(Nr. 90) Die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN URSULA NONNEMACHER hat in Reaktion auf eine Studie der bündnisgrünen Bundestagsfraktion den „missbräuchlichen Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung“ kritisiert. „Notwendig ist deshalb ein Umsteuern hin zu einer artgerechten Tierhaltung, die in unseren Ställen derzeit eher die Ausnahme als die Regel ist.“
Bei einer von der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beauftragten Untersuchung von Fleisch- und Wurstprodukten im Einzelhandel war herausgekommen, dass 16 Prozent der bundesweit 63 Stichproben sogenannte ESBL-Keime enthalten. Auch zwei in Potsdam gezogene Proben waren positiv.
Bei ESBL handelt es sich um ein Enzym, das Bakterien resistent gegen eine Vielzahl von Antibiotika macht. Antibiotikaresistente Keime stellen insbesondere in Krankenhäusern mittlerweile ein gravierendes gesundheitliches Risiko dar. Für immungeschwächte Menschen können antibiotikaresistente Keime lebensbedrohlich werden. Außer Frage steht, dass der breite Einsatz von Antibiotika in der industriellen Tiermast für die Entstehung und Verbreitung dieser Keime mitverursachend ist.
Jährlich würden in Deutschland 800 Tonnen Antibiotika in der Humanmedizin eingesetzt, jedoch doppelt so viel in der Veterinärmedizin, sagte URSULA NONNEMACHER. Es sei davon auszugehen, dass in der Massentierhaltung auch weiterhin vorbeugend Antibiotika eingesetzt werden. Zwar sei dies seit 2006 verboten, der Antibiotikaeinsatz in der Tiermast sei seitdem aber nicht zurück gegangen, sondern gestiegen. So erhielten über 90 Prozent aller Masthähnchen in ihrem kurzen Leben von nur einem Monat mehrmals Antibiotika verabreicht. „Natürlich haben auch kranke Tiere ein Anrecht auf Behandlung. Eine Einzelbehandlung kranker Tiere ist bei der Größe der Bestände und der qualvollen Enge in der Massentierhaltung jedoch kaum mehr möglich.“
Zwar werde durch die Novelle des Arzneimittelgesetzes erstmals versucht, den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung herunterzuschrauben. „In Brandenburg fehlen bei Tierhaltern, Ärzten und Veterinärämtern bislang aber immer noch konkrete Vorgaben zur Umsetzung des Bundesgesetzes.“ Zudem seien die arzneimittelrechtlichen Kontrollen der Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter in Brandenburg absolut unzureichend. „Bei der jährlichen Überwachung werden 80 bis 90 Prozent der Risikobetriebe - die also besonders viele Tiere halten - gar nicht kontrolliert“, sagte URSULA NONNEMACHER. Dies ist das Ergebnis einer Kleinen Anfrage der Abgeordneten an die brandenburgische Landesregierung. (Drucksache 5/9032)