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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag "Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg – Die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung steht im Mittelpunkt“

- Es gilt das gesprochene Wort !

Anrede!

Die Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg ist momentan nicht gerade der Medienkracher und ich habe länger gegrübelt, was die SPD-Fraktion wohl zu ihrer Themenwahl bewogen haben könnte. Soll von den für rot-rot eher unangenehmen Top Themen wie BER-Eröffnung, Flugrouten und Umfrageergebnissen abgelenkt werden? Oder steckt dahinter ein anderes Kalkül?

Der Masterplan Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg wurde am 27.11.2007 in Kraft gesetzt und zielt bis ins Jahr 2013. Ausgehend von dem 1990iger Kabinettsbeschluss zur Aufgabenverteilung sollte das gemeinsame Gesundheitscluster weiterentwickelt werden. Zur Umsetzung des Masterplanes besteht das Netzwerk „Health Capital“. Die Fortschreibung des Planes steht aktuell an. Obwohl Gesundheitswesen und Gesundheitswirtschaft für beide Länder als größter Arbeitgeber und Wachstumsmarkt von hoher Bedeutung sind und der Masterplan offiziell immer als Erfolgsgeschichte gefeiert wird, läuft es nicht so richtig rund hinter den Kulissen.
Bei gemeinsamen Ausschusssitzungen 2010 und 2011 wurden die Probleme auch offen benannt. So stellte der heutige Gesundheitssenator Czaja recht unverblümt fest, dass der in der Vergangenheit praktizierte Grundsatz, stationäre Rehabilitation finde in Brandenburg und Hochschulmedizin in Berlin statt, von „Berlin unter Beteiligung von Vivantes verlassen“ worden sei. Stationäre Rehabilitation wird zunehmend von eigenen Trägern auch in Berlin durchgeführt. Beklagt werden Doppelstrukturen in Berlin und im Berliner Umland, fehlende gemeinsame Konzepte bezüglich Investionsstrategien und Patientenströme, die Benachteiligung Brandenburger Kliniken bei studentischen Praktika und die Debatte um eine eigene medizinische Fakultät in Brandenburg.

Im Entschließungsantrag werden die zwei aktuellsten Streitpunkte noch einmal aufgeführt: die neurologische Frührehabilitation der Phase B und die Kündigung der Verträge der brandenburgischen akademischen Lehrkrankenhäuser durch die Charite.

Die neurologische Frührehabilitation mit ihrem Phasenmodell für Patienten mit schweren und schwersten Hirnschädigungen hat sich zu einem besonderen Zankapfel entwickelt. Sie stellt eine sehr aufwendige Form von Rehabilitation dar, bei der noch intensivmedizinische Behandlungsmöglichkeiten vorgehalten werden müssen. Sie wird von den Krankenkassen und nicht den Rentenversicherungsträgern finanziert. Bei einer empfohlenen Mindestbehandlungsdauer von 8 Wochen und schwerstkranken Patienten geht es auch um sehr viel Geld. Ferner war die neurologische Frührehabilitation bei der Aufgabenverteilung zwischen Berlin und Brandenburg 1990 noch nicht existent und bietet daher besonderen Interpretationsspielraum.

Die Kündigung der Verträge der akademischen Lehrkrankenhäuser hat – obwohl inzwischen eine Einigung erzielt wurde – auf Brandenburger Seite zu besonderer Verärgerung geführt, da mit neuen Verträgen versucht werden sollte, auf die Besetzung von Chefarztstellen, das Überweisungsverhalten und das Leistungsangebot der Kliniken Einfluß zu nehmen. Von Berliner Seite wird die neue Approbationsordnung, aber auch die drohende Konkurrenz einer privaten medizinischen Fakultät ins Feld geführt.

Dem Entschließungsantrag werden wir zustimmen. Es ist richtig zu fokussieren, dass Gesundheitswirtschaft nicht vorwiegend unter dem Aspekt von Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum zu sehen ist, sondern dass wir die Gesundheitsversorgung einer älter werdenden Bevölkerung in einem Flächenland sicherzustellen haben. Das Anliegen des Antrages, den schwierigen Verhandlungen mit dem Land Berlin durch einen Landtagsbeschluss mehr Nachdruck zu verleihen, unterstützen wir.

Insgesamt sehen wir gerade im Bereich der Gesundheitsversorgung, dass die gescheiterte Länderfusion und die Verweigerung eines Neuanlaufs zu massiv nachteiligen Folgen für die gesamte Region führt. Hier wächst nicht zusammen, was zusammengehört, sondern hier wird immer ungenierter Konkurrenz gegeneinander gemacht. Lange werden wir uns das nicht mehr leisten können!