(Nr. 69) Auf Betreiben der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Ministerium für Justiz, Europa und Verbraucherschutz erstmals Zahlen zum Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung vorgelegt. Der bundesweit hohe Antibiotika-Einsatz in der Nutztierhaltung steht in der Kritik, weil er wesentlichen Anteil an der Bildung antibiotikaresistenter Keime wie beispielsweise des MRSA-Keims hat und damit ein massives Gesundheitsrisiko darstellt.
Aus den Zahlen geht hervor, dass zahlreiche brandenburgische Betriebe, in denen überdurchschnittlich viel Antibiotika eingesetzt wird, behördliche Maßnahmen zur Reduktion des Medikamenteneinsatzes erfüllen müssen. Das schreibt das novellierte Arzneimittelgesetz so vor. Bei Geflügel ist der Einsatz von Antibiotika besonders besorgniserregend. Bei Masthühnern haben rund 33 % der als mitteilungspflichtig registrierten Betriebe (14 von 42 Betrieben) einen erheblich überdurchschnittlichen Verbrauch an Antibiotika. Sie sind gefordert - gemeinsam mit dem Tierarzt - die Ursachen für diesen Verbrauch zu ermitteln und einen „Maßnahmenplan" aufzustellen, um die Tiergesundheit zu verbessern und den Antibiotikaeinsatz deutlich zu verringern.
Bei Mastputen gelten diese Auflagen für 29 % der Betriebe (16 von 55 Betrieben). Rund 35 % der Betriebe (38 von 107 Betrieben), die Mastferkel bis 30 kg halten, sind gefordert, solche Maßnahmen zu ergreifen. Bei Mastschweinen ab 30 kg gilt dies für knapp 17 % der Betriebe (25 von 149 Betrieben). Bei Betrieben, die Mastkälber und Mastrinder halten, liegen die Zahlen mit knapp 11 % (22 von 202 Betrieben) bzw. knapp 15 % (37 von 250 Betrieben) deutlich darunter. Aus den Zahlen geht auch hervor, dass der Antibiotika-Einsatz in den eineinhalb Jahren seit ihrer Erfassung rückläufig ist.
„Unser Druck auf das Verbraucherschutzministerium, diese Zahlen zu veröffentlichen, hat Wirkung gezeigt. Transparenz, öffentlicher Druck und wirksame Auflagen an die Tierhalter sind notwendig, um von der hohen Antibiotika-Gabe in der Nutztierhaltung herunterzukommen. Trotz der festzustellenden rückläufigen Tendenz ist der Antibiotika-Einsatz gerade in der Geflügelhaltung massiv zu hoch“, sagte der verbraucherschutzpolitische Sprecher der Fraktion MICHAEL JUNGCLAUS. Er kündigte an, sich künftig halbjährlich zur Antibiotika-Vergabe in Brandenburg informieren zu lassen und auch Daten für die Kreisebene anzufordern. Laut Bund für Umwelt und Naturschutz werden bundesweit jährlich 1200 Tonnen Antibiotika in der Tierhaltung eingesetzt, doppelt so viel wie in der Humanmedizin.
„Auch wenn es zu begrüßen ist, dass das Verbraucherschutzministerium nun erstmals die von uns angeforderten Zahlen veröffentlicht, bleiben viele Fragen offen“, sagte MICHAEL JUNGCLAUS. So ist bislang kein bundesweiter Durchschnittswert veröffentlicht worden, mit dem die Brandenburger Zahlen verglichen werden könnten. Zudem kann das Ministerium keine Angaben dazu machen, in welchem Umfang in der brandenburgischen Nutztierhaltung Reserve-Antibiotika zum Einsatz kommen, deren Wirksamkeit in der Humanmedizin bei bestehenden Antibiotika-Resistenzen überlebenswichtig sein kann.“