Es war ein Paukenschlag! Kurz vor der Sommerpause gab Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) bekannt, dass das Brandenburger Klimaziel für 2030 drastisch gesenkt werden soll - und das in Zeiten des Klimawandels, nur kurz nach dem international hart erarbeiteten klimapolitischen Durchbruch mit dem Abkommen von Paris, zu dessen Umsetzung übrigens auch Brandenburg im Bundesrat seine Zustimmung gegeben hat.
Gerber begründete sein Vorgehen zwar mit veränderten Rahmenbedingungen; bei näherem Hinsehen zeigte sich jedoch: Grund für die Absenkung des Klimaschutzziels sind allein die Pläne des tschechischen Bergbaubetreibers LEAG. Die LEAG möchte das Kraftwerk Jänschwalde länger laufen lassen als vom ehemaligen Betreiber Vattenfall vorgesehen, nämlich bis 2033 anstelle der bisher geplanten Stilllegung 2028.
Energiepolitisch sind längere Laufzeiten für Braunkohlekraftwerke nicht notwendig - ganz im Gegenteil. Das geht auch aus dem Gutachten des Wirtschaftsinstituts Prognos hervor, das vom Wirtschaftsministerium als Grundlage zur Erstellung der neuen Energiestrategie beauftragt wurde (Gutachten hier: http://gruenlink.de/1e2z). Prognos hatte darin unter anderem dargestellt, dass und wie Brandenburgs zukünftige Energiepolitik ausgerichtet werden müsste, um Deutschlands Beitrag zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens nicht zu gefährden. Die geplante Klimaziel-Senkung ist maßgeblich dem Versäumnis der Landesregierung geschuldet, bisher kaum Antworten auf die kohleausstiegsbedingten Folgen für die Braunkohlewirtschaft und deren direkt und indirekt Beschäftigte in der Lausitz entwickelt zu haben. Genau darauf kommt es jetzt aber an: nämlich den Strukturwandel-Prozess aktiv zu gestalten. Ca. 8.000 direkte Arbeitsplätze wären hiervon betroffen. Alternativen lassen sich nicht von jetzt auf gleich entwickeln - umso verantwortungsloser, dass die Landesregierung die Lausitz mit dieser Herausforderung so lange allein gelassen hat. Im Sommer schien die Absenkung der Klimaziele und damit der Bruch des Koalitionsvertrages schon fast beschlossene Sache zu sein - ein im August geleakter Vermerk der Linksfraktion zeigte jedenfalls wenig Widerstandsgeist bei den Linken als Regierungspartner der SPD. Derzeit liegt der Entwurf für die neue Energiestrategie nun mit Hinweis auf mögliche energiepolitische Weichenstellungen auf Bundesebene auf Eis; statt im Herbst wird der Kabinettsbeschluss erst für Anfang 2018 erwartet. Es bleibt spannend.
Hintergrund:
Die Energiestudie „Kohleausstieg à la Brandenburg – Funktioniert die Energiestrategie 2030 der Brandenburger Landesregierung?“, die das Reiner Lemoine Institut (RLI) gGmbH und die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin in unserem Auftrag erstellt haben, ist hier zu finden.