ein derartiges Angebot geschaffen wird. Ein Angebot, dass unabhängig von staatlichen Stellen ist, Beschwerden als etwas Positives, Konstruktives betrachtet und die Hilfesuchenden ermutigt und unterstützt. Durch ein positives Beschwerdemanagement kann die Versorgungsqualität der ambulanten und stationären psychiatrischen Versorgung nur gewinnen!