Gastbeitrag von Holger Kelch zum Lausitzfonds
Dass die Energiewende unsere Mondlandung sei, stellte schon der frühere Umweltminister Peter Altmeier fest. Dieses Bild trifft natürlich auf die Lausitz in besonderem Maße zu. Der Ausstieg aus der Kernkraft und der Verzicht auf fossile Brennstoffe sind teuer wie die Mondlandung, bergen Risiken, bieten aber auch einmalige Chancen. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten, so Peter Altmeier, kann die langsam gewachsene Technikfeindlichkeit überwunden werden. Die ökologischen Probleme können nur durch Technik gelöst werden (Welt, 30.10.12). Und wenn diese Technik eben aus der Lausitz käme, wenn hier neue Speichertechnologien entwickelt würden, wenn an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg das Zentrum für die neuen Energien entstünde, dann kann die Energiewende dem alten Slogan von Cottbus als Zentrum der Energiewirtschaft einen neuen Inhalt geben.
Doch gerade für die Lausitz kann man nicht übersehen, dass die Menschen hier nach der politischen Wende einen beispiellosen Strukturwandel erlebt haben, einen Paradigmenwechsel, der ohne Vergleich ist. Die Fortführung der Energiewende kann nur unter Mitnahme der Lausitzer geschehen. Und sie muss beide Tatsachen berücksichtigen: Die Großgeräte gingen über Dorffriedhöfe, Kirchen und Schulhöfe hinweg. Das war und ist ein großer Verlust. Zum Lebensgefühl hier im Niederlausitzer Revier gehört jedoch auch der berechtigte Stolz der Berg- und Energiearbeiter auf ihre Lebensleistungen. Die Kohlekumpel und ihre Helfer haben in den vergangenen einhundert Jahren in den schwierigsten Situationen erfolgreich den Kampf um Licht und Wärme geführt. Deshalb bin ich der Meinung, dass die Pläne der Bundesregierung zur Klimaschutzabgabe in ihrer ursprünglichen Form verhängnisvoll für die Lausitz wären. Die Basis regionaler Wertschöpfung bräche weg, und mehrere Tausend Menschen verlören ihre Arbeitsplätze. Die Folgeeffekte für den gesamten Mittelstand, für Gewerbe, Kultur, die soziale Infrastruktur und viele andere Bereiche wären verheerend.
Beim Bergbauunternehmen Vattenfall gibt es gegenwärtig rund 8000 direkt Beschäftigte. Auf jeden Direktbeschäftigten kommen noch zwei weitere Arbeitsplätze hinzu. Die Auftragsvergabe liegt bei rund 1,4 Milliarden Euro im Jahr. Ein Industriezweig, der Ähnliches zu bieten hat, ist für unsere Region nicht in Sicht. Die Pläne der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, mit einem Lausitzfonds Strukturwandel aktiv zu gestalten, begrüße ich sehr. Dessen Ziel, Beschäftigte für neue Aufgaben zu qualifizieren, die kommunale Infrastruktur zu stärken und die Wirtschaft bei einer nachhaltigen Ausrichtung zu unterstützen, ist der richtige Weg.
Machen wir uns auf den Weg zur Suche nach dem Plan B für die Lausitz; noch gibt es ihn nicht. Ein sofortiger Verzicht auf die Braunkohleförderung und Braunkohleverstromung würde zu einem erneuten Strukturbruch in der Lausitz und zu einer weiteren Abwanderung aus der Region führen.
>> Zum Antrag unserer bündnisgrünen Fraktion zum Lausitzfonds