- Es gilt das gesprochene Wort !
Anrede!
Gegenwärtig sind 90.000 Menschen in Brandenburg pflegebedürftig. Unser Pflegesystem wäre schon längst kollabiert, hätten wir nicht die Bereitschaft von Angehörigen, im Pflegefall Verantwortung zu übernehmen und ihre Angehörigen zu Hause zu pflegen. Pflegende Angehörige sind die Stütze der immer älter werdenden Gesellschaft. Die Angehörigenpflege verändert sich jedoch, so wie sich Familien- und Erwerbsstrukturen ändern. Wir haben es aufgrund des demografischen Wandels und veränderter Mobilität mit einem drastischen Rückgang genau jener Personen zu tun, die Pflegebedürftigen zu Hause beistehen könnten. Deshalb sinkt der Anteil älterer und hochbetagter Menschen, die auf Versorgung durch ihre pflegenden Angehörigen hoffen können.
Die meisten Pflegebedürftigen wollen aber zu Hause gepflegt werden. Sie wollen gern in den eigenen vier Wänden bleiben und dort Hilfe und Pflege finden. Rund 75 Prozent der Pflegebedürftigen werden in Brandenburg in der eigenen Häuslichkeit versorgt, entweder durch einen Pflegedienst oder durch ihre Angehörigen. Bei den Pflegenden handelt es sich hauptsächlich um Frauen. Ob sie, wenn sie alt und gebrechlich und selber pflegebedürftig geworden sind, in gleichem Ausmaß auf die gewünschte Hilfe ihrer Töchter, Schwiegertöchter oder Enkelinnen zurückgreifen können, ist bei den schmalen nachwachsenden Jahrgängen zumindest zweifelhaft.
Fast jeder von uns ist davon betroffen – wenn nicht heute, dann möglicherweise morgen. Deshalb wird mit dem Landespflegegesetz gesetzlich geregelt, wie die Pflege in den Kommunen gut und ausgewogen zu organisieren und bereitzustellen ist, gerade auch in den ländlichen Gebieten Brandenburgs. Die Pflege in Brandenburg soll so organisiert werden, dass der Anteil der stationären Versorgung begrenzt und die Selbsthilfepotentiale der Familien und Nachbarschaften gestärkt werden. Da ausschließlich professionelle Hilfen im Pflegebereich weder den Wünschen der zu pflegenden Menschen entsprechen noch bezahlbar sind, braucht Brandenburg ein Pflegegesetz, das die vorhandenen ambulanten, teilstätionären und stationären Pflegeeinrichtungen mit wohnortnahen Hilfen sowie Beratungs- und Unterstützungsleistungen für die Betreuung zu Hause, verbessern. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht die Zusammenarbeit von Kommunen, Pflegekassen und Pflegeeinrichtungen vor, die durch eine regionale Koordinierung die lokalen Pflegestrukturen für die zu Pflegenden entwickelt und bereitstellt. Damit wird die Kernaufgabe öffentlicher Daseinsvorsorge für die Kommunen im Pflegebereich konkretisiert.
Der Gesetzentwurf strebt an, viele Menschen und Organisationen konkret in das Thema Pflege einzubeziehen. Deshalb haben wir GRÜNE durch unsere Anträge, die Bedürfnisse der zu Pflegenden und der pflegenden Angehörigen in den Mittelpunkt gestellt und durch den Einbezug der Selbsthilfe, das bürgerschaftliche Engagement, Ehrenamt und die familiären, sozialen und regionalen Netzwerke sowie nachbarschaftliche Hilfestrukturen in der häuslichen und stationären Pflege gestärkt. Wir dürfen diese gesellschaftliche Potenziale nicht verkümmern lassen, sondern wollen sie fördern und in die Koordination und Sicherstellung der Versorgungsstruktur einbringen, damit sie vertrauensvoll und im Sinne der Pflegebedürftigen zusammenarbeiten. Wir wollen, dass sich vielfältige Arrangements vor Ort entwickeln. Besonders die stark wachsende Zahl von Menschen mit demenzieller Erkrankung muss dabei berücksichtigt werden und auch die Belange pflegebedürftiger Mitgrantinnen und Migranten sowie pflegebedürftiger Menschen mit gleichgeschlechtlichem Lebensentwurf sind zu beachten.
In der Anhörung zum Landespflegegesetz wurden von Seiten der kommunalen Spitzenverbände Unklarheit in der Zuständigkeit und der Finanzierung der „neuen Aufgaben problematisiert. Dies wurde mehrheitlich nicht geteilt, aber Hinweise auf die Vergabe öffentlich geförderter Heimplätze nach der sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit aufgenommen. Außerdem wurde auf Hinweis der Trägerverbände im Gesetzentwurf eine Pflegesatzkommission eingefügt, die die Angemessenheit der Vergütung von Pflegeleistungen überprüft und Empfehlungen ausspricht.
Wir GRÜNE unterstützen den vorliegenden Gesetzentwurf, denn es ist überfällig, dass alle Akteure vor Ort zusammenarbeiten, um die pflegerische Versorgungsstruktur in den Kommunen sicherzustellen. Der Vernetzungs- und Kooperationsgedanke wurde gestärkt, vor allem aber wurde der Pflegebedürftige und sein Umfeld in den Mittelpunkt des Gesetzes gestellt.