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Ein Jahr nach Baustopp-Beschluss des polnischen Obersten Verwaltungsgerichts: Die Oder wird weiterhin ausgebaut

Bündnisgrüne Abgeordnete hoffen auf eine verbesserte Zusammenarbeit mit der neuen polnischen Regierung. Ein wichtiger Schritt wäre, das Urteil des polnischen Verwaltungsgerichts zum Stopp der Bauarbeiten am Grenzfluss Oder umzusetzen. Auch das deutsche Bundesverkehrsministerium ist dafür verantwortlich, Rechtskonformität beim Hochwasserschutz herzustellen. Das Gerichtsurteil und einschlägige Rechtsgutachten zum Zustand der Oder bieten eine gute Basis für Nachverhandlungen des Deutsch-Polnischen Abkommens zum Oder-Ausbau.

Der Brandenburger Bundestagsabgeordnete Michael Kellner sagt dazu:

"Es ist beeindruckend, dass die polnische Zivilgesellschaft bereits über 110.000 Unterschriften gegen den Oder-Ausbau gesammelt hat. Ein starkes Zeichen dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger Polens sich für den Schutz unseres gemeinsamen Grenzflusses einsetzen. Katastrophen wie das Fischsterben im August 2022 machen an Staatsgrenzen nicht halt. Deshalb ist eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit von grundlegender Bedeutung, um solche Ereignisse zu verhindern und eine gemeinsame Lösung für den Lebensraums Oder zu finden. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit unseren polnischen Kolleg*innen. Es ist ermutigend zu sehen, wie Polen wieder zu einem Rechtsstaat wird."

Die Frankfurter Landtagsabgeordnete Sahra Damus betont:

"Die neue Regierung unternimmt große Mühen, um Rechtsstaatlichkeit wieder herzustellen. Wir appellieren an die polnische Regierung, dies nun auch bei der Oder zu tun. Per Gerichtsurteil wurde bereits vor einem Jahr einen Stopp des Oder-Ausbaus angeordnet. Unser Rechtsgutachten ergab, dass die Nichtbeachtung des Baustopps das deutsch-polnische Abkommen von 2015 verletzt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing sollte auf unsere polnischen Nachbarn zugehen, diese Verletzung notifizieren und im Anschluss in Neuverhandlungen eintreten. Ziel muss es sein, eine gemeinsame Perspektive für den Fluss zu erarbeiten.“

Der Vorsitzende der Fraktion im Brandenburger Landtag Benjamin Raschke ergänzt:

„Auch Herr Wissing muss seine Hausaufgaben machen und endlich Hochwasserneutralität garantieren. Denn die bisherige Planung erhöht die Hochwasserwelle und läuft damit Gefahr, gegen das Wasserhaushaltsgesetz zu verstoßen, welches Hochwasserneutralität vorschreibt. Damit verbunden wäre auch eine Verletzung des Abkommens von deutscher Seite."

Europaparlamentarierin Jutta Paulus unterstreicht die Bedeutung europäischer Zusammenarbeit in Umweltfragen und verweist auf das neue EU-Renaturierungs-Gesetz:

"Am 27. Februar hat das Europäische Parlament das EU-Renaturierungs-Gesetz verabschiedet. Unter anderem zielt es darauf ab, bis 2030 25.000 km frei fließender Flüsse wiederherzustellen. Als Grüne Fraktion im Europäischen Parlament möchten wir nun die Oder als Teil dieser 25.000 km frei fließender Flüsse anmelden. Dieses Gesetz stellt eine wichtige Gelegenheit für die Wiederherstellung und den Schutz europäischer Flüsse sowie ihrer Biodiversität und der von ihnen für die Menschen bereitgestellten Ökosystemdienstleistungen dar."

Die bündnisgrünen Abgeordneten verweisen auf ein Rechtsgutachten, das seit kurzem auch in der polnischen Übersetzung vorliegt. Darin werden die Verletzungen des europäischen Umweltrechts durch den Oder-Ausbau detailliert darlegt. Dieses Gutachten sollte als Grundlage für weitere binationale Diskussionen und Entscheidungen dienen, um eine nachhaltige Entwicklung entlang des Flusses zu gewährleisten.

Hintergrund:

Bereits im Dezember 2022 hatte ein Warschauer Verwaltungsgericht den vorläufigen Baustopp für den Ausbau der Oder per einstweiliger Verfügung erlassen. In dem Beschluss damals hieß es zur Begründung, dass die Bauarbeiten zunächst gestoppt werden müssten, da das Gericht nicht ausschließen könne, dass irreversible Umweltschäden durch sie entstehen. Am 7. März 2023 hat das Oberste Verwaltungsgericht Polens bestätigt, dass der Oder-Ausbau gestoppt werden muss. Die vorherige polnische PiS-Regierung verfolgte inzwischen offen den Ausbau für die Güterschifffahrt und geht damit weit über das deutsch-polnische Abkommen hinaus. Mit der neuen demokratischen polnischen Regierung gibt es nun eine neue Grundlage für die Umsetzung des Baustopp-Beschlusses. Auch die polnische Zivilgesellschaft hat ein starkes Zeichen gegen den geplanten Oder-Ausbau gesetzt. Mit über 110.000 gesammelten Unterschriften haben Bürgerinnen und Bürger aus allen Teilen Polens ihre Ablehnung gegen das Bauprojekt deutlich gemacht.

Rechtsgutachten:

Das Rechtsgutachten kann hier auf Deutsch heruntergeladen werden.

Das Rechtsgutachten kann hier auf Polnisch heruntergeladen werden.

Petition: Die Petition der polnischen und deutschen Umwelt- und Naturschutzverbände kann hier abgerufen werden.V