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Mehr Spielraum für die Kommunen

2006 ist das Standarderprobungsgesetz in Kraft getreten. Seitdem haben Kreise und Kommunen in Brandenburg die Möglichkeit, von Normen des Landes abzuweichen, um ihre Aufgaben vor Ort anders anzugehen. Das heißt, sie können testen („erproben“), wie sie schneller, effektiver und kostengünstiger arbeiten können, wenn sie sich nicht an die Vorgaben des Landes (den „Standards“) halten. Natürlich gibt es auch hier Regeln: Der durch das Gesetz eingeräumte Spielraum ist zeitlich begrenzt, nur nach einem Antrag möglich und geltendes Bundesrecht und EU-Recht darf nicht gebrochen werden.

Das Standarderprobungsgesetz ist aber nicht nur für die Kommunen ein Gewinn. Ganz Brandenburg profitiert davon. Dann nämlich, wenn die Erprobungen auf lokaler Ebene so erfolgreich waren, dass sie ins Landesrecht aufgenommen wurden. Und das war für ganze 42 Prozent der Fall. Unser kommunalpolitischer Sprecher verglich dieses Vorgehen in seiner Rede im Landtag mit dem Vorgehen in der innovativen IT-Branche:

Wenn ein Prototyp gut ist, baut man die Funktion in die Software ein. Erfüllen sich die Erwartungen nicht, dann wirft man ihn weg und (!) freut sich herausgefunden zu haben, dass das der falsche Ansatz war.
Heiner Klemp

Es geht also vorrangig darum, neue Dinge auszuprobieren. Und meistens wissen eben die Menschen vor Ort am besten, welche neuen (oder auch alten) Probleme neue Lösungen und Wege erfordern.

Da das Standarderprobungsgesetz am 1. September 2021 ausläuft, haben wir deshalb mit unseren Koalitionspartner*innen diese Woche einen Antrag auf die Fortführung gestellt. Das war übrigens auch die Empfehlung der Enquete-Kommission „Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels“. Klar ist aber auch: Das Gesetz muss besser werden. Denn der am Donnerstag vorgestellte siebte Bericht zur Anwendung des Gesetzes hat den schon seit mehreren Jahren bekannten Trend bestätigt: Es wird kaum genutzt.

Drei Punkte sind uns bei der Fortführung des Gesetzes daher wichtig: Als Erstes müssen „Erprobungen“, also Projekte, die von Landesstandards abweichen, für die Bürger*innen einfacher und attraktiver werden. Hier sehen wir ein großes Potenzial im Bereich der Digitalisierung. Dann ist klar, dass die Spielräume auf keinen Fall Standards beim Umweltschutz unterschreiten dürfen. Und nicht zuletzt: Wenn bei den Projekten Fördermittel beantragt werden, dann ist besonders darauf zu achten, dass es sich dabei um nachhaltige Projekte handelt.

Das Standarderprobungsgesetz ist also im Kern ein gutes Instrument für Innovationen in den Kommunen und für eine bessere Experimentier-, Fehler- und auch Scheiterkultur. Klar ist aber auch: Das Standarderprobungsgesetz ist kein Allheilmittel. Es braucht finanzstarke und gut ausgestattete Kommunen, die nicht nur neue Wege gehen wollen, sondern auch gehen können.