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Folgekosten der Braunkohle: Bündnisgrüne fordern Stresstest für Bergbaubetreiber

(Nr. 72) Um die Finanzierungsvorsorge im Braunkohlebereich auf ein tragfähiges Fundament zu stellen, muss die derzeitige Praxis der handelsrechtlichen Rückstellungen für die Folgen des Bergbaus und die Renaturierung ausgekohlter Tagebaue geändert werden. So lautet das Ergebnis eines heute vorgestellten Gutachtens der Wissenschaftsinstitute „Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft“ (FÖS) und „Institute for Advanced Sustainability Studies“ (IASS) (pdf-Datei). Dem Gutachten zufolge besteht bislang ein hohes Risiko, dass die öffentliche Hand und somit die Steuerzahler nach Konzernumstrukturierungen oder Insolvenzen in beträchtlichem Maße zur Finanzierung der Folgekosten der Braunkohleindustrie herangezogen werden.

Die Wissenschaftler fordern vor diesem Hintergrund, als ersten Schritt Braunkohleunternehmen einem „Stresstest“ zu unterziehen. Hierbei sollen durch unabhängige Gutachten Kostenschätzungen und Rückstellungsberechnungen der Unternehmen überprüft werden. Darüber hinaus wird in der Studie (pdf-Datei) die Prüfung eines öffentlich-rechtlichen Fonds angeregt, in den die Betreiber einzahlen müssten.

„Die Landesregierung muss den neuen Eigentümer der Lausitzer Braunkohlesparte zeitnah einem Stresstest unterziehen, um sicherzustellen, dass er für die Kosten der Renaturierung auch aufkommen kann“, forderte die wirtschaftspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion HEIDE SCHINOWSKY. Im Gegensatz zum schwedischen Staatsunternehmen Vattenfall haftet in Zukunft mit der tschechisch-zypriotischen Holding EPH ein Privatunternehmen. Die Abgeordnete gab zu bedenken, dass das Unternehmen bei bilanziellen Rückstellungen grundsätzlich freien Zugriff auf die Vermögensmasse behält. Bislang seien die Rückstellungen eine „Blackbox“. Selbst die Landesregierung habe keinen Einblick.

ANNALENA BAERBOCK, Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Klimapolitik ergänzte:

„Die Regelung für Bergbau-Rückstellungen im Bundesbergrecht bieten die Möglichkeit Rückstellungen zu sichern. Davon müssen die Landesregierungen jetzt im Verkaufsprozess von Vattenfall Gebrauch machen. Allein die Sulfatbelastung und Verockerung von Spree und anderer Gewässer in der Lausitz zeigen, dass die Folgekosten der Braunkohle ein Fass ohne Boden sind. Damit uns ein finanzielles Desaster wie bei den Atomkonzernen erspart bleibt, muss auch die Bundesregierung aktiv werden. Wir brauchen eine ehrliche Kosten-Debatte über die schmutzige Braunkohle. Grundlage dafür sollte eine unabhängige Analyse über die aktuellen und zu erwartenden Rekultivierungskosten in allen Revieren sein.“

„Wir sollten den vorgeschlagenen öffentlich-rechtlichen Fonds für Rückstellungen ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Die Nach-uns-die-Sintflut-Haltung der Braunkohlebefürworter wird ansonsten die Allgemeinheit teuer zu stehen kommen“, warnen BAERBOCK und SCHINOWSKY.

>> Antwort auf Kleine Anfrage: „Transparenz und Sicherheit bei Rückstellungen für Folgeschäden der Braunkohletagebaue“ (pdf-Datei)