(Nr. 134) Zum Fall der gestohlenen Krebsmedikamente, in dem eine große Menge an Medikamenten ins Gesundheitssystem gelangt sind, deren Unbedenklichkeit nicht gewährleistet ist, sagt die Vorsitzende und gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Ursula Nonnemacher:
„Eine knappe Woche nach Bekanntwerden kommt nun das tatsächliche Ausmaß dieses haarträubenden Falls von illegalem Medikamentenhandel ans Tageslicht. Die vorschnelle Aussage des für die Medikamentenaufsicht zuständigen brandenburgischen Gesundheitsministeriums, `die Sicherheit der Menschen´ sei `zu keiner Zeit gefährdet´ gewesen, erweist sich nun als Makulatur. Im Gegenteil, heute wurde deutlich, dass die Brandenburger Behörden ihre Sorgfaltspflicht grob vernachlässigt und noch dazu die Öffentlichkeit falsch informiert haben.
Das Gesundheitsministerium musste einräumen, dass große Mengen an Medikamenten auf den Markt gelangt sind, deren Unbedenklichkeit die Medikamentenaufsicht aus heutiger Sicht nicht garantieren kann und die aufgrund möglicher Lagerungsschäden bereits im März 2017 hätten zurückgerufen werden müssen. Ich hoffe aus ganzem Herzen, dass dieses Komplettversagen keine gesundheitlichen Schäden bei Betroffenen nach sich gezogen hat.
Die Behauptung des Ministeriums von vergangener Woche, wonach das zuständige Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) erst durch die Presseanfrage des rbb-Magazins `kontraste´ von den gestohlenen Medikamenten erfahren habe, stellte sich als Falschinformation heraus. Tatsächlich hat die griechische Medikamentenaufsicht das brandenburgische Ministerium und das LAVG bereits im März 2017 informiert, dass es sich um gestohlene und gefälschte Medikamente handeln könnte. Einen Monat später hat das Landeskriminalamt das LAVG erneut informiert. Es muss nun unbedingt aufgearbeitet werden, wie es zu diesen falschen Informationen gekommen ist. Auch die vorschnelle Behauptung des Ministeriums, das Landeslabor habe die `einwandfreie Qualität´ der getesteten Medikamentenproben festgestellt, erwies sich nach wenigen Tagen als schwerer Fehler. Wie sich jetzt herausstellt, verfügt das Landeslabor gar nicht über die Möglichkeiten, die Wirksamkeit proteinbasierter Krebsmedikamente festzustellen. Festzuhalten ist heute bereits, dass das Krisenmanagement des Ministeriums extrem schlecht, wenn nicht fahrlässig war.
Ich sehe in dem Fall eine grobe Verletzung der staatlichen Fürsorgepflicht, auf die sich die Bürgerinnen und Bürger verlassen können müssen. Im Sinne der Patienten hätte die Aufsichtsbehörde schon beim Vorliegen des geringsten Verdachts, spätestens im März 2017, auf Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz unverzüglich agieren und alles daran setzen müssen, die verdächtigen Medikamente vom Markt zu nehmen. Dass in dem Fall möglicherweise mit hoher krimineller Energie vorgegangen wurde, ist ein schwacher Trost. Ob das Verschwinden wichtiger Vermerke in den Behörden damit in Zusammenhang steht, wird zudem aufzuklären sein. Als hochproblematisch erachte ich es zudem, dass das im Fokus der Beschuldigungen stehende Unternehmen Lunapharm weiterhin international Re-Importe tätigen kann. Nach Arzneimittelgesetz wäre hier zumindest ein Ruhen der Großhandelslizenz angebracht.
Ich halte diesen Fall für so gravierend, dass ich mit meinem Kollegen Raik Nowka von der CDU-Fraktion darin übereingekommen bin, für kommende Woche eine Sondersitzung des Gesundheitsausschusses einzuberufen. Es gilt nun, die Geschehnisse lückenlos offenzulegen – erst dann kann auch über Verantwortlichkeiten gesprochen werden.“