(Nr. 219) Der landwirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Benjamin Raschke hat der Landesregierung vorgeworfen, trotz Verschlechterung der Lebenssituation für Vögel durch Spargelfolien in brandenburgischen EU-Vogelschutzgebieten untätig zu bleiben. Das Umweltministerium weigere sich, einschlägige Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes auf dem Verordnungsweg durchzusetzen, wie aus der Beantwortung einer mündlichen Anfrage des Abgeordneten deutlich wurde. Aufgrund des Folieneinsatzes beim Spargelanbau in EU-Vogelschutzgebieten in Brandenburg läuft ein EU-Beschwerdeverfahren.
Der intensive Anbau von Spargel unter verschiedensten Kunststofffolien führt nachweislich zu Beeinträchtigungen der Umwelt. Insbesondere für Vögel wird die Lebensraumfunktion und dadurch u. a. der Bruterfolg gestört. Auch das Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU) weist für die Vogelpopulationen im EU-Vogelschutzgebiet „Obere Havelniederung“, insbesondere auf den Spargelanbauflächen, auf einen anhaltenden Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot gemäß FFH-Richtlinie hin. Die Grüne Liga und der NABU fordern daher seit Jahren die Durchführung von Verträglichkeitsprüfungen und ggf. die Untersagung von Folienbespannung in Europäischen Vogelschutzgebieten.
Benjamin Raschke sieht dabei die Landesregierung in der Pflicht: „Die Vögel brauchen Schutz und die Landwirte Planungssicherheit. Der Anbau unter Folie in Schutzgebieten muss deshalb eindeutig und verbindlich geregelt werden. Wir wollen das leckere Gemüse ja alle ohne Gewissensbisse genießen.“
Im Mai dieses Jahres hat die EU-Kommission wegen der Missstände ein Beschwerdeverfahren eingeleitet. Die Bundesregierung reagierte auf die Anfrage der Kommission und erklärte, dass nach §34 (1) Bundesnaturschutzgesetz eine Prüfung der Umweltverträglichkeit von Projekten uneingeschränkt und somit auch für landwirtschaftliche Aktivitäten gelte. „Allerdings hapert es in Brandenburg an der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben. Das Ministerium verfolgt die konsequente Anwendung des geltenden Rechts durch die Behörden nicht“, sagte Benjamin Raschke. „Auf unsere Anfrage teilte Minister Vogelsänger im Juli dieses Jahres mit, dass an einer Verwaltungsvorschrift zur Regelung des Spargelanbaus unter Folie gearbeitet werde und das bereits seit 2016!“.
Warum gibt es denn nun immer noch keine brandenburgische Verwaltungsverordnung, die den Anbau von Spargel zumindest in Schutzgebieten regelt? Auf die erneute Nachfrage Benjamin Raschkes in der Dezember-Sitzung des Landtags sagte Agrarminister Jörg Vogelsänger entgegen früherer Äußerungen, dass eine eigenständige Verordnung nicht nötig sei. „Das Gegenteil ist der Fall. Wir erleben hier ein Vollzugsdefizit, das nur durch verbindliche Festlegungen zum Folieneinsatz in den Schutzgebieten abgestellt werden kann“, sagte Benjamin Raschke. „Solange es keine Vorgaben vom Ministerium gibt, können Behörden nicht handeln.“
Hintergrund:
Die Spargeläcker in Brandenburg dehnen sich aus. Im Vergleich zum 6-jährigen Durchschnitt nahm die Anbaufläche 2018 um 22 % zu, übrigens wieder ein Rekorderntejahr[1]. In geschützten Natura-2000-Gebieten ist die Fläche zum Anbau des Gemüses in den vergangenen 10 Jahren sogar um fast 60 % angestiegen. Etwa 1/3 der Spargelanbauflächen Brandenburgs liegen aktuell in Europäischen Vogelschutzgebieten.
[1] https://www.statistik-berlin-brandenburg.de/pms/2018/18-07-25a.pdf