(Nr. 19) Bündnisgrüne Abgeordnete der EU-, Bundes- und Landesebene mahnen an, dass versprochene Aktivitäten zur Gestaltung des anstehenden Strukturwandels in der Lausitz nun endlich angepackt werden müssten. Es dürfe nicht sein, dass zugesagte Unterstützung nicht umgesetzt oder sogar blockiert werde und auch angekündigte Finanzmittel bisher nicht flössen. Die gebürtige Gubenerin SKA KELLER (Vorsitzende der Fraktion Grüne/EFA im EU-Parlament), die Brandenburger Bundestagsabgeordnete ANNALENA BAERBOCK und die wirtschaftspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion in Brandenburg HEIDE SCHINOWSKY fordern die Erstellung eines Leitbildes „Lausitz 2050“, das von einem Runden Tisch erarbeitet werden soll. Nach Vorstellung der Grünen-Politikerinnen soll die Brandenburger Landesregierung diesen Prozess noch vor der Sommerpause in Gang bringen. Derzeit gebe es in der Lausitz zwar viele Akteure, die sich Gedanken machten, aber die Landesregierung tue so, als habe sie damit nichts zu tun. Das trage mit dazu bei, dass unklar bleibe, wohin 'die Reise gehen soll', kritisierten die bündnisgrünen Abgeordneten.
„Der Strukturwandelprozess in der Lausitz wird auf Landesebene immer noch nicht mit dem notwendigen Engagement behandelt“, kritisierte HEIDE SCHINOWSKY. Bisher tue sich die Landesregierung beim Thema Strukturwandel schwer. Trotz zahlreicher Beteuerungen seien im jüngst verabschiedeten Doppelhaushalt für 'strukturpolitisch wichtige Vorhaben in der Lausitz' insgesamt lediglich 400.000 Euro im Jahr 2018 sowie die Förderung einer Lausitzer Motor-Rennstrecke vorgesehen, berichtete SCHINOWSKY. Ein von der bündnisgrünen Landtagsfraktion geforderter Lausitzfonds, ausgestattet mit einer Anschubfinanzierung von 10 Mio. Euro, wurde indes von der rot-roten Regierungsmehrheit in Potsdam abgelehnt.
Das fehlende Leitbild ist auch ein zentraler Grund, warum von Bundesebene noch kein Geld geflossen ist. „Im Bundeshaushalt wurden für 2016 vier Millionen Euro für die Förderung von Maßnahmen zur Strukturanpassung in Braunkohlebergbauregionen bereitgestellt. Doch ausgezahlt wurde noch nichts“, sagte die Bundestagsabgeordnete ANNALENA BAERBOCK. Es gebe in der Lausitz noch keine 'regional- und industriepolitische Strategie, die den Strukturwandel aktiv gestaltet', verkündete die damalige Wirtschaftsstaatssekretärin und heutige Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries. „Der schrittweise Kohleausstieg und auch der Strukturwandel sind bereits im Gange. Brandenburg und die Lausitz hätten die Chance, durch konkrete Infrastrukturprojekte insbesondere beim Bahn- und Breitbandausbau zu einer Modellregion für nachhaltige Transformation zu werden. Dafür braucht es aber politisches Leadership; und wenn hier weiterhin nichts kommt, werden andere Regionen diese Chance nutzen“, sagte BAERBOCK.
Unterstützung gibt es auch aus der EU. Die brandenburgische EU-Abgeordnete SKA KELLER will sich in Brüssel für mehr Engagement der EU-Kommission stark machen: „Die Arbeiterinnen und Arbeiter in den vom Strukturwandel betroffenen Kohleregionen, ob in der Lausitz, Böhmen oder Nordgriechenland, dürfen nicht alleine gelassen werden. Wer den Kampf gegen die Klimakrise ernst meint, muss heute die Weichen für eine nachhaltige Zukunft dieser Regionen stellen“, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament.
Ein grundsätzliches Problem beim Gestalten des Strukturwandels sei, dass führende Brandenburger Politiker immer noch den Eindruck vermittelten, es könne ein 'Weiter so' in der Kohlefrage geben, kritisierte HEIDE SCHINOWSKY. Es sei deutlich geworden, dass Ministerpräsident Dietmar Woidke von Klimaschutz offenbar nicht allzu viel hält: Für eine gute Nachricht auf einer Konferenz irgendwo in Afrika hier bei uns 100.000 Arbeitsplätze zu riskieren – das darf nie wieder passieren!, soll Woidke Medienberichten zufolge in Bezug auf den UN-Klimagipfel in Marokko gesagt und somit seine drastische Geringschätzung internationaler Klimaschutz-Anstrengungen bekundet haben. Offen ließ er hingegen, welche 100.000 Arbeitsplätze gemeint waren; laut offiziellen Angaben des Bergbaubetreibers LEAG arbeiten aktuell etwa 8.000 Menschen in der Lausitzer Kohle. „Es ist höchste Zeit, den Menschen in der Lausitz reinen Wein einzuschenken“ sagte HEIDE SCHINOWSKY. „Die Arbeit am Strukturwandel wird hart genug. Aber richtig gemacht – ohne Quertreiber – kann sie ein Erfolg werden. Dafür braucht es aber einen Konsens, den ein Runder Tisch liefern kann.“